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Als 15-Jährige KZ und Zwangsarbeit überlebt

 Zeitzeugin Blanka Pudler besuchte die Drei-Burgen-Schule

Felsberg. Als 15-jähriges Mädchen musste die Jüdin Blanka Pudler, die heute in Budapest lebt, schwere und gefährliche Arbeit in der Sprengstofffabrik im nahegelegenen Hessisch Lichtenau leisten. In der letzten Woche, mehr als 60 Jahre später, kehrte sie nach Deutschland zurück, um vor Schülerinnen und Schülern an Schulen in Nordhessen über ihr Schicksal zu berichten. Dabei war sie zum fünften Mal in den auch zu Gast an der Drei-Burgen-Schule.

Mucksmäuschen still ist es, als Blanka Pudler vor den 80 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 10 über ihr Schicksal spricht. Was sie erzählt lässt den Atem stocken und macht Betroffenheit bei den Jugendlichen deutlich. Wenn sie aus ihrem Leben berichtet durchlebt sie jedes Mal wieder, was damals mit ihr passierte. Das merken die Schüler. Sie sind ergriffen und – wie sich in der an den Vortag anschließenden Fragerunde zeigt – sprachlos über das was Blanka Pudler vorträgt.

Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft wurde sie 1944 gemeinsam mit vielen Tausend anderen ungarischer Juden nach Auschwitz verschleppt. Drei Tage dauerte die Fahrt in Viehwaggons. Es gab nicht genug Wasser und Luft, einige starben bereits auf dem Transport. In Auschwitz wurde Blanka von ihren Eltern getrennt, die sie nie wieder sah. Ihre Mutter wurde kurz nach der Ankunft in Auschwitz in der Gaskammer ermordet, ihren Vater verschleppte man nach Dachau, wo er an den Folgen von Zwangsarbeit und Entbehrungen starb.

Die 15-jährige Blanka wurde nach sieben schrecklichen Wochen in Auschwitz gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Aranka und 1000 anderen Jüdinnen nach Hessisch Lichtenau gebracht. Dort mussten sie schwere und gefährliche Arbeit in einer Rüstungsfabrik verrichten. Vor allem das Füllen von Bomben und Granaten mit dem heißen und flüssigen Sprengstoff TNT war ihre Aufgabe. Im Lager kamen weitere Entbehrungen und Misshandlungen durch die SS-Wachmannschaft hinzu.

Ende März 1945 wurde das Lager evakuiert und man schickte die Frauen auf einen vierwöchigen „Todesmarsch“. Amerikanische Truppen befreiten die völlig erschöpfte und von KZ-Haft und Zwangsarbeit gezeichnete Blanka Pudler gemeinsam mit ihrer Schwester am 25. April 1945 in der Nähe von Leipzig. Seit dieser Zeit lebt Blanka Pudler in Budapest. „Es hat jahrelang gedauert, bis wir uns mit der Ermordung unserer Eltern, dem Zerfall unseres Zuhauses abfinden, und bis wir uns ein neues Heim erschaffen konnten. Es quälen mich noch oft Alpträume von unserer gemeinsamen, grausamen Vergangenheit,“ erzählt Blanka Pudler.

Sie ist nicht gekommen, um anzuklagen, das macht sie im Gespräch mit den jungen Leuten deutlich. Ob sie keinen Hass gegen die Deutschen hege, will eine Schülerin wissen. „Hass habe ich nur gegen die, die mir das damals angetan haben. Die heutige Generation in Deutschland ist nicht verantwortlich dafür,“ gibt sie zur Antwort. Sie möchte Brücken bauen, setzt sich für Verständigung zwischen Völkern und Nationen ein. „In der ganzen Welt gibt es bedrohliche Zeichen,“ sagt die 78-Jährige.  „Nationalitäten und Religionen kämpfen gegeneinander, es gibt Fremden- und Rassenhass, Intoleranz, Antisemitismus. Es ist schrecklich zu bedenken, wenn es so weiter geht, wohin das alles führt.“ Deswegen fühlt sie sich verpflichtet über ihr Schicksal zu sprechen, auch wenn es ihr schwer fällt.

Im Bild: Blanka Pudler mit Schülerinnen und Schülern des 10. Jahrgangs der Drei-Burgen-Schule Felsberg.