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Firmen stellen weiter ein, Ausbildungsreife entpuppt sich als Handlungsfeld

Zwischenbilanz Ausbildungspakt von Kammern und Arbeitsagentur

Kassel. Eine insgesamt erfolgreiche Zwischenbilanz des laufenden Ausbildungspaktjahrs 2009/10 ziehen Industrie- und Handelskammer Kassel, Handwerkskammer Kassel und die Agentur für Arbeit Kassel: Die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse ist besser als erwartet, zudem gibt es noch jede Menge freie Ausbildungsplätze zum Start ins Ausbildungsjahr am 1. August. Allerdings treiben der demografische Wandel und die Sorge um die Ausbildungsreife der Schulabgänger den Betriebsvertretern die Sorgenfalten auf die Stirn. Während die Unternehmen der Industrie- und Handelskammer Kassel das Thema demografischer Wandel langsam zu spüren bekommen, entpuppt sich diese Problematik im Handwerk schon heute als dringlich.

Die beiden Kammern und die Arbeitsagentur präsentierten ihre Zahlen und Einschätzungen am Mittwoch in der RegioTram-Halle im KVG-Betriebshof der Kasseler Verkehrs- und Versorgungs-GmbH (KVV).

Der Ausbildungsmarkt zwischen Oktober 2009 und Ende April 2010 im Bereich der Industrie- und Handelskammer Kassel (IHK) zeigt sich weiterhin im Aufwind. Bei den Neueintragungen nach Berufsgruppen gab es im IHK-Bezirk verglichen mit dem Vorjahr ein Plus von 3,1 Prozent oder 66 Stellen (2009: 2113). „Ein Ergebnis, das nur knapp unter dem Aprilwert des Rekordjahrs 2008 liegt“, freut sich Jürgen Peters, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung bei der IHK Kassel. Damals gab es 2199 neu eingetragene Ausbildungsverhältnisse in Nordhessen und Marburg. „Allerdings muss ich etwas Wasser in den Wein gießen“, ergänzt Peters. „Der Trend zeigt mittelfristig nach unten.“ Das belegt unter anderem die IHK-Online-Ausbildungsumfrage 2010 als Stimmungsbarometer. 76,6 Prozent der 154 befragten Unternehmen gaben an, die von ihnen angebotenen Ausbildungsplätze 2009 besetzt zu haben. 2007 lag der vergleichbare Wert jedoch bei 86 Prozent. „Diese Tatsache zeigt, dass es für Unternehmen grundsätzlich schwieriger geworden ist, geeigneten Nachwuchs an Auszubildenden zu finden“, erklärt Peters. Fast zwei Drittel der Befragten möchten das Ausbildungsplatzangebot 2010 im Vergleich zum Vorjahr konstant halten (Vorjahr: 67,7 Prozent). 14,7 Prozent möchten ihr Ausbildungsplatzangebot sogar erhöhen (Vorjahr: 12,5 Prozent). „Unsere Betriebe wollen ausbilden“, sagt Peters. „Zudem bereiten sie sich durch vielfältige Maßnahmen auf den demografischen Wandel vor.“ Unter anderem suchen Unternehmen verstärkt die Kooperation mit Schulen, verbessern das Ausbildungsmarketing und erschließen zum Beispiel mit Blick auf Studienabbrecher neue Bewerbergruppen. Außerdem helfen einige Unternehmen lernschwachen Bewerbern, zum Beispiel durch innerbetriebliche Nachqualifizierung.

„Dessen ungeachtet muss die Ausbildungsreife der Schüler verbessert werden“, fordert Peters. „Unzeitgemäße Übergangssysteme, in denen Schulabgänger aufgefangen werden, müssen Stück für Stück abgebaut werden.“ Darunter fallen zum Beispiel das Berufsgrundbildungsjahr und Berufsvorbereitungsjahr an berufsbildenden Schulen. Peters: „In diesem Umfang sind sie nicht länger notwendig.“ Die finanziellen Mittel sollten besser in berufsvorbereitende Maßnahmen während der Schulzeit fließen.

