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„Es gibt keinen flächendeckenden Fachkräftemangel“

Prof. Dr. Bernd Kriegesmann beim 14. Unternehmertag des Zentrums der Wirtschaft

Karl-Otto Winter (Vorsitzender IHK-Regionalausschuss Schwalm-Eder), Prof. Dr. Bernd Kriegesmann (Präsident Westfälische Hochschule Gelsenkirchen), Moderatorin Antje Nienkemper-Janke und Landrat Winfried Becker (v.l.). Foto: nh

Karl-Otto Winter (Vorsitzender IHK-Regionalausschuss Schwalm-Eder), Prof. Dr. Bernd Kriegesmann (Präsident Westfälische Hochschule Gelsenkirchen), Moderatorin Antje Nienkemper-Janke und Landrat Winfried Becker (v.l.). Foto: nh

Schwalm-Eder. Am 11.Oktober fand der diesjährige Unternehmertag zum Thema „Ausbildung – die richtige Strategie gegen den Fachkräftemangel?“ statt. In der mit 130 Besuchern gut gefüllten Homberger Stadthalle wiesen zunächst Karl-Otto Winter für das Zentrum der Wirtschaft sowie Landrat Winfried Becker in ihren Grußworten darauf hin, dass im Schwalm-Eder-Kreis und in Nordhessen im Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft vieles schon erreicht oder angestoßen wurde, um dem demografischen Wandel und damit einem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Beide teilten aber die Einschätzung, dass damit aber noch längst nicht alle Probleme gelöst seien und man weitere gemeinsame Anstrengungen unternehmen müsse.

So wies Winter darauf hin, dass in den letzten Jahren erfreulicherweise das Angebot an Ausbildungsplätzen im Schwalm-Eder-Kreis stabil  geblieben sei. Aktuell seien im Kreis zirka 2.500 Ausbildungsverträge abgeschlossen, 1.500 über die Industrie- und Handelskammer und zirka 1.000 über die Handwerkskammer. Hinzu kommen noch Ausbildungsverträge in den freien Berufen, wie zum Beispiel im Pflegebereich.

Er machte aber auch deutlich, dass es nicht mehr genüge, nur Stellen bereitzustellen, sondern  diese mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. Aufgabe der Unternehmen sei es daher, junge Menschen frühzeitig von der Attraktivität einer Ausbildung zu überzeugen. Veranstaltungen wie die Bildungsmessen in den Beruflichen Schulen oder die Ausbildungsbörse Schwalm-Eder hob er explizit hervor.

Landrat Winfried Becker knüpfte daran an und betonte, dass Nordhessen und der Schwalm-Eder-Kreis zu den boomenden Regionen in Deutschland gehören und die heimische Wirtschaft durchaus gut aufgestellt sei. Auch er lobte die gute Zusammenarbeit der Akteure aus Politik und Wirtschaft und verwies darauf, dass man insbesondere durch das Gestalten attraktiver Rahmen- und Lebensbedingungen das Ziel verfolge, den Landkreis als Wirtschaftsstandort und Lebensraum interessant zu machen, um Familien und junge Menschen von einer Abwanderung in Ballungsräume abzuhalten. Als ein Beispiel der bereits erzielten Erfolge nannte er den begonnenen Breitbandausbau in Kooperation mit den anderen nordhessischen Landkreisen. Auch er kam zu dem Fazit: „Wir haben schon viel getan, aber es gibt immer noch viel zu tun“.

Den Veranstaltern des Unternehmertages ist es auch in diesem Jahr wieder gelungen, einen hochkarätigen Referenten zum Thema des Abends zu gewinnen, der im Anschluss von der Moderatorin, Antje Nienkemper-Janke, begrüßt wurde.

