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Schon wieder ein Krimi: Remis gegen Magdeburg

Kassel/Melsungen. Das war nun schon der zweite Krimi innerhalb von nur vier Tagen, den die MT Melsungen ihren Fans in der Kasseler Rothenbach-Halle präsentierte. Nach dem 26:24-Sieg am Mittwoch im Hessenderby gegen die HSG Wetzlar rangen die Rotweissen vor 2.404 begeisterten Zuschauern dem favorisierten Gast SC Magdeburg ein hochverdientes 29:29-Unentscheiden ab.

Von Beginn an war das gestiegene Selbstvertrauen aus den letzten erfolgreichen Begegnungen bei den Hausherren zu spüren. Gleich den ersten kleinen Stockfehler von Yves Grafenhorst nutzte Savas Karipidis zum Ballgewinn und der Führung. Die hätte Nenad Vuckovic nach der ersten Parade von Mario Kelentric gegen Jure Natek sogar ausbauen können, scheiterte aber an aufmerksamen Abwehrblock der Gäste. Sie kamen so doch noch etwas verspätet zum Ausgleich durch den zweiten Versuch von Natek. Nach Melsungens Führung, erzielt von Alexandros Vasilakis, vergab Robert Wagner die nächste gute Gelegenheit. Er hob einen Siebenmeter zwar über Kelentric, aber nur an die Querlatte. Beim Nachwurf, der in den Maschen landete, stand er allerdings schon im Kreis. Andrej Klimovets erhöhte auf 3:1, während Alex Vasilakis die Nervosität gegen seinen ehemaligen Verein anfangs noch anzumerken war. Etwas fahrig seine Aktionen, und seinen Ballverlust in der Vorwärtsbewegung nutzte Robert Wagner per Tempogegenstoß zum 3:3-Ausgleich. Was den Griechen sichtlich wurmte, denn die Wiedergutmachung folgte auf dem Fuße zum 4:3.

Der nächste Lapsus unterlief Savas Karipidis. Sein Abwehrfoul brachte ihm eine Zeitstrafe und Robert Wagner den nächsten Versuch von der Strafwurflinie. Robert Lechte kam für Mario Kelentric zwischen die Pfosten und wehrte den zweiten Versuch des Österreichers ab. Karipidis‘ Strafe blieb ohne Folgen. Weil auch Wagner zwar seinen Faux-pas mit einem Feldtor ausbügelte, zwischenzeitlich aber Grigorios Sanikis in Unterzahl erfolgreich gewesen war. Bis zum 7:5 nach 10 Minuten, das Karipidis per Siebenmeter markierte, blieb der Rhythmus gleich: die MT zwei vor, der SC verkürzte. Dann folgte der nächste kleine Zwischenspurt der Bartenwetzer, die binnen fünf Minuten auf 10:6 davon zogen. Grund genug für Gäste-Coach Frank Carstens, die Grüne Karte zum Time-Out zu legen.

Mit Erfolg zunächst. Den Doppelpack von Yves Grafenhorst und Fabian van Olphen beantwortete Nenad Vuckovic einfach, genauso wie kurz darauf Savas Karipidis den von Bartosz Jurecki und noch einmal van Olphen. Trotzdem waren die Gäste nach Andreas Rojewski’s 12:11 (25.) wieder dran, ohne dass man den Melsungern einen Vorwurf daraus hätte machen können.

Längst hatten die Abwehrreihen das Kommando übernommen und dominierten das Geschehen. Auch dass Alex Vasilakis für einige Minuten behandelt werden musste weil er bei einer Drehung mit dem Fuß hängen geblieben war, diente nicht als Entschuldigung, weil Jens Schöngarth sich zwar gleich einen Fehler leistete als er kalt von der Bank kam, sich sonst aber nahtlos ins Angriffsspiel einfügte. Aus den anfänglich leichten Torerfolgen war längst ein zähes Ringen um jeden Treffer geworden. Wiederum mit Vorteilen für Melsungen in den letzten Minuten vor der Pause. Weil vor allem Mario Kelentric seine beiden Gegenüber deutlich ausstach. Da war zwischenzeitlich Dario Quenstedt für den völlig indisponierten Gerrit Eijlers gekommen, der zuvor nicht einen einzigen Ball zu fassen bekam. Quenstedt parierte zwar deren vier, doch war bei ihm die Abstimmung mit seiner Abwehr nicht die beste. Also kehrte Eijlers nach Melsungens 14:11 zurück und war nur kurz darauf Leidtragender eines herrlichen Kempa-Anspiels von Savas Karipidis auf den heranstürmenden Nenad Vuckovic, das der zum fünfzehnten Treffer in die Maschen drosch. Jurecki gelang darauf nur noch eine Resultatsverbesserung, bevor es in die Kabinen ging.

