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Melsungen ringt überraschend Magdeburg nieder

Magdeburg/Melsungen. Die MT Melsungen hat am Donnerstagabend Geschichte geschrieben! Der 40:37 (19:21)-Sieg beim favorisierten SC Magdeburg war nicht nur der erste (doppelte) Punktgewinn gegen diesen Gegner, sondern das erste Spiel überhaupt in der Geschichte, in dem der Traditionsclub vor heimischer Kulisse 40 Gegentore einsteckenmusste! Entsprechend euphorisch fiel der Jubel der Hedin-Truppe nach demSchlusspfiff aus, die sich dieses Erfolgserlebnis allerdings über 60 Minuten hart erkämpfen musste.

Magdeburg erwischte den bessern Start, kam durch Alexandros Vasilakis und Karol Bielecki schnell zur 2:0-Führung. Allerdings wusste das Team von Bogdan Wenta mit diesem Vorteil nicht viel anzufangen. Schnell sorgten Daniel Valo und Savas Karipidis per Siebenmeter für den Ausgleich, und auch die nächste SCM-Vorlage durch Christian Sprenger glich Daniel Tellander schnell aus.

Das Spiel war unglaublich schnell, ohne aber in Hektik abzudriften. Ausgespielte Angriffe waren selten, meist wurde auf beiden Seiten schon nach wenigen Sekunden der Abschluss gesucht. Das schien auch das richtige Konzept zu sein, denn „Abwehr“ und „Torhüter“ waren anfangs absolute Fremdworte im Spielverständnis beider Teams. Mario Kelentric lieferte wenigstens sporadisch Nachweise seiner Anwesenheit ab, etwa bei einem im Feld abgefangenen Steilpass auf Christoph Theuerkauf. Sein Gegenüber Silvio Heinevetter dagegen wirkte wie ein Fremdkörper zwischen den Pfosten.

Trotzdem war es ausgerechnet der SC-Keeper, der massgeblich beteiligt war am grossen Durcheinander in der sechzehnten Minute. Vorangegangen war ein Gesichtstreffer von Thomas Klitgaard schon recht früh im Spiel, für den der Däne allerdings nichts konnte. Als genau dieses Missgeschick auch Savas Karipidis bei einem Wurf unter Bedrängnis zweier Abwehrspieler passierte, werteten die zuweilen überforderten Schiedsrichter dies als Unsportlichkeit und zückten nach längerer Beratung mit sehr unsicherer Gestik die rote Karte. Für den ersten Moment war nicht einmal klar, wer nun das Feld verlassen sollte. Zunächst wandte sich der völlig unbeteiligte Thomas Klitgaard fassungslos ab, denn die Disqualifikation schien ihn getroffen zu haben. Erst nach knappen drei Minuten stand endgültig fest, wer denn nun das Feld zu verlassen hatte. Die spontane Tätlichkeit des erregten Heinevetter gegen Karipidis übersahen die Referees jedoch, so dass der SCM-Torhüter völlig straffrei blieb.

Wer glaubte, dass der Verlust des bisher besten MT-Torschützen zum Einbruch führen würde, sah sich schnell getäuscht. Die Bartenwetzer blieben dran am Favoriten, kamen auch nach mehreren Zwei-Tore-Rückständen immer wieder zurück. Radek Musil, nach knapp 24 Minuten eingewechselt, parierte sofort den ersten Ball, der auf seinen Kasten abgefeuert wurde, leitete den Gegenstoss ein, und der heute enorm wirkungsvolle Spyros Balomenos lochte zum 16:16 (25.) ein. Das war zu viel für Bogdan Wenta, der die grüne Karte legte und anschlißend Stian Tönnesen als Mittelmann auf das Feld beorderte und Grzegorz Tkaczyk (RM) und Karol Bielecki (RL) heraus nahm. Das brachte tatsächlich frischen Wind, denn der Norweger zeigte wesentlich mehr Tordrang als sein Vorgänger. Erst setzte er Vasilakis mustergültig ein, machte dann das 18:16 und etwas später auch das 20:19 (29.) selbst.

Zur Pause schliesslich führte Magdeburg nicht ganz unverdient mit 21:19. Der vermeintliche zweiundzwanzigsteTreffer von Christoph Theuerkauf wurde vom Schiedsrichtergespann wegen schon abgelaufener Uhr nicht mehr gewertet. Sekunden zuvor hatte Spyros Balomenos noch die Chance auf den Anschluss,nahm sich den vermeintlich letzten Wurf aber viel zu früh und überhastet.