Bereist jetzt schauen sich viele Unternehmen nach geeigneten Bewerbern für 2011 um, belegen die Eintragungen in der IHK-Ausbildungsplatzbörse. Wer noch ab dem 1. August 2010 einen Ausbildungsplatz sucht, findet auf www.azubi-kassel.de unter anderem noch einige freie Stellen als Kaufmann/-frau für Versicherung und Finanzen und als Eisenbahner im Betriebsdienst (Fachrichtung Fahrweg). Ein weiterer Tipp: „Schüler sollten sich frühzeitig intensiv mit Berufsbildern befassen und nicht nur auf die Klassiker schielen“, sagt Peters. Zum Beispiel seien Kaufmann für Gesundheitswesen und Servicefachkraft für Dialogmarketing interessante, aber kaum bekannte Berufsbilder.

„Mit einem Plus von 27 neu abgeschlossenen Lehrverträgen (6,7 Prozent) bewegen wir uns zum jetzigen Zeitpunkt leicht über dem Vorjahresniveau. Das heißt, die Ausbildungsbereitschaft im Handwerk ist nach wie vor hoch. Das ist erfreulich, weil der Fachkräftesicherung eine immer größere Bedeutung zukommt, denn die Handwerksbetriebe spüren die sinkende Zahl der Lehrstellenbewerber deutlich“, berichtete Ursula Lange, bei der Handwerkskammer Kassel zuständig für die berufliche Bildung. In diesem Jahr werde es noch schwieriger, alle Stellen im Handwerk zu besetzen, da geeignete Bewerber auf Grund der demografischen Entwicklung fehlten.

Damit stelle sich die Frage der Nachwuchssicherung mit immer größerer Dringlichkeit. Ihr Appell an die Betriebe lautet darum: „Nur Ausbildung sichert die Zukunft. Das gilt für junge Menschen wie für Handwerksbetriebe. Jeder Betrieb, der heute ausbildet, sichert seine Wettbewerbsfähigkeit und braucht sich morgen um seine Fachkräfte keine Sorgen machen.“ Darüber hinaus könne kein Mitarbeiter den betrieblichen Anforderungen so weitgehend entsprechen, wie der selbst ausgebildete.

Nicht zuletzt aus diesem Grund hat das deutsche Handwerk zu Beginn des Jahres eine Imagekampagne gestartet, die auch gezielt junge Menschen anspricht und für eine Ausbildung im Handwerk begeistern will. Langes Appell an die Bewerber: „Die Zukunftschancen auf eine Selbstständigkeit im Handwerk stehen so gut wie lange nicht mehr.“ In den kommenden Jahren steht allein bei den von Einzelpersonen geführten Handwerksbetrieben knapp ein Viertel zur Übergabe an. „Junge Menschen sollten sich verstärkt im Handwerk orientieren, denn es bietet heute wirklich vielfältige Karrierechancen“, so Lange. Allerdings sollten sie sich nicht nur auf einen Beruf festlegen, sondern das gesamte Berufsfeld im Auge halten. Bewerbern, die jetzt noch einen Ausbildungsplatz suchen, empfiehlt sie den Blick in die Lehrstellenbörse der Handwerkskammer (www.hwk-kassel.de), wo zurzeit über 50 Lehrstellen angeboten werden. Das Angebot reicht vom Augenoptiker-Handwerk über das Dachdecker-Handwerk und das Elektro-Handwerk bis zum Schornsteinfeger-Handwerk und Tischler-Handwerk.

„Der Ausbildungsmarkt ist in Bewegung geraten. Entfielen vor einem Jahr noch rund 0,75 Ausbildungsstellen auf einen Interessenten, so sind es aktuell 0,85. Damit ist die so genannte „Lücke“ zwischen den gemeldeten Ausbildungsstellen und der Zahl der gemeldeten Bewerber deutlich kleiner geworden“, erklärte Detlef Hesse, Chef der Arbeitsagentur Kassel und sieht darin einen Vorgeschmack auf die Entwicklung, die sich durch den demografischen Wandel weiterhin verstärken wird.

