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Neues Angebot für Menschen mit Prader-Willi-Syndrom

Schwalmstadt-Treysa. „Vertraut den neuen Wegen und wandert in die Zeit!“ Mit diesem Lied aus dem Evangelischen Gesangbuch überschreibt der Geschäftsbereich Behindertenhilfe der Hephata Diakonie die Neunutzung der Villa Hephata in Schwalmstadt-Treysa. Ab Anfang kommenden Jahres sollen dort bis zu zehn Menschen mit dem Prader-Willi-Syn­drom (PWS) ihr Zuhause finden. Im Gegenzug werden ab Anfang 2009 in der oberen Etage des Hauses Bethanien Gästezimmer mit einem vergleichbaren Standard wie in der Villa geschaffen.

Bei einem von 10.000 bis 15.000 Kindern tritt das Prader-Willi-Syndrom (PWS) durchschnittlich auf. Die Erkrankung geht auf eine Genveränderung zurück und meistens mit einer leichten geistigen Behinderung einher: Betroffene bleiben häufig in ihrer motorischen Entwicklung zurück, haben Sprech- und Sprachprobleme oder Verhaltensauffälligkeiten. Hinzu kommt ein ständiges Hungergefühl, vom Erleben durchaus vergleichbar mit einer Sucht.

In Deutschland sind etwa 1.000 Betroffene bekannt. 15 Einrichtungen verfügen über spezielle PWS-Angebote. Mittel- und Südhessen sind noch weiße Flecken auf der Versorgungskarte. Auf Anfrage und gemeinsam mit der „Prader-Willi-Syndrom-Vereinigung Deutschland e.V.“ entwickelte Hephatas Geschäftsbereich Behindertenhilfe daher ein Angebot, das Anfang 2009 an den Start gehen soll.

Gute Voraussetzungen
„Wir bieten dafür sehr gute Voraussetzungen“, sagt Wilfried Hoos, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter Behindertenhilfe. Dies sei auch in einer Marktanalyse deutlich geworden. „Wir sind zwar bestrebt, bei über 700 Plätzen Menschen mit Behinderungen dezentral in der Region zu begleiten. Mit diesem neuen Arbeitsfeld wollen wir aber erstmal am zentralen Standort bleiben und mit einer Verbundlösung arbeiten.“ Diese bedient sich der Nähe zu den Werk- und Tagesförderstätten, den ärztlich-therapeutischen Leistungen des Zentralbereiches Gesundheit und Therapie, zum Gesundheitszentrum und im Notfall auch zur Hephata-Klinik. „Gerade auch der ärztlichen Unterstützung kommt bei dieser Behinderung eine besondere Beutung zu.“ Ebenso wie ein kontinuierlich erhöhter Unterstützungsbedarf.

Zudem sollten PWS-Betroffene in einer separaten Wohngruppe unterstützt werden, wofür die Villa Hephata gute Voraussetzungen biete. Die meisten der künftigen Bewohner ziehen direkt aus der Familie, aber erst nach Abschluss der Schule, ein. Jeder wird über ein Einzelzimmer verfügen. „Menschen mit PWS können schlecht im Wohnverbund mit anderen Gruppen wohnen. Die Ernährungssituation macht ein Zusammenleben schwierig.“

Doch die Wohnsituation ist nicht die einzige Herausforderung. „Die medizinische Versorgung, das Wohnen und die Freizeitgestaltung kriegen auch andere Einrichtungen geregelt. Häufig haben sie aber nicht die Infrastruktur für eine sinnvolle Arbeit“, so Hoos. Beispielsweise seien Werkstätten manchmal nicht auf die Besonderheiten dieser Menschen eingestellt. „Erst wenn das dauernde Verlangen nach Nahrung überschaubar und dessen Befriedigung verlässlich geregelt ist, etwa durch eine feste Tagesstruktur, werden andere Auseinandersetzungen und Erfahrungen mit der Umwelt möglich.“ (me)

Im Bild: Villa Hephata: In diesem Gebäude sollen Menschen mit Prader-Willi-Syndrom in Zukunft zu Hause sein. (Foto: Inka Lotz)