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Erste Steine nach zäher Überzeugungsarbeit

Spangenberg. Seit ihrer Gründungsversammlung im letzten November hat sich die Spangenberger „Initiative Stolpersteine“ nun zum bereits 6. Mal in einer Versammlung getroffen. „Unser Ziel ist es, an die jüdischen Mitbürger, die durch das NS-Regime zu Tode kamen, zu erinnern. Dazu sollen kleine Messingtafeln mit den wichtigsten Lebensdaten vor den ehemaligen Wohnhäusern verlegt werden“, erklärt Fides Baumgart, Mitglied der Bürgerinitiative „Stolpersteine“.

„Diese so genannten Stolpersteine sollen den Opfern wieder einen Namen und der Erinnerung an sie wieder einen Ort geben. Das ist das zentrale Anliegen, das mit dem Verlegen von Stolpersteine verbunden ist“, formulierte der Sprecher der Initiative Dr. Dieter Vaupel. Auch die Spangenberger Opfer sind zum Schluss nur noch eine Nummer in der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie gewesen. Die meisten der während der NS-Zeit umgekommenen Juden haben viele Jahrzehnte in Spangenberg gelebt und das Leben in der Stadt mitgeprägt, so wie der Buchhändler Josef Rosenbaum und seine Frau Regina, der Kaufmann Meier Müller und seine Frau Hedwina, der Urmacher Phillip Friedmann und seine Frau Rebekka oder der Metzger Moses Katz. Insgesamt 32 Steine müssten, so hat die Initiative ermittelt, zur Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung vor Häusern in der Altstadt gesetzt werden.

Damit das Projekt, welches von dem Kölner Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen wurde, in Spangenberg realisiert werden kann, müssen Einverständniserklärungen der heutigen Hausbesitzer eingeholt werden. Das hatte die Stadtverordnetenversammlung im letzten Jahr zur Auflage gemacht. “Dass dies so ein schwieriges Unterfangen würde, hätten wir vorher nicht vermutet“, so Anne Schmidt, Mitglied der Initiative. „In den Gesprächen mit den Hausbesitzern, sowie auch anderen Bürgern, trifft man immer wieder auf unterschiedlich begründete Vorbehalte gegen die Stolpersteine.“ Bis dato hat man die Einwilligung zum Setzen von neun Steinen vor fünf Wohnhäusern bekommen – ein erster Teilerfolg, den man nun durch weitere Informations- und Überzeugungsarbeit zum vollen Erfolg führen will. „Viele ältere Spangenberger berichten in den Gesprächen immer wieder von durchaus gutnachbarschaftlichen Verhältnissen zu jüdischen Mitbürgern; die strikte Ablehnung der Stolpersteine in einigen Fällen ist deshalb für uns kaum nachvollziehbar“, so Karsten Klütsch. Die Mitglieder der Initiative möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass es nicht um eine Stigmatisierung der heutigen Hausbesitzer geht, sondern um eine konkrete Erinnerungsarbeit vor Ort durch ein symbolisches Zeichen. „Nebenbei muss man noch erwähnen, dass die Stadt Spangenberg mit der erfolgreichen Realisierung des Projektes durchaus mit einem positiven Imagezugewinn rechnen kann, zumal an vielen Orten in der Region (Guxhagen, Fritzlar, Homberg und Bad Wildungen) bereits mit der Verlegung von Gedenksteinen gute Erfahrungen gemacht wurden“, äußert sich Claudia Schenk.

Die erste Verlegeaktion, so ist dies mit dem Künstler abgesprochen, soll am Nachmittag des 8. November dieses Jahres stattfinden. Geplant ist es, an diesem Termin 12 bis 15 Steine zu setzen. Eine zweite Aktion ist dann für den März 2008 vorgesehen. „Voraussetzung dafür ist jedoch, dass wir noch weitere Hausbesitzer überzeugen, Stolpersteine vor ihren Häusern verlegen zu lassen“, so die Initiativmitglieder. Zu der Aktion im November sollen auch zwei Überlebende der Spangenberger jüdischen Gemeinde, Jechiel Ogdan und Ben Friedmann, die ihre Kindheit in Spangenberg verbrachten, eingeladen werden. Beide werden vormittags in der Burgsitzschule für Gespräche mit Schülern zur Verfügung stehen. Geplant ist auch die Einbindung von Schülerinnen und Schülern der Burgsitzschule Spangenberg im Rahmen einer historischen Spurensuche in das Projekt Stolpersteine. Erste Kontakte der Initiative mit der Fachleitung Gesellschaftslehre wurden dazu bereits geknüpft. Am Abend des 8. November soll darüber hinaus eine öffentliche Veranstaltung mit Gunter Demnig stattfinden.

Übrigens: Finanziell ist die Umsetzung des Projektes weitgehend abgesichert: 2700 Euro sind an Spendengeldern bisher eingegangen. Das zeigt auch, dass es trotz der Schwierigkeiten, einzelne Hausbesitzer vom Sinn der Aktion zu überzeugen, viele Menschen in Spangenberg gibt, die das Projekt ausdrücklich begrüßen. „Auch andere Nachbarstädte haben inzwischen Interesse bekundet, ein solches Projekt in ihrer Stadt zu initiieren“, freut sich die Arbeitsgruppe. Wer noch spenden möchte: KSK Schwalm-Eder BLZ 52052154, Kt. Nr. 1060024955.

Foto: Jechiel Ogdan, ehemals Manfred Blumenkron (vorn rechts mit Familie), gehört zu den letzten Überlebenden der jüdischen Gemeinde Spangenberg und wird bei der Verlegung der Stolpersteine im November anwesend sein.