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Ausbildungsbilanz: Angebot und Nachfrage ausgeglichen

Kassel. Nordhessens Unternehmen in Handel und Industrie, Dienstleistung und Handwerk stehen in den kommenden Jahren vor massiven Änderungen auf dem Ausbildungsmarkt. Das ist die Quintessenz der Auswertung der gerade zu Ende gegangenen Akquisekampagne für neue Ausbildungsstellen. Arbeitsagentur Kassel, Handwerkskammer Kassel und IHK Kassel stellten der Öffentlichkeit ihre Bilanzzahlen im Rahmen des Nationalen Ausbildungspaktes 2009 vor und kamen zum übereinstimmenden Schluss: „Der Markt hat sich in den zurückliegenden zwei Jahren komplett geändert. Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage ist geschlossen. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung, der Ausbildungsreife von Jugendlichen und dem Drang der  geburtenstarken Jahrgänge nach alternativen beziehungsweise universitären Ausbildungen, stellt sich die Frage nach der künftigen Versorgung unserer Betriebe mit geeigneten Fachkräften klar und deutlich“,  fasste IHK-Ausbildungschef Jürgen Peters die übereinstimmende Auffassung der drei Partner zusammen.

IHK Kassel: Ergebnis entspricht Erwartungen
Die IHK Kassel ist mit dem Ergebnis weitgehend zufrieden: „Das Ergebnis von minus 8,5 Prozent im IHK-Bezirk Nordhessen und minus 7,8 Prozent in Stadt und Landkreis Kassel entspricht unseren Erwartungen, liegt es doch aus den genannten Gründen im zu  Beginn des Jahres prognostizierten Zielkorridor“, erläutert Peters das Ergebnis: „Wir haben es in etwa so erwartet, weil die Zahl der Bewerber zurückgegangen ist und zudem ein deutlicher Trend zu alternativen Ausbildungen wie dem Studium zu verzeichnen ist“. Wichtig sei ihm aber vor allem die Feststellung, so Peters, dass die Ausbildungsbereitschaft der IHK-zugehörigen Unternehmen in keiner Weise nachgelassen habe: „Dafür haben wir keinerlei Anzeichen.“.

Handwerkskammer Kassel: Ausbildungsbereitschaft nach wie vor hoch
Auch im Handwerk ist die Ausbildungsbereitschaft nach wie vor hoch. Daran ändere auch ein Rückgang der Zahl der Lehrverträge nichts, der sich momentan für den gesamten Kammerbezirk auf -11,7 Prozent, für die Stadt Kassel auf -0,1 Prozent und den Landkreis Kassel auf -13 Prozent beläuft. „Bereits im zweiten Jahr in Folge konnten nicht alle Stellen im Handwerk besetzt werden, da geeignete Bewerber auf Grund der demografischen Entwicklung fehlen“, berichtete Ursula Lange, bei der Handwerkskammer Kassel zuständig für die berufliche Bildung. Damit stelle sich die Frage der Fachkräfte neu. Ihr Appell an die Betriebe lautet darum: „Nur Ausbildung sichert die Zukunft. Das gilt für junge Menschen wie für Handwerksbetriebe. Jeder Betrieb, der  jetzt ausbildet, sichert die Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit seines Betriebes auch über die gegenwärtige Krise hinaus und braucht sich morgen um seine Fachkräfte keine Sorgen machen“. Kein Mitarbeiter könne den betrieblichen Anforderungen so weitgehend entsprechen, wie der selbst ausgebildete.  Dass die Betriebe dies auch so sehen, zeige eine Ausbildungsquote, die konstant bei zehn Prozent liegt. Langes Appell an die Bewerber:  „Junge Menschen sollten sich verstärkt im Handwerk  orientieren, weil es vielfältige Karrierechancen bietet. Allerdings sollten sich die Bewerber nicht nur auf einen Beruf festlegen, sondern das gesamte Berufsfeld im Auge halten“.

Arbeitsagentur Kassel:  Folgen des demographischen Wandels
„Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung in der Region Nordhessen nahmen viele Betriebe ihre Verantwortung im dualen System der betrieblichen Ausbildung ernst“, erklärt Detlef Hesse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Kassel und fügt an, dass von der Ausbildung und Qualifizierung unserer Jugend die Innovationskraft der Wirtschaft und der Gesellschaft abhängt. Aus diesem Grund kommt der dualen Berufsausbildung eine herausragende Bedeutung für die Sicherung des Fachkräftenachwuchses zu. Insbesondere, weil in der weiteren Zukunft die demografisch bedingten Herausforderungen für die Fachkräfteentwicklung noch zunehmen.

Von Oktober 2008 bis September 2009 sind der Ausbildungsvermittlung der Agentur für Arbeit Kassel insgesamt 4.102 Ausbildungsstellen gemeldet worden, 14 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Von diesen insgesamt gemeldeten Stellen waren 3.284 betriebliche und 818 außerbetriebliche Stellen. Neben dem Rückgang an gemeldeten betrieblichen Stellen von insgesamt 11,3 Prozent ist auch die Zahl der außerbetrieblichen Stellen um 23,5 Prozent gesunken.  Ende September waren 74 Ausbildungsstellen noch unbesetzt. Das waren 45,1 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.  Im Verlauf des Berichtsjahres haben 4.825 Bewerber die Ausbildungsvermittlung bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle eingeschaltet, 17,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.  Gründe hierfür sieht Hesse unter anderem in dem Bestreben der Jugendlichen nach einem höherwertigen Schulabschluss. Zudem haben sich die Suchwege der Jugendlichen verändert. Häufig finden Jugendliche auch ohne Einschaltung der Ausbildungsvermittlung über das Internet bzw. über die Homepage der Firmen eine Lehrstelle.

Am Ende des Berufsberatungsjahres waren 42 Bewerber noch unversorgt, 71,4 Prozent weniger als im Berichtsjahr 2007/ 2008.  2.154 Bewerber sind in Ausbildung eingemündet, 910 Bewerber haben sich für einen weiteren Schulbesuch, Studium  oder Praktikum entschieden und 509 für eine weitere Qualifizierung (zum Beispiel  berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme). Weitere 209 haben eine Arbeit aufgenommen. Rein rechnerisch ergibt sich daraus eine Relation von unbesetzten Berufsausbildungsstellen je unversorgtem Bewerber von 1,76. Der 30. September ist aber nicht der Schlusspunkt für die Vermittlungsaktivitäten.  Den zurzeit unversorgten Bewerbern werden im Rahmen der Nachvermittlungsaktion gemeinsam mit den Partnern am Ausbildungsmarkt in den Monaten Oktober bis Ende November noch Angebote unterbreitet. (red)