Nach der Pause brachte Bogdan Wenta den norwegischen Neuzugang Ole Erevik für den enttäuschenden Silvio Heinevetter, und beorderte Bennet Wiegert für Yves Grafenhorst auf Linksaussen. Beides Wechsel, die für eine spürbare Leistungssteigerung des SC sorgten. Erevik führte sich gleich mit einer Parade gegen Vladica Stojanovic ein, war aber kurz darauf gegen Andrej Kurtchev machtlos, der auf Rechtsaussen den disqualifizierten Savas Karipidis ersetzte. Der quirlige Tönnesen setzte sich 1-gegen-1 zum Kreis durch und traf, dafür jagte Daniel Valo die Kugel passgenau in den Winkel.

Es war immer noch ein offener Schlagabtausch zweier nahezu gleichwertiger Teams, und doch erarbeitete sich Magdeburg in dieser Phase leichte Vorteile. Wer anders als Tönnesen sollte für den dreiundzwanzigsten Treffer sorgen, allerdings durch eine toll anzusehende Gemeinschaftsproduktion mit Grzegorz Tkaczyk. Als Christian Sprenger eine Minute später per Strafwurf das 24:21 (35.) machte, schien die Partie doch noch ihren erwarteten Verlauf zu nehmen.

Doch an diesem Abend verzichteten die Nordhessen auf ihre sonst so zuverlässig genommene Erholungsphase. Daniel Tellander und Vladica Stojanovic brachten Rot-Weiss per Doppelschlag wieder heran, bevor Tönnesen letztmals für eine Zwei-Tore-Führung der Elbestädter sorgte. Mittlerweile hatten endlich auch die Torhüter ins Spiel gefunden. Ole Erevik schwang sich auf, zum besten Magdeburgedes zweiten Durchganges zu avancieren, und auf Melsunger Seite setzte der wiedergekommene Mario Kelentric mit einem gehaltenen Siebenmeter von Christian Sprenger ein deutliches Ausrufezeichen. Spätestens jetzt war auch dem letzten Zuschauer klar, dass das vermeintlich „leichte Spiel“ (beim Online-Tippspiel des SCM hatten alle 129 Teilnehmer auf einen mehr oder weniger deutlichen Sieg ihre “Gladiatoren” gesetzt) mehr als auf der Kippe stand. Und nach dem Ausgleich von Vladica Stojanovic zum 26:26 waren erste Pfiffe im Rund der Bördelandhalle zu vernehmen.

Trotz mehrerer Melsunger Chancen auf eine erste eigene Führung zog der SCM den Kopf mit lautstarker Unterstützung der Halle mehrfach aus der Schlinge, rettete sich von einem Tor zum nächsten. Das ging bis zum 30:28 (45.) auch gut, doch dann brach das Wenta-Team zusammen. Damien Kabengele verpasste Vladica Stojanovic einen (unbeabsichtigten) Schlag ins Gesicht, sah aber gemäss Regelwerk dafür zwei ausgestreckte Finger der Schiedsrichter. Da es die dritte Zeitstrafe war, endete damit seine Arbeitszeit. Zuvor hatten schon Fabian van Olphen und Daniel Valo auf der Strafbank Platz genommen,
Daniel Tellander sollte auch noch folgen.

4 gegen 4 standen noch auf dem Parkett, und die MT löste diese Aufgabe wesentlich besser als dieHausherren. Andrej Kurtchev erzielte den Anschlusstreffer und machte kurzerhand auch noch den Ausgleich. Auf der anderen Seite lenkte Mario Kelentric einen Tkaczyk-Wurf an den Pfosten, Christian Sprenger traf nur den Querbalken. Glück also für die Bartenwetzer, die aber für dieses Glück auch hart arbeiteten.

Nach 48 Minuten dann die erste Lohn für Melsungen: nach vorangegangener Parade von Kelentric gegen den frei durchgebrochenen Sprenger machte Spyros Balomenos zur Freude der trotz des unglücklichen Termines zahlreich mitgereisten Fans den lang ersehnten Führungstreffer für Melsungen. Eine Führung allerdings, über die man sich nicht lange freuen durfte. Die Partie war mittlerweile zu einem packenden Kampfspiel geworden, das keine Sekunde zum Durchschnaufen liess. Bartosz Jurecki und Bennet Wiegert drehten das Spiel noch einmal zum 32:31 (50.) für die Hausherren, was aber auch deren letzte Führung gewesen sein sollte.

