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Über 3.500 demonstrierten für gerechte Löhne und starken Sozialstaat

Nordhessen. Über 3.500 Menschen haben am 1. Mai in Nordhessen für gute Arbeit, gerechte Löhne und einen starken Sozialstaat demonstriert. Die größte Kundgebung fand mit über 2.000 Menschen in Kassel statt. Weitere Kundgebungen gab es in Frankenberg, Borken, Melsungen, Lohfelden, Treysa, Phillippsthal und Eschwege.

„Schwarz-gelb belastet Kommunen und Geringverdiener
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Frank Werneke, warnte in Kassel vor den Folgen der von der Bundesregierung geplanten Reform der Einkommenssteuer. Schon die Steuergeschenke für Hotelbesitzer und Vermögende hätten die Kommunen 1, 4 Milliarden Euro gekostet und damit das Gemeinwesen geschwächt.

Die Pläne der Bundesregierung würden laut Werneke erneut weniger Geld für Bildung, Kultur und Nahverkehr bedeuten. „Höhere Eintrittsgelder, höhere Fahrpreise und höhere Ausgaben: Das ist die Wirklichkeit der Politik, die alles verspricht, aber nur wenigen etwas gibt“, sagte Werneke bei der Kundgebung in Kassel.

Casino muss geschlossen werden
Werneke kritisierte, die verantwortlichen Politiker hätten keine ausreichenden Konsequenzen aus der Krise des Finanzmarkts gezogen. „Alles nur Sonntagsreden!“, rief er. Es gebe nach wie vor keine wirksame Kontrolle der Finanzmärkte. Die Verursacher der Krise sollten nun auch für die Folgen zahlen, forderte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende.

Schluss mit Hungerlöhnen
Angesichts geringer Löhne und dem steigenden Einsatz von Leiharbeitnehmern verlangte Werneke, es müsse Schluss sein mit Hungerlöhnen. „Die Menschen müssen von ihrer Arbeit auch leben können“, sagte er. In keinem anderen europäischen Land wachse der Niedriglohnsektor so schnell wie in Deutschland. „Das schadet den Menschen, den Sozialkassen und der Qualität der Arbeit in Deutschland“, sagte der Gewerkschafter.

Logistik-Branche: Zu geringe Löhne
Der nordhessische DGB-Regionsvorsitzende Michael Rudolph kritisierte das zu geringe Lohnniveau in der für die Region wichtigen Logistik-Branche. „Dieser wachsende Sektor macht die Menschen nicht satt“, sagte er. Ausbeuter des Sozialstaates seien aber nicht diejenigen, die Arbeit für einen Hungerlohn ablehnten. „Ausbeuter sind die Arbeitgeber, die sittenwidrige Löhne zahlen, weil sie wissen, dass der Staat noch was für Heizung und Wohnung zuschießt“, sagte Rudolph.

Aufträge der öffentlichen Hand sollten nach dem Willen des DGB-Vorsitzenden nur noch an Betriebe gehen, die Mindestlöhne zahlen, Tarifverträge einhalten und junge Menschen ausbilden. „Es muss Schluss sein damit, dass wir mit unseren Steuergeldern auch noch Lohndrückerei belohnen“, sagte Rudolph. Er forderte die hessische Landesregierung auf, bis Ende des Jahres ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen.

Investitionen gegen die Folgen der Wirtschaftskrise
Rudolph forderte angesichts der Wirtschaftskrise eine aktive Politik. „Wir brauchen Investitionen in Forschung, Bildung und Infrastruktur“, sagte er. Die durch die Politik der Bundesregierung ausgelösten drastischen Kürzungen der kommunalen Finanzen ist für den DGB-Vorsitzenden nicht hinnehmbar. „Wir brauchen Gemeinschaftshäuser, Bibliotheken und Krankenhäuser“, sagte er.

Ausbildungsmarkt: Kritik an „bösartigem Populismus“
Die Sprecherin der nordhessischen DGB-Jugend, Madlen Krawatzek, kritisierte in ihrer Rede, es fehlten nach wie vor tausende Ausbildungsplätze. Wenn von einigen Arbeitgebern behauptet werde, die jungen Menschen seien nicht in der Lage, eine Ausbildung zu durchlaufen. „dann ist das bösartiger Populismus auf dem Rücken derer, die nicht für die Krise auf dem Ausbildungsmarkt verantwortlich sind.“

Krawazek rief die Arbeitgeber auf, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen und endlich attraktive Ausbildungsplätze in ausreichender Zahl zu schaffen. Dabei müsse auch auf die Qualität der beruflichen Ausbildung geachtet werden. „Schmalspurausbildungen, die nur zwei Jahren dauern, sind absurd“, sagte sie.

Neonazis beschädigten Gewerkschaftshaus
Die Demonstration in Kassel war am Vormittag in der Nordstadt gestartet. Sie legte am Königsplatz einen spontanen Zwischenstop ein, weil in der Nacht auf den 1. Mai Neonazis das DGB-Haus in der Spohrstraße mit Parolen besprüht hatten. Dabei war auch die Gedenktafel beschädigt worden, die an die Erstürmung des Hauses durch die Nationalsozialisten vor 78 Jahren erinnert. „Wir werden nicht zulassen, dass die Nazis uns das Haus noch einmal wegnehmen“, sagte der nordhessische DGB-Regionsvorsitzende Michael Rudolph unter dem Applaus der Teilnehmer.

Den Tag der Arbeit ließen die Teilnehmer bei einem Maifest mit Live-Musik an der Drahtbrücke in der Fuldaaue ausklingen. (red)