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Pollenbach: Highway to Kohlkopp

Von Tobias Knopp

Pollenbach. Liebe Leser, haben Sie es bemerkt? Die A49 ist immer noch nicht fertig. Das habe ich dieser Tage in der Zeitung gelesen. Und ich schreibe das jetzt auch nur noch mal für den Fall, dass Sie es noch nicht bemerkt haben sollten. Das wäre übrigens  gar nicht gut für ihre Gesundheit. Sie würden dann nämlich das herrlich abschüssige Autobahnstück zwischen Zimmersrode und Bischhausen mit schätzungsweise 185 km/h herunter brettern und völlig unverhofft  in einer Kohlkoppbude einschlagen. Nicht, dass Sie jetzt glauben, dass es schade um Sie wäre. Nein, nein. Das eigentliche Problem liegt im Verlust der vitaminreichen Rohkost. Denn im Gegensatz zu Autofahren sind Kohlköppe nämlich Saisonware. Sowas gibt’s halt nicht immer.

Wussten Sie eigentlich, dass die A49 neben der chinesischen Mauer das einzige von Menschenhand geschaffene Bauwerk ist, das man aus dem Weltraum mit bloßem Auge erkennt? Der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden historischen Monumenten besteht jedoch darin, dass die chinesische Mauer bereits seit dem fünften Jahrhundert vor Christus fertig gestellt ist. Aber heißt es nicht „Gut Ding will Weile haben“?

Ja, so heißt es. Deshalb, liebe Politiker: Lasst Euch Zeit. Denn wenn ein paar unmotivierte Archäologiestudenten in ungefähr zweitausend Jahren die Fragmente einer wichtigen vierspurigen Handelsstraße ausgraben, die vor den im Boden konservierten Überresten einer Kohlkoppbude enden, wollen die auch was zu knobeln haben.

Sicherlich verleiten die Grabungsergebnisse dann zu der tragfähigen Hypothese, dass einfache Volk habe unter größten materiellen und finanziellen Anstrengen einen Prunkallee zur Verehrung ihrer Anführer erschaffen, die irgendwo im nirgendwo zu einem heiligen Schrein führte. Gute Idee eigentlich. Politiker und Kohlköppe liegen ja auch nicht so weit auseinander. Jedenfalls hätte unsere Heimat dann endlich mal eine geschichtliche Sensation, wo doch die Suche nach dem Bernsteinzimmer auf der Landsburg bei Schwalmstadt schon so daneben gegangen ist.

Ach, wo wir gerade bei archäologischen Sensationen sind: Wenigstens das neue Touristik-Konzept der Gemeinde Neuental entwickelt sich zum echten Renner. Denen zu Neuental ist nämlich aufgefallen, dass sie seit ungefähr zwanzig Jahren im Besitz mannshoch verwucherter Erdhügel sind, die Anfang der 90er Jahre in Erwartung der baldigen Weiterbaus der A49 bis Schwalmstadt aufgehäuft wurden. So, und nun kommt’s:

Seit kurzem vertickt das Verkehrsbüro die Örtlichkeit chinesischen Touristen als bronzezeitliche Hügelgräber, englischen Touristen als kontinentales Stonehenge, Holländern als Großglockner-Massiv und Ostdeutschen als Reste der DDR-Grenzanlagen. Und der Laden brummt! Wenn das so weiter geht, finanziert der Magistrat bald den Weiterbau der Autobahn aus der Gemeindekasse.

Ja, Herrschaften, lasst Euch nichts vormachen: das Geld ist da! Wenn da nur nicht die renitenten Ausbauverhinderer wären. Das muss man sich mal vorstellen: Da ersteigern diese grünen Bettsockenträger bei eBay eine Vorteilspackung lebender Kammmolche für 18 Cent das Stück, setzen sie im Bereich der geplanten Autobahntrasse in Wiesen, Feldern und Wäldern aus, malen ein Umweltgutachten am Heimcomputer und schon ist der Weiterbau erledigt. Kabumm! Da platzt die Aorta der niederhessischen Großindustrie. Einfach so.

