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Die verrückte Seele

Veranstaltungsreihe „Trialog“ wird am 5. Dezember fortgesetzt

Gudrun Sommer-Werner im Gespräch. Foto: nh

Gudrun Sommer-Werner im Gespräch. Foto: nh

Schwalmstadt. Wenn Carsten in seiner Manie steckt, geht es ihm gut. „Das ist ein so tolles Gefühl, das will ich gar nicht ändern“, sagt der 40-Jährige. Seinem Umfeld und seiner Familie fehlte dafür irgendwann das Verständnis. Der Chef kündigte ihm, seine Frau zog mit den beiden Kindern aus, das Verhältnis zu seinen Eltern war mehr als schwierig. Hilfe fand er in der Hephata-Klinik, der Sozialen Rehabilitation Hephatas und beim „Trialog“.

Der Trialog, auch Psychose-Seminar genannt, ist eine Gesprächsreihe für psychisch beeinträchtigte Menschen und deren Umfeld: Betroffene, Angehörige, juristische Betreuer, Nachbarn und Freunde Betroffener, Studenten und Ärzte, kurzum alle, die sich zu dem Thema informieren wollen, können teilnehmen. Dabei handelt es sich nicht um eine therapeutische Sitzung, nicht einer ist der Kranke und der Andere der Experte. Alle Teilnehmenden sind unter verschiedenen Aspekten Experten des Themas und gestalten das Gespräch gleichberechtigt und auf Augenhöhe mit.

Der Trialog findet einmal im Monat statt und ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht nötig. Moderiert wird er von Gudrun Sommer-Werner, Leiterin der Sozialpsychiatrie Hephatas in Treysa, einem Sozialarbeiter und einem Arzt und oder Psychologen der Hephata-Klinik. Für die einen ist der Trialog die Möglichkeit, nach der Entlassung aus der stationären Therapie weiter im Austausch zu bleiben. Andere besuchen den Trialog parallel zu ihrer ambulanten Behandlung in der Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) der Hephata-Klinik. Wieder andere sind keine Patienten und nutzen die Gesprächsreihe, um erste Informationen einzuholen oder mit anderen Betroffenen und Angehörigen ins Gespräch zu gelangen. Manche kommen nur einmal, andere kontinuierlich.

Carstens Mutter wagte den ersten Schritt  alleine. Aus einem Flyer hatte sie von der Veranstaltung erfahren. Beim ersten Treffen hörte sie nur zu, erkannte sich und ihren Sohn in den Erzählungen der anderen wieder: Eine junge Frau mit einer bipolaren Persönlichkeitsstörung berichtete, wie sehr sie ihre Gedanken damals wahnhaft als normal empfunden hatte. Doch nach drei bis vier Tagen auf Hochtouren und ohne Schlaf kam dann der Absturz umso tiefer. Heute kann sie reflektiert darüber erzählen. Kann auch erklären, dass sie in der Manie kein Empfinden dafür hatte, dass sich andere um sie sorgten und sie diese verletzte.

Carstens Mutter überredete ihren Sohn mitzukommen. Sommer-Werner: „Ich erinnere mich an das Aha-Erlebnis der Beiden, als die Mutter sagte: So fühlt sich das an? Und Du hast das also gar nicht gemacht, um mich zu verletzen? Und der Sohn daraufhin fragte: Du weißt gar nicht, wie das ist?“ Sommer-Werner ist es wichtig, dass beim Trialog alle voneinander lernen. „Die wahnhaften Gedanken sind die Wirklichkeit eines Betroffenen, die ich ernst nehme, egal, wie verrückt die zu sein scheint. Verrückt definiere ich so, wie ich es definiere, einen Stuhl zu verrücken, als eine andere Perspektive. Diese Perspektive hat Wissen und Erfahrung, die ich als Profi nicht habe. Diese Perspektive ist nicht falsch, es ist eine individuelle Wahrnehmung.“

Der Trialog findet immer am ersten Montag eines Monats, das nächste Mal am 5. Dezember, jeweils zwischen 18 Uhr und 19.30 Uhr, in der Psychiatrischen Institutsambulanz der Hephata-Klinik, statt. Infos: Gudrun Sommer-Werner, Telefon (06691) 71018-12, E-Mail: gudrun.sommer-werner@hephata.de. (me)



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