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Hella Böker und Harry Geier starten wieder für die MT

Melsungen. Bei den Landes-Hallenmeisterschaften der Senioren, die am Wochenende in Stadtallendorf ausgetragen werden, gehen mit Hella Böker und Harry Geier zwei hoch dekorierte Leichtathleten an den Start.  Beide Seniorensportler kehrten am Ende der Saison 2009 zu ihrem Stammverein, der Melsunger Turngemeinde zurück, für die sie vorher bereits über zehn Jahre aktiv waren.

Mit Selbstdisziplin und Zielstrebigkeit haben beide Athleten die höchsten sportlichen Ziel in der Senioren-Leichtathletik erreicht. Sowohl Hella Böker als auch Harry Geier standen bei den Weltmeisterschaften mehrmals bei der Siegerehrung auf dem obersten Treppchen und setzten in den letzten Jahren immer wieder nachahmenswerte Zeichen für Leistungsbereitschaft und Leistungswillen. Aber auch Fairness und Achtung für den Anderen zeichneten die beiden Ausnahmekönner der hessischen Senioren-Leichtathletik besonders aus.

Harry Geier begann seine sportliche Betätigung in der Leichtathletik nicht mit einem Sprint, Sprung oder Wurf. Er versuchte sich zunächst auf der Marathonstrecke. Mit 44 Jahren legte er beim Schwarzwald-Marathon 1979 die 42,196 Kilometer in 3:08,46 Stunden zurück.  Zwei Jahre später blieb er beim Frankfurt Marathon bereits mit 2:58,50 Stunden zum ersten Mal unter der heute noch begehrten Drei-Stunden-Marke. Dann sattelte der Juwelier auf die kürzeren Strecken um und verbesserte 1983 bei den deutschen Seniorenmeisterschaften mit 56,02 Sekunden den Hessenrekord über 400 der M50.

1991 gewann er im Nationaltrikot bei der Senioren-WM mit der 4x400m-Staffel seine erste Goldmedaille. Bei Starts in Australien, Japan, Südafrika und in vielen Ländern Europas sammelte er Medaillen wie andere Briefmarken. In den Jahren 2001 bis  2008 wurde Harry Geier vierfacher Senioren-Weltmeister und sechsfacher Europameister.  Von 2005 von 2007 wurde er dreimal Deutscher Meister in Folge. Die Landes-Hallenmeisterschaften in Stadtallendorf sollen für den rüstigen Senior-Chef  des Melsunger Uhren- und Schmuckgeschäftes „Seeger“ nur Vorbereitung für die deutschen Senioren-Hallenmeister-schaften sein, die im Februar in Sindelfingen zur Austragung kommen.  „Dennoch möchte ich in Stadtallendorf sowohl im Sprint über 60 Meter, als auch über die 200 und die 400 Meter eine Medaille erreichen“, sagte Harry Geier, der durch das winterliche Wetter in den letzten beiden Wochen auf seine Läufe im Melsunger Waldstadion notgedrungen verzichten musste.

Hella Böker nahm einen anderen Weg. Sie gehörte bereits in ihrer Jugendzeit zur Weltspitze.  Als Vierzehnjährige trat sie unter ihrem Mädchennamen Hella Ulbricht im August 1955 der Leichtathletik-Sektion von Espenhain bei Leipzig ein. Grundlage und Inhalt ihrer Trainingsarbeit war eine allgemeine körperliche Ausbildung mit dem Ziel einer späteren Spezialisierung im Diskuswerfen und Kugelstoßen. Nicht weniger als fünfmal verbesserte sie den deutschen Jugendrekord, und am 10. Jahrestag der DDR gelang es ihr, mit 50,22 Meter einen neuen Jugend-Weltrekord aufzustellen. Am 1. April 1960 wurde sie zur DHfK Leipzig delegiert. Höhepunkt ihrer Leistungssportkarriere war sicherlich die Teilnahme an den Europameisterschaften 1962 in Belgrad.

Nach ihrer Ausreise in die Bundesrepublik schloss sie sich 1987 der Melsunger Turngemeinde an und spielt seit 1988 in den Wurfwettbewerben der deutschen Seniorinnen eine Hauptrolle. Allerdings interpretiert sie diese fast einseitig, denn sie blieb stets zurückhaltend. Die Rolle der Selbstdarstellerin hatte ihr nie gelegen und große Reden waren nie ihr Fall. Sie überzeugte in all den Jahren mit Leistung, Leidenschaft, Willensstärke und Erfolg. Sie  erlebte im Sport viele schöne Momente, musste aber auch Rückschläge wegstecken, an denen andere vielleicht zu Grunde gegangen wären. Nach ihren beiden Achilles-Sehnenabrissen durchlebte sie Wochen zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Freude und Frust.  Aber nachdem sie diese schweren Verletzungen auskuriert hatte,  trainierte sie weiter und kam noch motivierter auf die sportliche Bühne zurück. 1988 gewann sie in Oldenburg ihre erste deutsche Seniorenmeisterschaft im Diskuswerfen der Altersklasse W45. Bis zum Ende des Jahres 2009 waren es insgesamt 20 nationale Titel in der Leichtathletik; hinzu kommen noch unzählige Meisterschaften im Rasenkraftsport.

Die Senioren-Europameisterschaften 1996 in Malmö bescherten Hella zum ersten Mal „Gold“ im Werfer-Fünfkampf mit dem neuen Europarekord von 3 917 Punkten. Diesen Titel konnte sie in den Jahren 2000 (Jyväskylä), 2002 (Potsdam), 2004 (Aarhus) und 2006 (Poznan) fünfmal in Folge gewinnen.  Auch bei der Senioren-WM war sie erfolgreich und sicherte sich elf Medaillen. Höhepunkte waren die Siege bei der Winterwurf-WM im Jahr 2004 in Sindelfingen, wo sie sich in der W60 im Hammer- und Gewichtwerfen souverän durchsetzen konnte.

In Stadtallendorf geht Hella Böker im Kugelstoßen der W65 an den Start und hofft, dass sie mit der 3kg-Kugel an die Neun-Meter herankommen wird.

EUGEN  ROTH hat einmal in einem humorvollen Gedicht die Erkenntnis vermittelt, dass die Wünsche im Laufe der Zeit bescheidener werden. Er schrieb „Ein Mensch erhofft sich fromm und still, dass er einst das kriegt, was er will. Bis er dann doch dem Wahn erliegt und schließlich das will, was er kriegt“ Diese Aussage trifft für die beiden Melsunger Oldies nicht zu.  Sie bekamen bisher das, was sie sich vor Saisonbeginn wünschten, und dass soll auch so bleiben. (ajw)