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IHK: Konjunktur weiterhin stark belastet

Nordhessen. Die konjunkturelle Lage bleibt wie erwartet äußerst angespannt. Der IHK-Klimaindex (gewichteter Faktor aus gegenwärtiger Lage und zukünftiger Entwicklung) ist zwar über alle nordhessischen Branchen auf 72,9 Punkte (Vorbericht 67,8 Punkte, Vorjahr 106,8 Punkte) gestiegen, dies sind aber Marginalien. Insbesondere die aktuelle Geschäftslage hat einen deutlichen Dämpfer zu den Vorberichten erfahren. Hier haben sich die Prognosen des Vorberichts leider erfüllt. Über alle Branchen hinweg wird die konjunkturelle Lage, wie folgt beschrieben. 17,9 Prozent (Vorbericht 19,1 Prozent, Vorjahr 31,6 Prozent) beschreiben ihre gegenwärtige Lage als gut. 46,6 Prozent (Vorbericht 57,4 Prozent, Vorjahr 53,0 Prozent) aller nordhessischen Unternehmer schätzen die gegenwärtige Geschäftslage als befriedigend ein. Signifikant angestiegen ist die schlechte Bewertung der aktuellen Geschäftslage. 35,5 Prozent (Vorbericht 23,5 Prozent, Vorjahr 15,4 Prozent) der nordhessischen Unternehmer beurteilen die aktuelle Geschäftslage als schlecht.

Ein analoges Bild zeigen die einzelnen Branchen. Die Industrie, die maßgeblich für die konjunkturellen Impulse der Vergangenheit gesorgt hat, meldet einen IHK-Klimaindex von 69,2 Punkten (Vorbericht 63,0 Punkte, Vorjahr 119,6 Punkte). Auch im industriellen Bereich ist es zu einer Verschärfung der aktuellen Geschäftslage gekommen. 17,6 Prozent (Vorbericht 21,1 Prozent, Vorjahr 45,2 Prozent) gehen von einer aktuell guten Geschäftslage aus. 37,8 Prozent (Vorbericht 46,5 Prozent, Vorjahr 43,5 Prozent) der Industriebetriebe stufen ihre gegenwärtige Lage als befriedigend ein.

Die Investitionsgüterproduzenten, die häufig als Konjunkturfrühindikator bezeichnet werden, melden einen Klimaindex von 69,9 Punkten (Vorbericht 58,4 Punkte, Vorjahr 127,8 Punkte). Die gegenwärtige Lage dieser Branche wird wie folgt beschrieben. 20,5 Prozent (Vorbericht 32,6 Prozent, Vorjahr 57,9 Prozent) gehen von einer aktuell guten Auftragslage aus. 34,1 % (Vorbericht 39,5 Prozent, Vorjahr 39,5 Prozent) gehen von einer aktuell befriedigenden Lage aus. 45,5 Prozent (Vorbericht 27,9, Vorjahr 2,6 Prozent) beurteilen ihre gegenwärtige Lage als schlecht. Die Zunahme der schlechten Einschätzung spricht Bände.

Das Baugewerbe meldet sehr heterogene Zahlen. Hier findet man sowohl verhaltenen Optimismus, wie auch Pessimismus. Der IHK-Klimaindex liegt bei 78 Punkten (Vorbericht 55,2 Punkte, Vorjahr 107,3 Punkte). Das Baugewerbe bezeichnet mit 29,4 Prozent (Vorbericht 6,3 Prozent, Vorjahr 33,3 Prozent) die gegenwärtige Lage als gut. 35,3 Prozent (Vorbericht 68,8 Prozent, Vorjahr 55,5 Prozent) sehen eine befriedigende aktuelle Auftragslage. 35,3 Prozent (Vorbericht 25,0 Prozent, Vorjahr 11,1 Prozent) beurteilen die gegenwärtige Lage als schlecht. Hier hat scheinbar der branchenübliche Saisonanstieg stattgefunden. Gerade der lange und harte Winter hatte dieser Branche zusätzliche Probleme bereitet.

Wenn überhaupt jemand zu den „Gewinnern“ in der aktuellen Umfrage zu zählen ist, dann ist es überraschenderweise der Einzelhandel. Hier zeigt sich eine signifikante Steigerung im IHK-Klimaindex. Der IHK-Klimaindex beläuft sich auf für den Einzelhandel gute 96,6 Punkte (Vorbericht 69 Punkte, Vorjahr 93,1 Punkte). Dies korrespondiert mit dem GfK-Konsumklima-Index, der ebenfalls insbesondere im Hinblick auf Anschaffungsneigung deutlich im positiven Bereich liegt.

