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Ein Jahr nach „Kyrill“

Hessen. Der auch für den Forst in Hessen zuständige Minister für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Wilhelm Dietzel, hat heute eine Bilanz der Aufarbeitung der Folgen des Sturmtiefs „Kyrill“ gezogen. Dieses Tief zog in den Abend- und Nachtstunden vom 18. auf den 19. Januar 2007 über Deutschland. „Unser Landesbetrieb Hessen-Forst hat bei der Aufarbeitung des Windwurfs sehr gute Arbeit geleistet und bewiesen, dass er auch außergewöhnlichen und besonderen Herausforderungen gewachsen ist. Sämtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von Hessen-Forst gebührt mein Dank und meine Anerkennung“, bilanzierte der Forstminister Wilhelm Dietzel anlässlich des Jahresrückblicks auf das Sturmtief „Kyrill“. Auch im Schwalm-Eder-Kreis hatte Kyrill für Schäden gesorgt.

Wilhelm Dietzel: „Gut ein Jahr ist es her – doch viele können sich noch allzu gut erinnern. In den Abend- und Nachtstunden vom 18. auf den 19. Januar 2007 hinterließ das Sturmtief Kyrill großflächige Spuren in den Wäldern Europas. Insbesondere in der Mitte Deutschlands führte der Sturm zu erheblichen Schäden. Hier in Hessen waren die nördlichen und mittleren Landesteile besonders schwer betroffen. Schadensschwerpunkte lagen zum Beispiel in den Forstämtern Biedenkopf, Schotten, Frankenberg und Diemelstadt. Bei Spitzenwindgeschwindigkeiten von bis zu 122 in Gießen und 173 Stundenkilometern auf der Wasserkuppe konnten viele Wälder den Naturgewalten einfach nicht mehr trotzen“.

Schnelle Aufarbeitung war entscheidend
„Das gesamte Schadensausmaß im Hessischen Wald war anfangs nur schwer überschaubar: Über sieben Millionen Festmeter Holz auf einer Fläche von 70.000 Hektar  sind den orkanartigen Böen des Sturmtiefs zum Opfer gefallen“, erläuterte Staatsminister Dietzel. Ganz so dramatisch wie in 1990 als die Orkane „Vivian“ und „Wiebke“ zu einem Sturmholzanfall von 14 Mio. Kubikmetern führten, habe  sich  „Kyrill“ dann aber doch nicht ausgewirkt. Dietzel weiter: „Die mehr als sieben Millionen Kubikmeter Windwurfholz sind bereits nahezu vollständig aufgearbeitet und vermarktet. Zur Unterstützung bei der Aufarbeitung, Lagerung und Vermarktung des Holzes haben wir uns dazu entschieden bei Hessen-Forst zusätzlich 10 „Kyrill-Förster“ befristet einzustellen!“ Eine solch schnelle Bewältigung der Sturmschäden habe man nicht erwarten können. „Die Erfahrungen aus den letzten Windwürfen und ein daraus abgeleitetes Maßnahmenpaket sowie eine regelmäßige Abstimmung mit den Forstämtern haben jedoch geholfen, die Lage schnell in den Griff zu bekommen“, resümierte der Leiter des Landesbetriebes Hessen-Forst, Michael Gerst. „Dank schneller Holzaufarbeitung, günstiger Witterung und erfolgreicher Borkenkäferbekämpfung haben wir den Wettlauf gegen Buchdrucker und Kupferstecher gewonnen – vorerst“, betonte Gerst, denn die Lage bleibt auch nach einem bisher milden Winter weiter angespannt.

Nur wenige Unfälle passiert
„Durch das Engagement und die Leistungsfähigkeit unserer Förster und Forstwirte sowie der zentralen Steuerung des Maschineneinsatzes war es möglich, dass die gefährliche Aufarbeitung von Sturmholz fast ohne schwerere Unfälle blieb“, lobte Forstminister Dietzel und der Leiter von Hessen-Forst Gerst ergänzte: „Durch Sicherheitsschulungen waren alle Mitarbeiter auf den  gefährlichen Einsatz sehr gut vorbereitet“. Weit über 1.000 Waldarbeiter (davon 800 Forstwirte von Hessen-Forst) unterstützt von rund 150 hochmechanisierten Holzerntesytemen (Harvestern und Holzrückemaschinen) seien zu Spitzenzeiten bei der Windwurfaufarbeitung im Einsatz gewesen berichteten beide.

