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Pollenbach: Advent

Von Tobias Knopp

Pollenbach. Aus unserer Reihe „Klare Worte“ lesen Sie heute den Beitrag „Advent, Zeit der Besinnung“ des Herrn Vikar Gabriel Himmelstreu (Freie Glaubensgemeinschaft Pollenbach/Niederhessen).

Liebe Leserinnen und Leser,
sicher ist auch für Sie der Advent wieder eine Zeit der Hetze und Sorgen, des Zeitdrucks und der Orientierungslosigkeit.  Und sicher überlegen Sie auch in diesem Jahr wieder, wie Sie Ihre Lieben beschenken und wie Sie Ihnen ein weiteres unvergessliches Weihnachtsfest bereiten können. Aber ist das der Sinn des Advents? Und ist der ungezügelte Jahreskonsumhöhepunkt wirklich Zweck und Inhalt des Festes der Liebe? Ich meine, nein. Doch lassen Sie mich meine Sicht der Dinge anhand meiner ganz persönlichen Kindheitserinnerungen erläutern:

Als ich ungefähr vier Jahre alt war, lebten wir in einem kleinen Fachwerkhaus in Pollenbach. Es gab weder Strom noch Heizung, meine Mutter hütete uns Kinder und mein Vater war als Köhler im Buchenwald tätig. Meine Eltern waren sehr einfache und gläubige Menschen und sie lehnten viele moderne gesellschaftliche, medizinische und technische Entwicklungen ab. Sie schufteten Tag und Nacht und gönnten sich niemals einen Urlaub. Die Anschaffung eines Fernsehers war für meine Eltern genauso indiskutabel, wie der Gebrauch von Verhütungsmitteln. Gefasst nahmen sie jedes Unheil so, wie es kam.

Meine vierzehn Geschwister und ich mussten morgens um drei Uhr aufstehen und das Haus putzen, die Wäsche waschen und das Brot backen, das wir zum Frühstück aßen. Dann liefen wir bei Kälte und Dunkelheit neun Kilometer durch den Wald, um pünktlich um sieben Uhr an der Schulspeisung teilnehmen zu können. Nach dem Unterricht schafften wir die elf Kilometer nach Hause oft in drei Stunden, so dass noch genug Zeit blieb, um auf den Kartoffelackern der Umgebung nach den Resten der letzten Lese zu suchen. Manchmal fingen wir ein Eichhörnchen mit der Hand, nur um abends etwas Fleisch auf dem Teller zu haben. Nach dem Abendessen sammelten wir Holz im Wald, damit der nächtliche Frost nicht so sehr unter unsere löchrigen Bettdecken kroch, die wir uns jeweils mit vier Geschwistern teilten. An den Sonntagabenden im Advent aber zündete unsere liebe Mutter immer eine Kerze an und stellte sie auf das Fensterbrett im Wohnzimmer. Dann leuchtete sie hinaus in die Dunkelheit und der sechs Meter hohe Schnee reflektierte das warme, feierliche Licht.

Oft nahm Mutter dann die Sammlung ihrer Traktate zur Hand und las uns Geschichten von Menschen vor, denen es schlecht ging. Und unsere Mägen knurrten behaglich dazu, als sei es das Schnurren eines dösenden Kätzchens. Und wenn Vater von seiner abendlichen Köhlerversammlung in der „Roten Laterne“ nach Hause kam, erfüllte Mutter in der Speisekammer ihre ehelichen Pflichten und wir summten ein Schlaflied im Takt dazu. Und der Mond schien durch das mit Eisblumen bedeckte Schlafzimmerfenster, wir sprachen unser Nachtgebet und schliefen dankbar ein.

Gerne erinnere ich mich, liebe Leserinnen und Leser, an meine behütete Kindheit. Keine Marken-Jeans war uns wichtig, ja, wir kannten noch nicht mal ein Handy. Wenn wir mit unseren Freunden sprechen wollten, mussten wir uns zunächst ein Telefon aus alten Joghurtbechern und einer Paketschnur basteln. Es gab nur drei Programme in jenem Fernsehen, das wir nicht hatten. Und am Heiligen Abend zählten wir uns Kinder immer durch, um zu sehen, ob wir im Jahreskreis nicht eines weniger geworden waren.

Diese besinnliche Zeit vermisse ich oft. Unsere heutige Generation aber wird förmlich überflutet mit Verlockungen und Reizen. Der überschweifende, ja suchtartige Konsum ist nichts anderes als die Antwort auf das ungestillte Verlangen nach Geborgenheit und Zuwendung. Äußerlichkeiten bestimmen das Miteinander, getragen von der fortwährenden Suche nach Beständigkeit.

Es wird Zeit, liebe Leserinnen und Leser, sich zu besinnen. Der Advent bietet Gelegenheit dazu. Frauen und Mädchen rufe ich heute auf, sich ihrer moralischen und genetischen Verantwortung zu stellen. Karriere macht nicht glücklich, sondern sie macht einsam. Das dankbare Lächeln in den Augen eines, nein, Deines Kindes, entlohnt tausendfach mehr, als Emanzipation und wirtschaftliche Unabhängigkeit.

Und den Burschen und Männern rufe ich zu, wendet Euch ab von der gleichgeschlechtlichen Liebe, denn aus ihr erwächst kein zarter Spross, der dem Lichte entgegen strebt. Kehret um und gründet Familien, denn die Kinder sind unsere Zukunft. Denn siehe, wer da Sodom und Gomorra schafft, wird darin untergehen, so spricht der Prophet. Und Alkohol ist die Wurzel allen Übels, wie der Hochmut, die Niedertracht und das liederliche Weib mit der gespaltenen Zunge und den drei Köpfen auf seinen Schultern. Jetzt und in Ewigkeit!

Zum Schluss weise ich noch hin auf die diesjährige Advents-Sammelaktion der freien Glaubensgemeinschaft Pollenbach. Bitte spenden Sie für die Beschaffung eines neuen Dienstfahrzeuges für den Gemeindevikar. Der bisher in Gebrauch befindliche  Maybach Exelero ist nicht mehr fahrtauglich, da er versehentlich mit Diesel betankt wurde.

Siehe, so spricht der Prophet: Geben ist seliger, denn nehmen und das letzte Hemd kennt keine Taschen. Denen, die geben, wird Erkenntnis zuteil und Erleichterung. Denen aber, die sich verwehren, wird das Feuer der Verdammnis die Augäpfel zum Platzen und die Eingeweide zum Kochen bringen, und ihr Leib wird gevierteilt, in alle Richtungen des Himmels verstreut  und den Raben zum  Fraße werden.

In diesem Sinne wünsche ich  Ihnen eine besinnliche Vorweihnachtszeit und freue mich auf unsere gemeinsamen Herausforderungen des kommenden Gemeindejahres.

Herzlich grüßt Sie
Ihr Gabriel Himmelstreu

Zur Person:
Gabriel Himmelstreu ist Gemeindevikar, 44 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder im Alter von zwei, sieben, neun und achtundzwanzig Jahren. Er übt seit 1. Juli 2006 das Amt des Gemeindevikars der freien Glaubensgemeinschaft Pollenbach aus. Vikar Himmelstreu ist passionierter Jäger und sammelt ost-asiatische Seidenraupenschmetterlinge. Nebenberuflich ist er Anlageberater der Niederhessischen Kapitalgesellschaft mbH und war bis April 2008 ehrenamtliches  Mitglied im Vorstandsrat von UNICÄF Deutschland. Sein Sternzeichen ist Widder, zweiter Aszendent.



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