Der Großhandel hingegen meldet katastrophale Zahlen. Der aktuelle IHK-Klimaindex von 49,3 Punkten (Vorbericht 55,3 Punkte, Vorjahr 88,9 Punkte) pendelt um historische Tiefstände. Sage und schreibe 0,0 Prozent der Großhändler beschreiben ihre aktuelle Lage als gut. 58,3 Prozent sehen eine befriedigende aktuelle Geschäftslage und 41,7 Prozent der nordhessischen Großhändler beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht. Dies bestätigen auch aktuelle Berechnungen des statistischen Bundesamtes. Im ersten Quartal setzte die Branche 12,6 Prozent weniger um als vor einem Jahr, wie das Statistische Bundesamt am 30. April mitteilte. Bereinigt um Preisveränderung lag das Minus (real) bei 7,2 Prozent. Einbußen musste vor allem der Großhandel mit Rohstoffen, Halbwaren und Maschinen hinnehmen. Hier summierte sich das Minus nominal auf gut 17 Prozent. Dabei dürfte der Rückgang der Rohstoffpreise eine große Rolle gespielt haben.

Ähnlich schwache Daten meldet das Gastgewerbe. Hier liegt der IHK-Klimaindex bei 60,3 Punkten (Vorbericht 83,9 Prozent, Vorjahr 73,5 Prozent). 9,7 Prozent (Vorbericht 25,0 Prozent, Vorjahr 11,8 Prozent) der Gastronomen beurteilen die gegenwärtige Lage als gut. 61,3 Prozent (Vorbericht 62,5 Prozent, Vorjahr 47,1 Prozent) gehen von einer befriedigenden aktuellen Lage aus. 29,0 Prozent (Vorbericht 12,5 Prozent, Vorjahr 41,2 Prozent) beurteilen die gegenwärtige Lage als schlecht.

Dass das Verkehrsgewerbe unter dem konjunkturellem Einbruch besonders leidet, liegt auf der Hand. Verschärfend kommen hier administrative bürokratische Hemmnisse (LKW-Maut, Fahrverbote etc.) hinzu. Der IHK-Klimaindex liegt in dieser sogenannten nordhessischen Clusterbranche bei nur 59,8 Punkten (Vorbericht 67,1 Punkte, Vorjahr 90,0 Punkte).

Die unternehmensbezogenen Dienstleitungen (z.B. Werbung, IT) verzeichnen ebenfalls einen Rückgang im IHK-Klimaindex. 72,4 Punkte (Vorbericht 89,8 Punkte, Vorjahr 122,6 Punkte) stehen hier zur Debatte.

Zukünftige Lage
Die letzte Umfrage der IHK Kassel zeigte eine besondere Skepsis hinsichtlich der zukünftigen Erwartung. Die Bestätigung der Annahmen zeigte sich in der Beschreibung der gegenwärtigen Lage. Diesmal zeigt sich eine kleine, aber vorsichte Trendwende. Die zukünftige Geschäftslage wird besser eingeschätzt als in der letzten Befragung. Ist es die Hoffnung, die bekanntlich zuletzt stirbt? Oder gibt es tatsächlich erste ernsthafte Indizien zum Besseren?

Über alle Branchen hinweg zeigt sich folgendes Bild hinsichtlich der zukünftigen Geschäftslage. 12,0 Prozent (Vorbericht 4,8 Prozent, Vorjahr 18,9 Prozent) gehen von eher günstigen zukünftigen Geschäftslage aus. 40,6 Prozent (Vorbericht 38,5 Prozent, Vorjahr 60,4 Prozent) gehen von einer gleichbleibenden konjunkturellen Entwicklung aus. 47,5 Prozent (Vorbericht 56,7 Prozent, Vorjahr 20,8 Prozent) aller nordhessischen Unternehmer gehen einer eher ungünstigen zukünftigen Geschäftslage aus.

Dieser Trend, nämlich der Rückgang der Pessimisten, zeigt sich für fast alle Branchen. Einzig das Gastgewerbe liefert schlechtere Prognosen hinsichtlich der zukünftigen Erwartung, als im Vorbericht.

Geplante Investitionen
Kontinuierlich verschlechtern sich die Daten hinsichtlich der Investitionstätigkeit der nordhessischen Unternehmer. 11,1 Prozent (Vorbericht 14,6 Prozent, Vorjahr 26,1 Prozent) der Unternehmer gehen von einer zunehmenden Investitionstätigkeit aus. 45,8 Prozent (Vorbericht 47,1 Prozent, Vorjahr 51,0 Prozent) gehen von einer gleichbleibenden Investitionstätigkeit aus. 43,1 Prozent (Vorbericht 38,3 Prozent, Vorjahr 23,0 Prozent) gehen von einer abnehmenden Investitionstätigkeit aus.