Professionelle Holzlagerung hat sich bewährt
Gerst: „Rund 700.000 Kubikmeter Holz werden zurzeit auf insgesamt 28 Großlagerplätzen konserviert, um die Versorgung der holzverarbeitenden Betriebe auch in den Folgejahren zu sichern. Dabei werden etwa eine halbe Million Kubikmeter frisches Holz auf neunzehn Plätzen dauerhaft künstlich beregnet. Für die restlichen Holzmengen sind Trocken- und Folienlager eingerichtet.

Land Hessen unterstützt Privatwaldbesitzer
„Auch Privatbetriebe können nicht verkauftes Holz auf den staatlichen Holzplätzen lagern“, berichtete Staatsminister Dietzel, dem der Wald in Hessen besonders am Herzen liegt und weiter: „Die dadurch entstehenden Kosten in Höhe von rund 1 Million Euro werden vom Land getragen. Nicht nur dadurch setzt Hessen bei der Hilfe für die vom Orkan betroffenen privaten Waldbesitzer im Vergleich zu anderen Bundesländern einen deutlichen finanziellen Schwerpunkt: Privatwaldbesitzer werden mit  einem Sonderförderprogramm zu Waldschutz- und Wiederaufforstungsmaßnahmen sowie mit zinsverbilligten Darlehen für Betriebsmittel zur Bewältigung der Orkanschäden unterstützt“.

„Die Bewältigung der Sturmschäden stellte insbesondere die hessischen Waldbesitzer vor eine große arbeitstechnische und finanzielle Herausforderung“, erklärte Wilhelm Dietzel und: „Wir haben seitens des Umweltministeriums nach dem Sturm ‚Kyrill’ unverzüglich für die Forst- und Holzwirtschaft in Hessen Soforthilfemaßnahmen eingeleitet und für den stark betroffenen Privatwald ein Sonderförderprogramm ‚Kyrill’ mit einem Finanzvolumen von 8,4 Millionen Euro aufgelegt. Mit den von der EU angekündigten Mitteln aus dem Solidaritätsfonds können wir auch die Maßnahmen zur Bewältigung der Sturmschäden im Kommunal- und Staatsforst finanziell unterstützen“.

Entschädigungen aus EU-Sonderprogramm auch an Kommunen
Im Frühjahr letzten Jahres richtete die Bundesregierung einen Antrag an die Europäische Kommission auf Bereitstellung von Mitteln aus dem EU-Solidaritätsfonds. Die Bundesregierung machte gegenüber der EU einen Gesamtschaden von 4,6 Milliarden Euro geltend. Im Oktober teilte die Europäische Kommission der Bundesregierung mit, dass rund 167 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. „Wir dürfen davon ausgehen, dass von diesen Mitteln rund 17 Millionen Euro zur Bewältigung der Sturmschäden an Hessen fließen werden“, sagte Dietzel. „Die hessische Landesregierung begrüßt die Entscheidung der Europäischen Kommission, denn auch im öffentlichen Sektor hat der Sturm ‚Kyrill’ in Hessen gewaltige Schäden und außerordentliche finanzielle Belastungen – neben Hessen-Forst – auch für die privaten und Kommunalwaldbesitzer mit sich gebracht. Im Forstbereich belief sich eine erste Kalkulation der einzubringenden Schadenssumme für Hessen auf rund 150 Millionen Euro“, erläuterte der Minister weiter.

Holzpreise blieben stabil und werden ansteigen
Als ein Vorteil für die Entwicklung der Holzpreise habe sich auch erwiesen, dass die regulär geplante Einschlagsmenge für 2007 weitgehend vertraglich abgesichert war. Auch die wenigen noch unverkauften Lagermengen werden in Kürze „unter Vertrag sein“.  „Einen Preiseinbruch gab es nicht – eher das Gegenteil wird eintreten“, hob der Hessen-Forst Leiter Gerst hervor. Die konjunkturelle Lage für den nachwachsenden Rohstoff Holz sei schon seit geraumer Zeit günstig. Verschiedene Werksansiedlungen in und um Hessen sind Beweis für diese positive Entwicklung. Zudem verlange das Prinzip der Nachhaltigkeit, dass der Einschlag an frischem Fichtenholz in den nächsten Jahren deutlich reduziert werden müsse, so der Leiter von Hessen-Forst.

