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Elfjähriger trifft heimlich 23-jährigen Chatpartner

Homberg. Ein elfjähriger Schüler aus dem Schwalm-Eder-Kreis traf sich in den vergangenen Wochen dreimal mit einem 23-jährigen Chatpartner aus Niedersachsen. Der 23-Jährige war jeweils in den Schwalm-Eder-Kreis gereist, um den Elfjährigen in dessen Wohnort zu treffen. Nach bisherigen Ermittlungen ist es nicht zu Übergriffen gekommen. Der 23-Jährige ist bislang nicht einschlägig in Erscheinung getreten. Die Eltern hatten zunächst nichts bemerkt. Erst als die Mutter des Jungen ein Handy in dessen Zimmer fand, welches er nicht von den Eltern gekauft bekommen hatte, erzählte der Elfjährige auf bohrende Nachfragen der Mutter von seiner Chatbekanntschaft.

Nach anfänglichen Ausflüchten gab der Junge zu, das Handy von „einem Freund“ geschenkt bekommen zu haben. Der Kontakt kam im Internet im „schülerVZ“ zustande. Der 23-Jährige war durch unter „schülerVZ“ eingestellte Fotos auf den Jungen aufmerksam geworden und schrieb ihm, dass er ihn „niedlich“ finden würde. Man war sich im Chat sympathisch, der Elfjährige war arglos, so wurde schließlich das erste Treffen vereinbart. Zwei weitere folgten – Spaziergang; Schwimmbad- und Kinobesuch. Die Eltern des Elfjährigen haben nun dessen unkontrollierte Nutzung des Familien-PC unterbunden und weitere Kontakte zu dem 23-Jährigen verboten. Durch die Polizei wurde der Elfjährige eindringlich über die Gefahren, denen er sich ausgesetzt hatte, informiert.

Tipps und Empfehlungen der Polizei für Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte und zur Weitergabe an Eltern:

Sicherheitsregeln vermitteln. Kinder und Jugendliche sollten darauf vorbereitet werden, dass der Chat-Partner oft nicht der ist, für den er sich ausgibt. Sie sollten den Kindern und Jugendlichen altersgemäß erklären, was sie im Chat beachten müssen, was ihnen begegnen kann und wie sie bei Problemen verfahren sollen.

Die wichtigste Regel ist: Kinder sollten sich niemals mit Chat-Partnern treffen, Jugendliche niemals alleine zu Treffen gehen und das Treffen sollte immer an einem „sicheren“ Ort (z. B. im Jugendclub, Eiscafe oder ähnlichem) stattfinden.

Chat-Räume kennen lernen. Sie sollten die Chat-Räume, in denen sich Kinder und Jugendliche bewegen, kennen.  Zeigen Sie Interesse an ihren Chat-Aktivitäten, daran, was sie dort tun, was sie daran fasziniert und mit wem sie sich unterhalten.

Sichere Chat-Räume vorschlagen. Orientieren Sie sich über die Risiken der Chats, die die Kinder und Jugendlichen besuchen, und schlagen Sie ggf. Chats vor, die eine sichere und angenehme Atmosphäre bieten. Eine Übersicht und Bewertung von zahlreichen Kinder- und allgemeinen Chats finden Sie unter: www.chatten-ohne-risiko.net

Probleme besprechen. Kinder und Jugendliche nehmen Anfeindungen im Chat oft sehr persönlich und können sich nicht ausreichend distanzieren. Überfordert sind sie besonders dann, wenn sie anzügliche oder pornografische Darstellungen zugeschickt bekommen. Verwirrung, Ekel und Schuldgefühle sind normale Abwehr- und Schutzreaktionen. Sie sollten die Erlebnisse der Kinder und Jugendlichen ernst nehmen und mit ihnen darüber sprechen.

Sicherheits-Checks machen. Checken Sie Chats, in denen sich die Kinder und Jugendlichen aufhalten. Beobachten Sie, ob und wie Probleme im Chat sanktioniert werden, wie der Moderator agiert und ob es Hilfen wie Alarm-Button bzw. Ignore-Funktionen gibt.

Chat-Zeiten beschränken. Chatten ist eine Form von Medienkonsum. Eltern sollten mit ihren Kindern altersgemäße Vereinbarungen treffen, wie lange sie wo und mit wem chatten dürfen. Chat-Freunde dürfen die Freunde im realen Leben nicht verdrängen oder ersetzen.

Sicherheitseinstellungen einrichten. Besonders bei Instant Messengern spielt es eine große Rolle, sich mit den technischen Sicherheitseinstellungen vertraut zu machen und diese einzurichten. Bei Installation eines Messengers sind die Einstellungen meist auf der niedrigsten Stufe. Sie sollten so konfiguriert werden, dass die Privatsphäre weitestgehend geschützt wird: – Unerwünscht zugesandte Nachrichten unterdrücken. – Keine unaufgeforderten Kontakte zulassen bzw. Kontaktanfragen   unbekannter Teilnehmer ablehnen. – Dateitransfer, Cam- und Voice-Funktionen ausschalten bzw. Anfragen   von Unbekannten ablehnen. – Absender lästiger Nachrichten auf eine Ignore-Liste setzen.   Das öffentliche Profil so anonym wie möglich halten: nie den   vollen Namen angeben, keine detaillierten Angaben zu Alter,   Wohnort, Schule, Vereinen etc.   Keine Bilder einstellen, auf denen man gut erkennbar ist. – Logfiles automatisch erstellen. So hat man bei Belästigungen   gleich alles dokumentiert, ohne Screenshots erstellen zu müssen.