Exportvolumen
Drastische Einbrüche sind beim Exportvolumen zu verzeichnen. Es hat den Eindruck, dass komplette Märkte wegbrechen. 13,0 Prozent (Vorbericht 12,1 Prozent, Vorjahr 46,7 Prozent) gehen von einem steigendem Exportvolumen aus. 38,0 Prozent (Vorbericht 52,3 Prozent, Vorjahr 49,5 Prozent) der nordhessischen Unternehmen gehen von einem gleichbleibenden Exportvolumen aus. Ganze 49,1 Prozent (Vorbericht 35,5 Prozent, Vorjahr 3,8 Prozent) gehen von einem fallenden Exportvolumen aus.

Erwartete Beschäftigtenzahl
5,5 Prozent der nordhessischen Unternehmer gehen von einer ansteigenden Beschäftigtenzahl aus. 62,5 Prozent gehen von einem gleichbleibenden Beschäftigungsniveau aus und 32,0 Prozent gehen von einem Rückgang des Beschäftigungsniveaus aus.

Fazit:
Es ist sehr schwer positive Signale zu interpretieren. Die Krise ist da und ist selbstverständlich auch in Nordhessen angekommen. Gerade die „Konjunkturlokomotive“ Industrie leidet unter dem drastischen Einbruch des Außenhandels. Ein bundesweiter Rückgang im ersten Quartal 2009 um 20,9 Prozent spricht Bände. Leere Containerterminals im Hamburger Hafen sind Ausdruck dieser Krise. Insbesondere osteuropäische Märkte sind deutlich rückläufig.

Bisher konnte mit Hilfe des Kurzarbeitergeldes eine deutliche negative Arbeitsmarktentwicklung immerhin etwas abgefangen werden. Der noch intakte private Konsum könnte durch eine zunehmende Verschlechterung am Arbeitsmarkt im späten Jahr 2009 ebenfalls eine Verschlechterung erfahren.

Die Konjunkturpakete 1 und 2 müssen jetzt ihre Wirkung entfalten. Bürokratische Hemmnisse dürfen die Pakete nicht konterkarieren. Leider hat die Bundesregierung auf eine deutliche Senkung der Mehrwertsteuer verzichtet. Die sog. Abwrackprämie hat Teile des Kfz-Gewerbes kurzfristig gestützt. Die langfristigen Auswirkungen dieser Maßnahme sind allerdings skeptisch zu betrachten.

Die EZB hat den Zins für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte der Banken auf 1 % gesenkt. Zukünftig bietet die EZB langfristige Refinanzierungsgeschäfte an (über zwölf Monate). Zudem wird die EZB zukünftig auf Euro lautende besicherte Anleihen ankaufen, um den Markt zu beleben. Diese Maßnahmen unterstützen den Bankensektor und könnten die vielzitierte Kreditklemme vermeiden.

Zusatzfragen des DIHK:

Unternehmensfinanzierung

Welche Erfahrungen macht Ihr Unternehmen mit seinen Finanzierungskonditionen im Vergleich zum Vorjahr?

9,8 Prozent                Verbessert
62,5 Prozent                Gleich geblieben
25,5 Prozent                Verschlechtert
2,7 Prozent                Kredite nicht verlängert/abgelehnt

Falls verschlechtert, bei (Mehrfachnennungen möglich)

56,9 Prozent                Zinsen
50,0 Prozent                Sicherheiten
13,9 Prozent                Laufzeiten
36,1 Prozent                Dokumentationspflichten
25,0 Prozent                Bearbeitungszeiten
15,3 Prozent                Eigener Finanzierungsanteil
25,0 Prozent                Kreditversicherungen

Was sollte das Land Hessen aus Ihrer Sicht an Maßnahmen durchführen, um die Konjunktur zu stützen? (Mehrfachnennungen möglich) …

55,9 Prozent                Mehr Investitionen in Infrastruktur
1,5 Prozent                Beteiligung an Unternehmen
26,4 Prozent                Übernahme von Bürgschaften
52,5 Prozent        Beschleunigtes Genehmigungsverfahren bei Projektvorhaben
7,3 Prozent                Keine Maßnahmen des Landes Hessen
6,9 Prozent                Weiß nicht
6,9 Prozent                Sonstiges