Trotz der insgesamt positiven Holzpreisentwicklung sei aber ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden für die Waldbesitzer entstanden. „Alle betroffenen Betriebe sind daher gut beraten, Rücklagen zu bilden, um die Folgekosten für Wegeinstandsetzungen, Aufforstungen, Stabilisierungsmaßnahmen im Waldgefüge und Mindererträge durch vorzeitige Zwangsnutzungen ausgleichen zu können“, betonte Dietzel.

Konzept zur Wiederbewaldung berücksichtigt Klimawandel
Die Wiederbewaldung der Sturmholzflächen sei nun seit Herbst 2007 eine große Herausforderung für zahlreiche Forstbetriebe in Hessen. Berücksichtigt man nur die Flächen ohne vorhandene Naturverjüngung, so seinen mehr als 5.700 Hektar wiederaufzuforsten. Ziel ist dabei die Wiederbewaldung der Sturmwurfflächen mit standortsgerechten, stabilen, strukturreichen und produktiven Wäldern. „Mit Blick auf durch Klimawandel veränderte standörtliche Bedingungen ist die Baumartenwahl entscheidend“, betonte Minister Dietzel. Direkt nach dem Sturmereignis hat deshalb eine „Arbeitsgruppe Wiederbewaldung“, bestehend aus Praktikern, Forstwissenschaftlern und Bodenkundlern von Hessen-Forst in Zusammenarbeit mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt, Empfehlungen für eine standortsangepasste Wiederbewaldung hergeleitet. Szenarien für die Waldentwicklung unter Berücksichtigung einer weiteren Klimaerwärmung sind in das Wiederbewaldungskonzept genauso eingeflossen wie Erkenntnisse aus der Naturwaldforschung. Letztere legen es nahe, für jeden Standort die natürlichen Verjüngungspotentiale genau zu erfassen und einzuschätzen.

„Wir haben ein fundiertes Wiederbewaldungskonzept entwickelt, das eine nachhaltige Waldentwicklung sichert. Der Aufbau stabiler Mischbestände aus Nadel- und Laubbäumen spielt dabei eine zentrale Rolle“, betonte Michael Gerst und weiter: „Unser Konzept steht und wird in den betroffenen Revieren bereits umgesetzt  – auch  den privaten und kommunalen Betrieben empfehlen wir ein entsprechendes Vorgehen“, so Gerst.

Einheitsforstamt hat sich bewährt
In diesem Zusammenhang bezeichnete Staatsminister Wilhelm Dietzel das Einheitsforstamt als Erfolgsmodell: „Bei der Gemengelage von Staats-, Kommunal- und Privatwald ist eine aufeinander abgestimmte Waldbewirtschaftung die kostengünstigste und zweckmäßigste Lösung“.  Im Rahmen der besitzartenübergreifenden, fachkundigen Betreuung durch Hessen-Forst seien zahlreiche Synergieeffekte, eine hervorragende Kommunikation sowie eine effiziente Planung und Organisation bei der Waldbewirtschaftung garantiert. Die schnelle Bewältigung der Orkanschäden sei auch ein Erfolg des hessischen Organisationsmodells, so Dietzel, der abschließend resümierte: „Der nächste Sturm kommt bestimmt – aber wir haben gerade im vergangenen Jahr bewiesen, dass wir gut vorbereitet sind, um auch zukünftige sehr heftige Naturereignisse erfolgreich bewältigen zu können“.

Zum Hintergrund
Der Landesbetrieb Hessen-Forst betreut mit seinen 41 Forstämtern den gesamten hessischen Staatswald mit 343.600 Hektar, 417 kommunale Forstbetriebe mit 291.000 Hektar sowie 373 Gemeinschaftswälder mit rund 32.000 Hektar und rund 25.000 Privatwaldbesitzer mit insgesamt rund 76.000 Hektar Waldbesitz.




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