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„Es ist wirklich schön bei Euch!“

8.000 Besucher kamen zu den 18. Hephata-Festtagen

Schwalmstadt-Treysa. „Jetzt geht die Post ab“ – der Liedtext war am vergangenen Sonntag Programm, als Gaby Baginsky beim Abschlusskonzert der 18. Hephata-Festtage 1.000 Menschen zum Singen, Klatschen und Tanzen brachte. Die Schlagersängerin war die Schirmherrin der Festtage, zu denen am Wochenende insgesamt 8.000 Menschen auf das Stammgelände der diakonischen Einrichtung in Treysa kamen. Tanzen satt sitzen, klatschen statt nur gucken – Gaby Baginsky hatte am Sonntagnachmittag ihr Publikum im großen Festzelt an der Gärtnerei fest im Griff. „Ich will kein Engel sein“, „Mit 50 ist das Leben eben lang noch nicht vorbei“ und „Weil wir uns bald wiedersehen“ waren nur einige der Hits, die die Schirmherrin bei ihrem einstündigen Live-Benefiz-Konzert sang.

Tatkräftige Unterstützung bekam sie dabei vom Publikum: Mehrere Bewohner Hephatas sangen und schunkelten mit ihr auf der Bühne, hakten sich beim Rundgang durchs Festzelt bei ihr ein. Oder übergaben Rosen, Glücksbringer und Kuscheltiere. „Ich habe in meinem Leben sehr viel gewonnen und bin immer wieder froh, wenn ich anderen Menschen etwas zurückgeben kann“, so die Schlagersängerin. Das tat sie bei ihrem Konzert in Hephata mit viel Lebensfreude und ohne Berührungsängste. Die Autogrammstunde im Anschluss dauerte mehr als eine Stunde, erst dann waren alle Fans mit signierten Postern und CDs versorgt. „Es ist wirklich sehr schön bei Euch“, lautete das Fazit der Sängerin.

Ein ebensolches zog auch der Gastredner der Hephata-Festtage am Samstagvormittag bei der Auftaktveranstaltung. Angesichts des Rahmenprogramms – ein Theaterstück und Musik – das Studierende der Hephata-Akademie für soziale Berufe und Bewohner Hephatas gestalteten, sagte Dr. phil. Karl Gebauer (70): „Ich dachte gerade, wie schön das hier ist, das fiel mir wieder ein, dass ich ja einen Vortrag halten soll.“ Dieser stand unter dem Titel „Was Kinder wirklich brauchen – Bedingungen für eine gelingende Entwicklung“ und brachte Erkenntnisse der Hirn- und Verhaltsforschung von Säuglingen und Kleinkindern mit pädagogischen Theorien und Erfahrungen zusammen. 180 Menschen waren dafür in das Foyer der Hermann-Schuchard-Schule Hephata gekommen.

Gebauer arbeitete 25 Jahre lang in Göttingen als Schulleiter, hat 16 Fachbücher veröffentlicht, hält Vorträge und Fortbildungen und hat vor elf Jahren mit dem Hirnforscher Prof. Dr. Gerald Hüther die „Göttinger Kongresse über Erziehung und Bildung“ ins Leben gerufen. In seinem Vortrag ging er unter anderem auf günstige und ungünstige Bedingungen für die Entwicklung von Kindern ein. Als mögliche ungünstige nannte Gebauer unter anderem Beschämung, Vernachlässigung, Kälte und Gewalt, aber auch zu hohe Erwartungen und Armut. Als viel wichtiger als alle Frühförderprogramme bezeichnete der 70-Jährige „dass Kinder gespiegelt bekommen, willkommen in der Welt zu sein“, also einen liebevollen, anregenden, freundlichen und wertschätzenden Umgang erlebten. Unabhängig davon, ob sich Kinder so entwickelten wie das die Eltern vielleicht planten: „Es ist normal, verschieden zu sein.“

Aspekte, auf die auch Schwalmstadts Bürgermeister Wilhelm Kröll und Sabine Kropf-Brandau, Pröpstin des Sprengels Hersfeld, in ihrem Grußwort eingingen. Als Beispiel führte Kropf-Brandau „eine der faszinierendsten Personen der Kinderliteratur: Pippi Langstrumpf“, an. „Frech ist sie, selbstbewusst, nach gängigen Maßstäben völlig ungebildet und trotzdem kann man, können wir, viel von ihr lernen.“ Für sie und ihre drei Kinder sei Pippi Langstrumpf ein Sinnbild eines aktiven Mitmenschen, der Bildungsbarrieren leichthin überspringe. Dafür müsse es jedoch auch Möglichkeiten und Räume geben. „Orte, an denen Neues gelernt werden kann und Blockaden abgebaut werden. Ich glaube, dass Hephata so ein Ort sein will und auch ist. Ein Ort, an dem sich eine Pippi Langstrumpf richtig wohl fühlen würde, und damit ist es ein guter Ort“, so Kropf- Brandau.“

Doch nicht nur Menschen aus Büchern und auf den Bühnen fühlten sich bei den Hephata-Festtagen sichtlich wohl. Auch die Besucher strömten bei strahlendem Sonnenschein in Scharen auf das Gelände. Die Action-Meile und Bewegungsbaustelle mit Kletter-, Sport- und Spielangeboten lockten die Familien, das Musik- und Kleinkunstprogramm auf den drei Bühnen hatte für jeden Geschmack etwas zu bieten, genauso wie die 110 Essens- und Marktstände. „Es gefällt mir echt gut hier“, fasste auch der neunjährige Erik aus Treysa seinen Besuch zusammen. (me)