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IHK präsentiert Standortatlas für Nordhessen

Fachkräftebedarf und Unternehmerfreundlichkeit stehen im Fokus

Kassel. Den ersten umfassenden Standortatlas für Nordhessen hat die Industrie- und Handelskammer Kassel (IHK) am gestrigen Abend vorgestellt. Wesentliche Erkenntnisse der Studie „Standortfaktoren in Nordhessen und Marburg“: Insbesondere die Bereiche Unternehmerfreundlichkeit und Fachkräftebedarf stehen im Fokus. IHK-Präsident Dr. Martin Viessmann,  IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Walter Lohmeier und Ulrich Spengler, Geschäftsführer im Bereich Standortpolitik, Starthilfe und Unternehmensförderung, stellten die Stärke Schwächen-Analyse und damit verbundene Handlungshinweise vor. „Unser gesamtes regional- und wirtschaftspolitisches Handeln zielt darauf ab, die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Region fortlaufend zu verbessern“, sagte Dr. Viessmann. „Mit der Studie möchten wir die Bewertung der Standortfaktoren auf eine breitere und verlässlichere Basis stellen.“

Standortfaktoren entscheiden über die Attraktivität einer Region für ansässige Unternehmen, potenzielle Investoren und Fachkräfte. Soweit wie möglich werden im ersten Standortatlas für Nordhessen die einzelnen Landkreise und die Region Kassel (Stadt und Landkreis Kassel) Daten bewertet. Ergänzend fließen die Ergebnisse einer Unternehmensumfrage ein, um die vorhandenen Daten an der gelebten Wirklichkeit zu spiegeln. 262 Betriebe schickten ihre Antworten. Im Zwei-Jahres-Rhythmus werden die Ergebnisse aktualisiert und die Studie auf diese Weise fortgeführt. Den ausführlichen Standortatlas finden Sie auf der Startseite der IHK Kassel unter www.ihk-kassel.d.

Wesentliche Ergebnisse
Kein einheitliches Bild für den IHK-Bezirk: Zwischen den Teilregionen und Landkreisen, Stärken und Schwächen gibt es deutliche Unterschiede. Gemeinsam haben alle Teilregionen und damit der Bezirk der IHK Kassel positive Werte für die Standortfaktoren Umweltqualität, Verfügbarkeit von Clustern und Netzwerken sowie Lohnkostenniveau. Mit einzelnen Ausnahmen gilt dies auch für die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen und Fördermitteln, das Bildungs-, Erholungs-, Kultur- und Freizeitangebot.

Bilanz nach Regionen
Die Region Kassel kann in der Summe mit guten Standortfaktoren aufwarten, hat lediglich ein Minus durch die erhöhten Entsorgungskosten. Für den Landkreis Hersfeld-Rotenburg und den Altkreis Marburg ergibt sich bei Betrachtung der Standortfaktoren ein positives Bild, wobei Marburg von den Vorteilen eines Oberzentrums und der Universität profitiert und Hersfeld-Rotenburg von der guten Verkehrsanbindung in Verbindung mit der zentralen Lage. Der Schwalm-Eder-Kreis präsentiert sich insgesamt ausgewogen mit den Vorteilen einer ländlichen Region in Form günstigen Lohnniveaus, verfügbarer Gewerbeflächen und einer hohen Umweltqualität. Im Werra-Meißner-Kreis und in Waldeck-Frankenberg gibt es neben zahlreichen positiven Standortfaktoren auch deutliche Aufgaben für die Zukunft. Sie liegen insbesondere im Bereich der Verkehrsinfrastruktur, in Waldeck-Frankenberg zusätzlich auch in der Versorgung mit hochwertigen Datenleitungen und Forschungseinrichtungen.

Die wichtigsten Standortfaktoren
Bei der Befragung nach der Bedeutung der Standortfaktoren wurden DSL/Telekommunikation und Unternehmerfreundlichkeit der Verwaltung am höchsten bewertet (hohe und sehr hohe Bedeutung). Es folgt die Straßenin­frastruktur, Höhe von Abgaben, Steuern und Lohnkosten sowie die Verfügbarkeit von Fachkräften. Sehr niedrig werden in ihrer Bedeutung die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen und Forschungseinrichtungen sowie die Schieneninfrastruktur beurteilt.

Werden die verbesserungsbedürftigen Standortfaktoren gespiegelt an der Bedeutung, die ihnen in der Umfrage von den Unternehmen zugemessen wird, verstärkt sich der Handlungsdruck nochmals insbesondere in Bezug auf die Straßenanbindung, die DSL-Versorgung und den Fachkräftemangel in der Region. Da auch einer unternehmerfreundlichen Verwaltung eine hohe Bedeutung beigemessen wird (Standortfaktor Bürokratie), bestehen hier gerade auf kommunaler Ebene Möglichkeiten, sich erfolgreich vom Wettbewerb abzusetzen. In Anbetracht der Wichtigkeit, die auch der Steuer- und Abgabenlast durch die Unternehmen beigemessen wird, gibt es auch hier für den kommunal zu verantwortenden Teil Spielräume zur Beeinflussung dieses bisher nur mittelmäßig beurteilten Standortfaktors mit den daraus sich ergebenden Wettbewerbsvorteilen.

Perspektive
Perspektivisch ist insbesondere in den ländlich geprägten Regionen Nordhessens der Fachkräftemangel als Folge des demografischen Wandels eine Herausforderung, der sich die gesamte Region stellen muss. Ein Schlüssel könnte hier auch die Schaffung und Aufwertung des Images der Teilregionen und des Gesamtraumes sein. Überhaupt sind die durch geeignete Maßnahmen zu verbessernden Standortfaktoren durchweg nur mittel- bis langfristig zu beeinflussen.

Thesen zur und Konsequenzen aus der Standortstudie

a) Eine hochwertige Verkehrsinfrastruktur ist unverzichtbar für den Erfolg einer Region, unter anderem muss Nutzung von Bundesstraßen muss für Anlieger ohne Ausnahme frei.
b) Die Breitbandversorgung hat den Rang von Straße und Schiene, unter anderem sind alle in der Fläche bestehenden hochwertigen Datenleitungen einzubeziehen.
c) Gut ausgebildete Fachkräfte sind zunehmend wichtige Erfolgsfaktoren – besonderer regionaler Handlungsbedarf durch demographischen Wandel. Unter anderem muss die Wirtschaft in den Schulen eine größere Rolle spielen, insbesondere zur frühzeitigen vorbereitenden Berufswahl.
d) Forschungs(-transfer)einrichtungen bieten die Chance, Wettbewerbsvorteile zu generieren, unter anderem durch den Ausbau der Forschungslandschaft durch An-Institute oder Anwenderzentren.
e) Unternehmerfreundlichkeit der Verwaltung verbessern, Ziel unter andrem Modellregionen „Bürokratieabbau“ zu schaffen.
f) Das Image Nordhessens/Mittelhessens ist nicht „unantastbar“, unter anderem Entwicklung von Image-Kampagnen zum Halt und zur Anwerbung von Fachkräften.
g) Cluster/Netzwerke, unter anderem Analyse, ob weitere Cluster (Heißkanaltechnik, Pharma etc.) entwickelt werden können.