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Gleichstellung in Arbeitswelt noch nicht erreicht

Gewerkschaften zum Internationalen Frauentag

Nordhessen. In der Arbeitswelt ist die Gleichstellung von Frauen und Männern nach Ansicht des nordhessischen DGB noch nicht erreicht. Noch immer seien die Ausbildungs- und Berufswege der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch traditionelle Rollenbilder geprägt. Das führe bei der Berufswahl dazu, dass Frauen in technischen Berufen nach wie vor unterrepräsentiert seien, sagte die Frauen-Sekretärin des DGB Nordhessen, Petra Vogel-Huff, am Freitag in Kassel.

Zahlen belegen traditionelle Berufswahl in Nordhessen
So sind im Bereich der Handwerkskammer Kassel von 8.433 neuen Ausbildungsverträgen im Jahr 2009 laut Ausbildungsstatistik nur rund 1.900 von Frauen abgeschlossen worden. Sie sind zudem überwiegend im kaufmännischen Bereich zu finden. Auch die aktuellen Zahlen der Industrie- und Handelskammer Kassel belegen laut DGB die traditionelle Berufswahl. In den gewerblichen Ausbildungsberufen waren im Jahr 2009 demnach von 5.598 neuen Azubis nur 600 weiblich.

Kindererziehung häufig durch Frauen
Zudem werde die Kindererziehung wegen des vorherrschenden Rollenverständnisses häufig von Frauen übernommen. Hier versuchten Betriebs- und Personalräte, die Arbeitsorganisation in den nordhessischen Betrieben so zu verändern, dass das Erziehen von Kindern und die Pflege von Angehörigen mit der Ausübung eines Berufes vereinbar werde.

Dabei seien die Unternehmen gefordert, mehr Einsatz beispielsweise für die Kinderbetreuung zu zeigen. „Die Betriebe sollten deutlich mehr Mittel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereitstellen“, sagte der nordhessische DGB-Regionsvorsitzende Michael Rudolph.

Kooperation von Betrieben und Kommunen bei Kinderbetreuung
Zwar seien vor allem in nordhessischen Großunternehmen wie K+S, SMA oder Wintershall bereits betriebseigene Kindertagesstätten vorhanden. Kleine oder mittelgroße Betriebe hätten aber allein nicht genug Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um eigene Einrichtungen betreiben zu können. „Hier kann eine verstärkte Kooperation zwischen kommunalen Kindertagesstätten und Betrieben ein Ausweg sein“, sagte Rudolph.

Elternzeit für Männer in vielen Betrieben kritisch betrachtet
Außerdem müsse die betriebliche Akzeptanz von Freistellungen für Kindererziehung und Pflege verbessert werden. Dies gelte insbesondere für Männer, die in Elternzeit gehen möchten. „Das ist noch immer die große Ausnahme und wird in vielen Betrieben sehr kritisch gesehen“, sagte DGB-Sekretärin Petra Vogel-Huff.

In der Pflicht sieht der Gewerkschaftsbund aber auch die öffentliche Hand. Rudolph forderte Bundes- und Landesregierung auf, ihren finanziellen Verpflichtungen bei der Verbesserung und Ausweitung der Kinderbetreuung ohne Verzögerung nachzukommen.

Arbeitnehmervertreterinnen arbeiten für konkrete Veränderungen
Für Fortschritte bei der Gleichstellung ist laut DGB der Einsatz von Arbeitnehmervertretungen unverzichtbar. Zahlreiche Betriebs- und Personalräte der DGB-Gewerkschaften setzten sich in Nordhessen für konkrete Veränderungen in den Betrieben ein.

„Erfolge gibt es dabei nur in kleinen Schritten und bei langem Atem“, sagte die Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der Stadt Kassel, Uta Mootz (ver.di). Von den Arbeitgebern müsse man einfordern, dass Frauen ermutigt werden, sich für technische Berufe zu bewerben. Zudem müssten Berufe, in denen vor allem Frauen arbeiten, besser bezahlt und höher angesehen werden.

Durch die Mitbestimmungsarbeit könne man im Betrieb viel erreichen, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrats von B. Braun in Melsungen, Doris Pöllmann (IG BCE). „Gerade die Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen ist ein wesentlicher Punkt, um jungen Müttern das Arbeiten zu ermöglichen und eine Wahl zu geben“, sagte Pöllmann. Sie beobachte aber auch, dass sich immer noch viele Frauen an alte, ihnen zugedachte Rollenmuster hielten. „Es gilt aber auch für Männer: Ihr könnt auch die Kindererziehung übernehmen“, ergänzte der DGB-Vorsitzende Michael Rudolph.

Aufruf zum Bewerben in technischen Berufen
Die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei Volkswagen in Baunatal, Renate Müller (IG Metall), rief junge Frauen, die technisch interessiert sind, auf, sich für eine Ausbildung in ihrem Unternehmen zu bewerben. „Bei VW sind junge Frauen willkommen“, sagte Müller. Auf der Grundlage der Vereinbarung „Grundsätze zur Frauenförderung“ zwischen Betriebsrat und Unternehmen sei es gelungen, den Anteil von Frauen in allen Bereichen des Unternehmens zu erhöhen. „Das gilt von der beruflichen Erstausbildung, insbesondere in gewerblich-technischen Bereichen, bis hin zum Management“, sagte Müller.

So seien 23 Prozent der Auszubildenden in gewerblichen-technischen Berufen im Werk Kassel junge Frauen. „Das ist ein wichtiger Meilenstein, aber es muss weitergehen“, sagte sie.

Zahlreiche Frauen arbeiten in der Mitbestimmung in Nordhessen
Bei den derzeit laufenden Betriebsratswahlen kandidieren in Nordhessen zahlreiche Frauen für Ämter in der Mitbestimmung. „In Betriebsräten können die Frauen direkt mitreden, Vorschläge einbringen und konkrete Verbesserungen für die Menschen erreichen“, sagte DGB-Sekretärin Vogel-Huff. Eine hohe Wahlbeteiligung und die Unterstützung für kandidierende Frauen seien eine Möglichkeit für alle Beschäftigten, selbst für die Gleichstellung aktiv zu werden. (red)