Diskutierten auf dem Podium: Prof. Dr. Bernd Kriegesmann (Präsident Westfälische Hochschule Gelsenkirchen), Dorothea Pampuch (AWO-Altenpflege), Annette Raabe (Dr. Schumacher GmbH), Antje Nienkemper-Janke (Moderation), Jürgen Pfaar (Tischlerei Pfaar GmbH) und Ralf Klinder (Berufliche Schulen des Schwalm-Eder-Kreises) (v.l.). Foto: nh

Diskutierten auf dem Podium: Prof. Dr. Bernd Kriegesmann (Präsident Westfälische Hochschule Gelsenkirchen), Dorothea Pampuch (AWO-Altenpflege), Annette Raabe (Dr. Schumacher GmbH), Antje Nienkemper-Janke (Moderation), Jürgen Pfaar (Tischlerei Pfaar GmbH) und Ralf Klinder (Berufliche Schulen des Schwalm-Eder-Kreises) (v.l.). Foto: nh

Professor Dr. Bernd Kriegesmann, Wirtschaftswissenschaftler, Präsident der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen und Vorstandsvorsitzender des Institutes für angewandte Innovationsforschung in Bochum beleuchtete in seinem sehr unterhaltsamen Vortrag, der die Anwesenden immer wieder zu Zwischenbeifall hinriss, seine Erkenntnisse zum Fachkräftemangel und versuchte neue Denkanstöße und Perspektiven zu eröffnen.

„Es gibt keinen flächendeckenden Fachkräftemangel, dies ist eine Mär“, lautete sein Credo. Weder in der Fläche noch branchenspezifisch könne man von Fachkräftemangel reden, machte er deutlich. Fachkräftemangel trete immer da auf, wo Politik und Wirtschaft keine Instrumente entwickeln, um negativen Trends entgegenzuwirken.
In Diskussionen zu dem Thema müsse man zunächst einmal definieren, was denn eine Fachkraft sei, denn „nicht jeder versteht darunter das gleiche. Meinen wir die Sekretariatskraft, den IT-Fachmann oder den Juristen?“

Provokant stellte er auch die Frage: „Wenn von Konzernen Personalabbau in großem Stil fast schon professionell betrieben wird und tausende Stellen abgebaut werden, wie können wir dann von Fachkräftemangel reden?“

Er stimmte Landrat Becker zu, dass es elementar sei, auch die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Menschen im Blick zu haben, um Arbeitsplätze und Arbeitskräfte in der Region zu halten. „Auch der ländliche Raum hat Interessantes zu bieten, werben Sie damit“, so sein Appell.

Überhaupt sei es heute unabdingbar, offensiv eigene Vorzüge herauszustellen und auf die Menschen zuzugehen. Im Wettbewerb mit Ballungsräumen oder großen Konzernen sei es für mittelständische Unternehmen oder Handwerksbetriebe unumgänglich, aktiv Nachwuchswerbung zu betreiben.

An die anwesenden Unternehmer gewandt riet er: „Sie werden die Finanzkraft großer Unternehmen, die bereits mit horrenden Einstiegsgehältern locken, nicht überbieten können. Deshalb machen Sie sich so interessant wie möglich, seien Sie kreativ, bieten Sie andere Vorteile, mit denen Sie junge Menschen davon überzeugen, gerade in Ihrem Unternehmen anzufangen. Machen Sie Aufstiegs- und Weiterbildungschancen deutlich, werben Sie für eine fundierte Ausbildung“.

In Portugal, Spanien oder Griechenland sei die höchste Akademiker-, aber gleichzeitig auch die höchste Arbeitslosenquote zu verzeichnen, warf er warnend ein.

Unternehmer sollten sich ganz individuell für ihr Unternehmen darüber klar sein, wie ihre Strategie für die Zukunft aussehen soll. Man müsse für sich definieren, wo man hinwolle, was man wie erreichen wolle und dafür gezielt Arbeitskräfte aussuchen.

„Seien Sie mutig, stellen Sie auch mal Menschen mit Ecken und Kanten, Querdenker ein und lassen Sie Ihre Mitarbeiter wertschöpfend arbeiten. Viel zu oft werden diese mit überflüssigen Aufgaben betraut. Mitarbeiter wollen mitgenommen werden, kreativ sein und eigene Entscheidungen treffen dürfen“, so sein abschließende Empfehlung.

In der anschließenden von Antje Nienkemper-Janke geleiteten Podiumsdiskussion diskutierten Annette Raabe (Dr. Schumacher GmbH), Dorothea Pampuch (AWO-Altenpflegeschule), Jürgen Pfaar (Tischlerei Pfaar) und Ralf Klinder (Berufliche Schulen) gemeinsam mit Professor Kriegesmann das Thema aus der Sicht der heimischen Akteure. (red)



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