Es folgten die wohl entscheidenden zwei Minuten des Abends. Zunächst traf Vladica Stojanovic zum Remis, dann profitierte Daniel Valo vom vorbildlichen Einsatz Kurtchevs. Nur Sekunden später war der Slowake wieder Nutzniesser eines Abprallers nach vorangegangenem gehaltenen Wurf von Tellander, bevor Andrej Kurtchev per Aufsetzer von Aussen das 32:35 markierte. Ein Rückstand, von dem sich der SC Magdeburg letztlich nicht mehr erholen sollte. Zwar kamen die Männer in Grün noch einmal auf 36:37 heran, doch Vladica Stojanovic, Daniel Valo und in der Schlussminute Andrej Kurtchev machten den sprichwörtlichen Sack endgültig zu. Der fast sensationelle Sieg der MT Melsungen war damit perfekt, und gleichzeitig auch das erste Mal in der Magdeburger Vereinsgeschichte, dass ein Gegner dem Renommierclub in heimischer Umgebung glatte 40 Eier ins Nest gelegt hatte. Damit hat das Team von Robert Hedin 6:0 Punkte aus den letzten drei Spielen erzielt und (mindestens für 48 Stunden) Rang sechs erklommen.

Stimmen zum Spiel
Robert Hedin: Ich weiss gar nicht, was ich jetzt sagen soll. Ich bin, ebenso wie meine ganze Mannschaft, überglücklich über die zwei Punkte, die wir hier geholt haben. Auch wenn es vielleicht komisch klingt, aber ich bin trotz der 37 Gegentore auch mit unserer Abwehr zufrieden, denn wir haben umgesetzt, was wir uns unter der Woche erarbeitet hatten.

Bogdan Wenta: Es war mir von der ersten Minute an klar, dass wir einfach nicht aggressiv genug an die Sache herangegangen sind. Wir haben uns eine ganze Woche lang mit dem Gegner auseinandergesetzt und uns speziell auf deren Spiel über Stojanovic in der Mitte vorbereitet. Trotzdem haben wir das Spiel verloren, weil wir einfach nicht das abrufen konnten.

Statistik
SC Magdeburg – MT Melsungen 37:40 (21:19)

Magdeburg: Heinevetter (1.-30., 4 P.), Erevik (31.-60., 11 P.); Wiegert 2, Kabengele 2/1, Tkaczyk 5, Bielecki 4, van Olphen, Sprenger 9/3, Theuerkauf 1, Grafenhorst 1, Tönnesen 6, Jurecki 2, Vasilakis 5

Melsungen: Kelentric (1.-23., 38.-60., 11 P.), Musil (24.-37., 3 P.); Brouko (n.e.), Jacobson (n.e.), Kurtchev5, Klitgaard 4, Hazl 1/1, Valo 10, Tellander 5, Hruby (n.e.), Stojanovic 6, Karipidis 2/2, Blank n.e.), Balomenos 7

SR: Christoph Immel (Tönisvorst) / Ronald Klein (Ratingen); Z.: 4.577, Bördelandhalle, Magdeburg
Zeitstrafen: 12 – 8 (Tkaczyk 14:49, Kabengele 16:35 38:52 44:56, Wiegert 41:56, van Olphen 44:04 – Klitgaard 27:48, Valo 43:38, Tellander 45:31, Kurtchev 48:16); Rote Karte: Karipidis (15:29 Foulspiel), Kabengele (44:56 3×2).
Strafwürfe: 5/4 – 4/3: Sprenger scheitert an Kelentric (39:26), Hazl scheitert an Erevik (44:04).

Spielfilm
1:0 (1.), 3:3 (5.), 5:4 (8.), 6:6 (11.), 10:8 (15.), 13:11 (19.), 16:14 (24.), 16:16 (25.), 19:17 (27.), 19:18 (27.), 21:19 (HZ); 22:20 (33.), 25:23 (36.), 26:25 (39.), 27:26 (42.), 29:28 (45.), 30:31 (49.), 31:31 (49.), 32:33 (52.), 33:35 (54.), 35:37 (56.), 36:37 (57.), 36:39 (59.), 37:40 (EN)