Seit Beginn des Berichtsjahres (Oktober 2009 bis September 2010) haben sich 3.546 Bewerber gemeldet. Dies sind 108 Bewerber weniger (minus 3,0 Prozent) als noch im Vorjahr. Hesse führt dies auf das geänderte Bewerberverhalten bei der Ausbildungsplatzsuche, dem Bestreben der Jugendlichen nach einem höherwertigen Schulabschluss und den erfreulichen Vermittlungsergebnissen bei den Bewerbern aus den Vorjahren (sog. Altbewerber) zurück. Ihre Zahl ging innerhalb Jahresfrist von 1.957 auf 1.869 zurück. Um Jugendliche auch künftig gezielt für eine konkrete betriebliche Berufsausbildung zu begeistern, hat die Arbeitsagentur ihre Beratungspräsenz in den Schulen ausgebaut. Darüber hinaus führt sie Ausbildungsbörsen durch und unterstützt förderungsbedürftige Schüler und Ausbildungsbetriebe systematisch mit berufsbegleitenden Hilfen. Ende April waren 2.105 Bewerber noch unversorgt (Vorjahr 2.339).

Dem gegenüber wurden der Agentur für Arbeit 2.902 Ausbildungsstellen gemeldet, 156 mehr als im Vorjahreszeitraum. Von den insgesamt gemeldeten Angeboten entfielen 2.869 auf betriebliche und 33 außerbetriebliche Ausbildungsplätze. „Dass im Bereich der betrieblichen Lehrstellen ein Zuwachs stattgefunden hat zeigt, dass vorausschauende Unternehmen trotz Krise eine aktive Ausbildungsstrategie betreiben, um sich bei der Rekrutierung ihrer Fachkräfte unabhängig vom Arbeitsmarkt zu machen und wettbewerbsfähig zu bleiben“, so Hesse.

Momentan sind noch 1.555 Ausbildungsstellen in unterschiedlichen Berufen und Branchen frei. Gesucht werden zum Beispiel Kaufleute im Einzelhandel, Mechatroniker, Fachkräfte für Lagerlogistik, Industriemechaniker, Verkäufer und Industriekaufleute. Häufig divergieren jedoch Angebot und Nachfrage in berufsfachlicher, regionaler und qualifikationsspezifischer Sicht. Aber auch infrastrukturelle Schwierigkeiten wie eine ungünstige Verkehrsanbindung spielen eine Rolle. Damit die von den Unternehmen zur Verfügung gestellten Lehrstellen trotzdem adäquat besetzt werden können, ermutigte Detlef Hesse alle Personalverantwortlichen ausbildungsbegleitende Hilfen für Jugendliche zu nutzen, um damit unter anderem ergänzend zum Berufsschulunterricht theoretische Schwächen zu kompensieren.

„Damit der Standortvorteil der Region aufrechterhalten werden kann, muss dem Thema Ausbildung nach wie vor von allen Arbeitsmarktakteuren hohe Priorität beigemessen werden. Unsere Hauptaufgabe wird zukünftig darin bestehen, uns um die jungen Menschen und deren Ausbildungsreife zu kümmern, damit die Berufswahl und der Einstieg in das Arbeitsleben besser gelingen“, schließt Hesse seine Ausführungen.

Weitere Informationen und Hilfestellungen bei der Ausbildungsplatzsuche und der Bereitstellung von Lehrstellen erhalten Jugendliche und Arbeitgeber unter: Hotline für Jugendliche: (01801) 555 111*: Hotline für Arbeitgeber:  (01801)  66 44 66 * (Festnetzpreis 3,9ct/min; Mobilfunkpreise höchstens 42ct/min). (red)



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