Tipps und Empfehlungen zur Weitergabe an Kinder und Jugendliche:
Am Anfang nicht alleine chatten. Eltern oder ältere Geschwister sollten Chat-Anfängern helfen. Den Chat checken.

Kinder und Jugendliche sollten selbst überprüfen: Wie gehen hier die Chatter miteinander um – wird geschimpft und beleidigt oder sind alle nett zueinander? Gibt es Moderatoren? Wie ignoriert man nervige Chatter? Kinder sollten in einen kleinen Chat gehen, in dem es Moderatoren gibt, die ihnen helfen und aufpassen, dass alle freundlich sind.

Misstrauisch sein. Am anderen Ende sitzt vielleicht ein Mensch, der üble Absichten hat und ihm entgegengebrachtes Vertrauen missbrauchen will. Man sollte nicht zu viel Persönliches preisgeben – keine Adresse, Telefonnummer oder andere persönliche Daten!

Einen guten Spitznamen ausdenken. Der Benutzername („Nickname“) sollte reine Fantasie sein: z. B. ein Name aus einem Lieblingsbuch oder Lieblingsfilm. Der richtige Name („Realname“) sollte geheim bleiben. Nicknamen, wie z. B. Sexyhasi, sollten vermieden werden, da dies verstärkt zur sexuellen Anmache auffordern könnte.

Nicht in Chats für Erwachsene gehen. In großen Chats ist das Risiko, belästigt zu werden, am größten. Nicht mit Leuten aus dem Chat treffen. Kinder sollten sich niemals mit Chat-Partnern treffen, Jugendliche sollten sich höchstens in Begleitung eines Erwachsenen mit Chat-Bekanntschaften treffen und das Treffen sollte immer an einem „sicheren“ Ort (z.B. im Jugendclub, Eiscafe oder ähnlichem) stattfinden.

Vorkommnisse melden. Unangenehme Dialoge sollte man einfach beenden. Moderatoren können Hilfestellung geben und den Belästiger sperren. Bei sexuellen Übergriffen mit den Eltern sprechen, damit sie den Belästiger anzeigen.

Vorgehensweise bei Problemen und institutionelle Ansprechpartner:
Ist ein Vorfall dokumentiert, kann man sich an den Chat-Betreiber, eine Meldestelle oder an die Polizei wenden, um Anzeige zu erstatten. Je schneller die Ermittlungen beginnen, desto eher sind Aufzeichnungen des Chat-Geschehens bei Betreiber und Provider noch vorhanden. Je mehr Daten zur Verfügung gestellt werden können, desto höher sind die Erfolgsaussichten der Ermittlungen.

Folgende Angaben sollten notiert werden:
Datum, Uhrzeit, Beschreibung des Vorfalls, Nickname des   Belästigers, ggf. weitere Daten des Belästigers (Mail-Adresse   etc.). – Screenshot des Geschehens: Durch gleichzeitiges Drücken der   „Alt + Druck“-Tasten ein Abbild des Chat-Fensters erstellen.   Dieses Abbild durch „Strg + V“ in Word oder ein Grafikprogramm   einfügen und abspeichern. – Logfile: Den Text im Chat-Fenster mit der Maus markieren, über   Drücken der „Strg + C“-Tasten eine Kopie erstellen und über   Drücken der „Strg + V“-Tasten in Word einfügen und abspeichern.

Quelle der o.a. Tipps: „Im Netz der neuen Medien“ INTERNET, HANDY UND COMPUTERSPIELE – CHANCEN UND RISIKEN FÜR KINDER UND JUGENDLICHE

Die Handreichung ist ein Baustein der „Informations- und Fortbildungsinitiative über Gefahren des Internets für Kinder und Jugendliche“. Sie ist kostenlos und nicht zum Verkauf bestimmt. Die Handreichung ist im Internet unter www.polizei-beratung.de als PDF eingestellt und kann kostenlos herunter geladen werden.

Herausgeber: PROGRAMM POLIZEILICHE KRIMINALPRÄVENTION DER LÄNDER UND DES BUNDES Zentrale Geschäftsstelle Taubenheimstraße 85 70372 Stuttgart Telefon 0711/ 5401-2062 Fax 0711/ 2 26 80 00 in Zusammenarbeit mit der Kultusministerkonferenz Ansprechpartner: Hans-Jürgen Gorsler Niedersächsisches Kultusministerium Schiffgraben 12, 30159 Hannover und der Jugend- und Familienministerkonferenz Ansprechpartner: Martin Döring Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur Mittlere Bleiche 61, 55116 Mainz In Kooperation mit: Jugenschutz.net klicksafe Schulen ans Netz e. V.