Wäre es gemein, an dieser Stelle einen gedanklich historischen Bogen zu mittelalterlichen Gepflogenheiten zu spannen, nach denen man Querulanten damals an einem weithin sichtbaren Punkt in einen Eisenkäfig sperrte und an einem großen Baum hoch zog? Und wenn die dann nicht ihre Waffel gehalten haben, wurde der Käfig einfach mal ins Wasser getunkt. Das hat gewirkt, sonst hätten die das ja nicht gemacht.

Ich meine, zwischen Waltersbrück und Zimmersrode hat es doch so einen schönen Hügel mit freier Sicht zur Autobahn. Da steht sogar ein Wasserhäuschen mit einem großen Trinkwasserspeicher drauf. Und im Winter funkelt dort oben immer ein aufmunterndes Christbäumchen. Das könnte man nach dem Abschmücken Anfang Januar doch einfach stehen lassen, eine stabile Eisenkette drüber werfen und… Also gut, bitteschön, dann ist es eben gemein.

Bleiben aber immer noch die Kammmolche: Viecher, die sich mit drei „m“ in einer Reihe schreiben, können nichts taugen, soviel steht schon mal fest. Haben diese kleinen, kalten, glitschigen Dinger eigentlich eine kulturelle, biologische oder ernährungswissenschaftliche Bedeutung? Bei uns wohl noch nicht. Anders sieht es dagegen bei den zahlreichen chinesischen Touristen aus. Die haben, wie man weiß, ihren ganz eigenen Geschmackssinn.

Ich sage ja immer: „Wer Hundegulasch muffelt, der schrotet auch gerne mal einen knusprigen Kammmolch.“ Mit dieser Geschäftsidee komme ich aber leider zu spät. Die Dinger werden nämlich seit kurzem schön knackig frittiert in der Kohlkoppbude angeboten. Kohlköpfe sind Saisonware, erinnern Sie sich? Richtig. Und irgendetwas muss man ja während des restlichen Jahres verkaufen.

Wer jetzt allerdings knapp bei Kasse ist, aber trotzdem gerne etwas für den zügigen Weiterbau der A49 tun möchte, der kann sich seinen Kammmolch auch zuhause zubereiten. Besonders crunchy und lecker kommt der nämlich mit Knoblauch-Dip daher. Herrschaften, das ist mal eine echte Alternative zum cholesterinstrotzenden Osterei. Und hier ist das Rezept für vier Personen:

Rezept Kammmolch mit Knoblauch-Dip
16 Kammmolche waschen, abbürsten und mit Küchenkrepp abtupfen. Friteuse vorheizen und die arglosen Tierchen in das siedende Fett geben. Goldbraun ausbacken, herausnehmen, Öl abtropfen lassen und salzen.

Für den Knoblauch-Dip benötigen Sie folgende Zutaten:

400 gr Schmand
5 EL Zitronensaft
5 EL Salatcreme
5 Knoblauchzehen
Salz, Pfeffer
1 TL Kräuter (z.B. Salatkräuter)

Den Schmand in einer Schüssel mit dem Zitronensaft gut verrühren.
Den Knoblauch abziehen und mit Hilfe einer Knoblauchpresse direkt über den Schmand pressen. Anschließend noch die Kräuter zufügen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Dazu passen ein kräftiges Vollkornbrot und ein trockener Weißwein.

Übrigens: heute ist Ostersonntag. Das ist eine sehr günstige Gelegenheit, unauffällig Beute zu machen. Ob Sie in Ihrem Osterkörbchen nämlich gefärbte Eier oder geschützte Reptilien einsacken – das merkt garantiert niemand. Und zum Schluss noch ein brandheißer Tipp: Vermeiden Sie es bitte, den kleinen zappelnden Dingern vor dem Frittieren Namen zu geben. Die will dann hinterher nämlich keiner mehr essen. Aber Sie taufen ja Ihre Ostereier vor dem Kochen auch nicht, oder?

Na, also. Fröhliche Ostern!



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