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Sinti-Familie nach Hausbrand obdachlos

Neukirchen. Die 18-köpfige Sinti-Familie W. ist nach einem Hausbrand am Freitagabend obdachlos geworden. Der Brand war gegen 22.20 Uhr in der Untergasse in Neukirchen ausgebrochen. Das Haus brannte vollständig aus. Von den Bewohnern wie auch von den rund 80 eingesetzten Kräften der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerkes und des Deutschen Roten Kreuzes, wurde niemand verletzt. Der Sachschaden an dem unter Denkmalschutz stehenden Haus wird auf 200.000 Euro geschätzt. Die Feuerwehr konnte unter großen Anstrengungen das Übergreifen auf nebenstehende Fachwerkgebäude, darunter das unmittelbar angrenzende Heimatmuseum, verhindern.

Die Brandstelle wurde am Montag durch Brandursachenermittler der Regionalen Kriminalinspektion Schwalm-Eder und des Hessischen Landeskriminalamtes untersucht. Es wurden keinerlei Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Inbrandsetzung festgestellt. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist der Brand im Bereich eines ölbefeuerten Badofens im Erdgeschoss des Hauses entstanden. Als Brandursache kann ein Hitzestau im Bereich des Rauchrohres nicht ausgeschlossen werden.

Eine Verantwortliche der Sinti-Familie W. erklärte noch in der Brandnacht, dass sie zwischenzeitlich mit ihren Verwandten in Schwalmstadt-Florshain und Schwalmstadt-Trutzhain Kontakt aufgenommen hätten und diese bereit seien, die Familie aufzunehmen. Die Sprecherin der Familie erklärte weiterhin, dass wegen der Größe der Familie zwei Gruppen gebildet werden müssten. Ein Teil der Familie könne in Trutzhain unterkommen, ein anderer Teil bei den Verwandten in Florshain. Mit dieser Erklärung der Verantwortlichen der Familie und der damit verbundenen privaten Lösung der Obdachlosen-Problematik mussten alle Beteiligten davon ausgehen, dass diese Lösung ein weiteres Handeln der kommunalen Verantwortungsträger ausschließt. Die Verantwortlichen der Stadt Neukirchen gingen davon aus, dass somit die Unterkunft sowie Verpflegung und die hygienischen Bedürfnisse durch die aufnehmenden Verwandten der Familie W. sichergestellt seien.

Umso unerwarteter sei die Meldung am Folgetag gewesen, in der es hieß, dass die Sinti-Familie W. sich am Samstagabend gegen 18:30 Uhr von den Verwandten in Florshain und Trutzhain ausgesetzt, auf dem AEZ-Parkplatz in Neukirchen eingefunden habe, um sich als obdachlos zu bezeichnen, berichtet die Stadt. Die Familienangehörigen in Trutzhain und Florshain seien angeblich nicht mehr bereit, Familie W. länger zu beherbergen. Der Verwaltung stellt sich weiterhin die Frage, weshalb die Sinti-Familie W. angeblich schon um 9 Uhr vormittags ausgesetzt wurde und sich erst abends um 18:30 Uhr obdachlos meldete. Des Weiteren sei zu bemerken, dass es der Sinti-Familie W. nicht möglich war, in Eigeninitiative eine Unterkunft zu besorgen.

Das sagt die Stadt:
Die Vertreter der Stadt Neukirchen (Bürgermeister, Erster Stadtrat, Büroleiter) standen am Samstagabend vor der Situation, schnell Hilfe zu organisieren. Telefonische Versuche in privaten Beherbergungsbetrieben (Pensionen, Hotels, Privathäuser) in Neukirchen und Umgebung (Versuche zwischen 20:30 Uhr und 21:30 Uhr) scheiterten. Eine Unterbringung in den Beherbergungsbetrieben scheiterte nicht an den Kosten der Unterbringung, sondern hatte andere Ursachen.

In dieser schwierigen Lage – die Stadt Neukirchen verfügt nicht über ein eigenes, für 18 Personen konzipiertes Haus, außerdem ist es der Stadtverwaltung an einem Samstagabend fast unmöglich, Haupt- oder ehrenamtliche Kräfte zu erhalten, die ein derartig gravierendes Obdachlosenproblem lösen können – hat die Evangelische Gemeinschaft unter Führung der Eheleute Christina und Jürgen Menzi kurzfristig für 1 bis 2 Nächte (Samstag auf Sonntag und Sonntag auf Montag) die Bereitschaft erklärt, die 18-köpfige Sinti-Familie W. in dem Gemeindehaus in der Birkenallee aufzunehmen.

Die Vertreter der Stadt Neukirchen haben diese spontane bürgerschaftliche und diakonische Hilfe der Evangelischen Gemeinschaft Neukirchen im Interesse der Familie W. begrüßt und angenommen. Es wurde Sorge getragen, dass die notwendigen Feldbetten und Decken von dem Deutschen Roten Kreuz Neukirchen bzw. von der Neukirchener Feuerwehr in die Birkenallee befördert wurden. Auch für das leibliche Wohl der Familie W. wurde von der Evangelischen Gemeinschaft bestens gesorgt.

Eine entsprechende Nachtbetreuung und -bewachung durch Angehörige der Evangelischen Gemeinschaft war ebenfalls in der Nacht von Samstag auf Sonntag (02. – 03.08.2008) gegeben.

All diese getroffenen Maßnahmen wurden mit den Vertretern der Stadt Neukirchen stets abgesprochen und einvernehmlich auf den Weg gebracht.

Auch die Nachtbetreuung und –bewachung in der Nacht vom 3. auf den 4. August durch hauptamtliche Kräfte der Stadt Neukirchen wurde absprachegemäß mit Vertretern der Evangelischen Gemeinschaft, des Deutschen Roten Kreuzes Neukirchen und der Stadtverwaltung organisiert.

Presseerklärungen zu diesen getroffenen Aktivitäten wurden am Samstag, 02.08.2008 und Sonntag, 03.08.2008 trotz beharrlichen Insistierens eines Fernsehteams seitens der Stadtverwaltung nicht abgegeben. Eine Erklärung zu der Obdachlosenproblematik der Sinti-Familie W. erfolgt daher erst am ersten Verwaltungsarbeitstag nach den Geschehnissen des Wochenendes am Montag, 04.08.2008.

Wichtig war für alle aktiven und handelnden Personen, dass stets sichergestellt war, dass die Sinti-Familie W. an dem vorgenannten Wochenende zu keinem Zeitpunkt gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt war. Familie W. hatte stets zu essen, zu trinken, ein Dach über dem Kopf und auch die hygienischen Voraussetzungen an ein menschenwürdiges Dasein waren immer gegeben.

Das Bemühen am Montag, 04.08.2008 geht dahin, eine dauernde Bleibe für die Sinti-Familie W. zu finden. Die entsprechenden staatlichen und kommunalen Stellen müssen hierzu tätig werden.

Dank sagen wir allen Beteiligten und Helfern, insbesondere den ehrenamtlich tätigen Mitgliedern und Angehörigen der Evangelischen Gemeinschaft Neukirchen, die überaus herzlich und spontan die Räumlichkeiten in der Birkenallee zur Verfügung gestellt und die Familie W. umfassend versorgt haben.