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Finanzminister legt Vorbereitungen für Haushalt auf Eis

Hessen. Nach dem Beschluss über die Aufnahme förmlicher Koalitionsverhandlungen für eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Duldung der Linkspartei hat Finanzminister Karlheinz Weimar angekündigt, sein Ministerium werde als „Haus der offenen Tür“ den Landtagsfraktionen von SPD und Grünen alle verfügbaren Informationen zur Haushaltslage und zum derzeitigen Stand der Haushaltsberatungen 2009 zur Verfügung stellen. Niemand solle bei SPD, Grünen und Linken behaupten können, die Haushaltslage vor dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen nicht gekannt zu haben. Er werde die noch notwendige Feinarbeit am Haushalt nach dem Abschluss der Chefgespräche bis zur Entscheidung über die Wahl einer neuen Landesregierung aussetzen.

„Ich bin nach wie vor fest davon überzeugt, dass Wortbruch nicht erfolgreich sein wird. Aber nach der Entscheidung des SPD-Parteitages vom Wochenende wäre es skurril, ‚business as usual‘ zu betreiben und wenige Tage vor der avisierten Wahl eines Ministerpräsidenten einen Haushalt im Kabinett zu verabschieden“, begründete Weimar das Aussetzen der Haushaltsvorbereitungen. Stattdessen habe er den Landtagsfraktionen von SPD und Grünen angeboten, im Gespräch mit ihm, dem Finanzstaatssekretär und Mitarbeitern des Ministeriums alle verfügbaren Informationen zur Verfügung zu stellen. Keinen Zweifel ließ Weimar daran, dass angesichts der internationalen Bankenkrise und der derzeitigen Steuerentwicklung erhebliche Auswirkungen auf den Finanzplatz Frankfurt und die Einnahmen des Landes Hessen zu befürchten seien: „Es kann bei der Erstellung des Haushaltes nicht um neue Programme gehen, weiteres Sparen ist das Gebot der Stunde.“

Der Finanzminister verwies darauf, dass in seinen Planungen die Vorlage eines ausgeglichenen Haushalts zum Jahr 2011 nach wie vor oberste Priorität habe. „Nur durch äußerst sparsames Haushalten und den Weg der konsequenten Haushaltskonsolidierung ist diese Zielplanung einzuhalten, alles andere führt uns von diesem Ziel meilenweit weg“, betonte er. Weimar erklärte, dass er die sogenannten Chefgespräche für den Haushalt 2009 im Wesentlichen abgeschlossen habe und lediglich noch Feinarbeiten notwendig seien. Der derzeitige Haushaltsentwurf 2009 schließe damit aktuell, trotz Auflösung einer Rücklage von 470 Millionen Euro, mit einer Nettoneuverschuldung in Höhe von circa 790 Millionen Euro ab. Damit liege man rund 120 Millionen über dem bisher angestrebten Ziel der Nettoneuverschuldung von 670 Millionen Euro. Diese Summe von 670 Millionen Euro für 2009 setze sich aus den geplanten 500 Millionen der mittelfristigen Finanzplanung und den im Jahr 2008 zusätzlich beschlossenen Belastungen in 2009 durch den Wegfall der Studiengebühren, zusätzliche Referendare und Mitarbeiterbesoldung in einer Gesamthöhe von 170 Millionen Euro zusammen.

Um die geplante Größenordnung von 670 Millionen Euro möglichst zu unterschreiten, sei noch ein ehrgeiziges Sparpaket zu schnüren. „Ein solches Sparpaket mit einem Volumen von 150 Millionen Euro ist erforderlich. Dies strebe ich an! Allerdings geht das nur, wenn die politische Entscheidungsfähigkeit in vollem Umfang gegeben ist“, betonte Weimar. Angesichts der jetzt begonnenen Koalitionsverhandlungen werde auch dieser Vorgang bis auf Weiteres ausgesetzt. „Bei einem Scheitern von Rot-Grün und Linken wird dieses Paket unverzüglich wieder angegangen“, kündigte der Minister an: „Mit dann 640 Millionen Euro Nettoneuverschuldung in 2009 würde das angestrebte Verschuldungsziel sogar unterschritten.“

Das Ziel der Zukunftsgestaltung des Landes Hessen werde nach dem derzeitigen Stand der Haushaltsverhandlungen trotz der finanziell schwierigen Situation weiterverfolgt, „mit dem notwendigen Augenmaß“, wie er hinzufügte. Weimar verwies darauf, dass unter Konzentration auf diese Entwicklung des Landes Hessen erneut Verbesserungen eingearbeitet seien, „die ich als Eckpfeiler und Maßstab für eine zukünftige und nachhaltige Entwicklung Hessens ansehe und bei denen ich insgesamt sehr weitgehenden Konsens im Parlament sehe.“ Dazu gehöre beispielsweise die Einstellung von 1.000 zusätzlichen Lehrern sowie von 550 Polizeikommissar-Anwärtern. Weiter werde der Ausbau des Digitalfunks in Hessen mit 50 Millionen Euro unterstützt und die Mittel für die ersten Häuser des Jugendrechts bereitgestellt. Das Hochschulbauprogramm HEUREKA werde mit 257,9 Millionen Euro auf dem zugesagten Niveau fortgeführt, ebenso werde der Hochschulpakt vertragsgerecht mit Mittelerhöhungen fortgesetzt. „Gerade bei den Investitionen in die hessischen Hochschulen wird deutlich: Diese Landesregierung hält, was sie versprochen hat“, erklärte Weimar. Als weitere Eckpfeiler nannte der Finanzminister die Bereitstellung der Mittel für Klimaschutzaufgaben und die finanzielle Absicherung der Nachhaltigkeitsstrategie, die Sprach- und Integrationsförderung von Kindern und Eltern und den Härtefonds für Mittagessenversorgung.

Angesichts der weltweiten Bankenkrise und der möglichen Auswirkungen auf die Konjunkturentwicklung nannte es Weimar „praktisch ausgeschlossen“, von den bisher geplanten Steuereinnahmen für 2009 auszugehen. „Die Entwicklung der Steuereinnahmen ist zwar noch nicht exakt absehbar, von Mehreinnahmen kann jedoch ganz sicher nicht ausgegangen werden“, erklärte der Finanzminister. Die November-Steuerschätzung werde in diesem Punkt sicherlich weitere Klarheit bringen.

Eine weitere Verschlechterung der Einnahmesituation, so Weimar hätte zur Folge, dass der Sparkurs bedauerlicherweise noch verschärft werden müsse. „Wer zusätzliche Leistungen, Zuwendungssteigerungen und neue Ausgabenprogramme verspricht oder andenkt, mag gutwillig sein, hat sich aber mit der Finanzlage des Landes offenbar überhaupt nicht beschäftigt“, stellte der Finanzminister fest. Er habe seit dem Frühjahr auf die sich verschärfende Haushaltssituation hingewiesen und bereits im Sommer eine Haushaltssperre ausgebracht. Die Blütenträume zahlloser finanzwirksamer Versprechen von SPD, Grünen und Linken seien – spätestens – angesichts der derzeitigen Situation längst verwelkt: „Es wird ausgesprochen schwer, bis 2011 den Landeshaushalt ausgleichen zu können. Im Interesse nachfolgender Generationen halte ich dieses wichtige Haushaltsziel, neue Schulden zu vermeiden, aber wie die Mehrheit des Landtages für zwingend erforderlich. Für zusätzliche Geschenke der Politik gibt es dann allerdings keinen Spielraum“, erklärte Weimar abschließend.