Auch nach dem Seitenwechsel änderte sich nichts am Bild. Ausser dass Magdeburg wieder aufschließen konnte, wie sie es in der ersten Hälfte schon einmal gemacht hatten: zwei Doppelpacks von Natek/Grafenhorst beziehungsweise Grafenhorst/Jurecki bei Gegentreffern jeweils durch Karipidis. Und als Michael Allendorf nach 38 Minuten auf die Strafbank musste, war es wieder Rojewski, der den direkten Anschluss zum 18:17 herstellte. Was dann folgte war ein reines Nervenspiel. Immer wieder legte die MT einen vor, der SC zog nach. Viermal ging das so bis zur 45. Minute, als einmal mehr Rojewski einen herrlichen Vasilakis-Treffer, der seinen Wurf genau in den Winkel gezirkelt hatte, beantwortete. Mit 22:21 ging es in die Schlussviertelstunde, die die Melsunger Fans schließlich durch ein Wechselbad der Gefühle schickte.

Denn Magdeburg kam zum Ausgleich. In Unterzahl sogar, weil Kjell Landsberg eine strafe absaß. Erst Nenad Vuckovic, dann Michael Allendorf hatten jeweils überhastet abgeschlossen und den Ausbau der Führung verpasst. Das rächte sich, weil jetzt jedes SCM-Tor den Ausgleich bedeutete statt den Anschluss wie noch Minuten zuvor. Die finale Nervenschlacht bahnte sich in dieser Phase bereits an. Mit deutlichen Vorteilen der Gäste inzwischen. Denn obwohl Mario Kelentric bei Gegenstößen zum Teil sensationell gegen Wagner, Grafenhorst und Rojewski parierte leistete sich die Offensivabteilung ein paar Schnitzer zu viel. Zwei davon nutzte Bennet Wiegert zu schnellen Kontern, gegen die Kelentric machtlos war. Eine Zeitstrafe gegen Michael Schweikardt tat ihr Übriges, dass vorn kein Durchkommen mehr war gegen die aggressiv aber fair zu werke gehende Gladiators-Deckung. Acht Minuten vor dem Ende lagen die Nordhessen plötzlich mit 24:26 hinten.

Doch Magdeburg hatte die Rechnung ohne die fantastischen Fans in der Rothenbach-Halle gemacht, die ihr Team trotz, oder gerade wegen des Rückstandes stehend lautstark anfeuerten. Zweimal Vasilakis unwiderstehlich ins Netz bei einem Gegentor wiederum vom wie aufgedreht spielenden Grafenhorst signalisierte, dass die Mannschaft immer noch an sich glaubte. Zu Recht, wie sich herausstellen sollte. Obwohl die nächsten Nackenschläge nicht auf sich warten ließen. Anton Mansson musste raus, Stian Tönnesen versenkte den fälligen Siebenmeter sicher. Und als Savas Karipidis, der zuvor ohne Fehl und Tadel seine Strafwürfe versenkt hatte, an den Füssen von Eijlers scheiterte, sahen die meisten schon die Felle wegschwimmen. Dass es wieder ausgerechnet Karipidis war, der den Anschlusstreffer machte unterstrich die an diesem Abend sensationelle Bartenwetzer-Moral. Nach Robert Wagners Fangfehler war der Ball nach Rechtsaußen zum Griechen gekommen, der das Leder am verdutzten Eijlers vorbei doch noch ins Netz bugsierte.

Bennet Wiegert war der nächste, der in einer immer hektischer werdenden Schlussphase auf die Sünderbank musste. Magdeburgs Angriff war zuvor in Zeitnot gekommen, Wiegert musste einen Notwurf nehmen – erfolglos. Danach traf Vasilakis zum Ausgleich, die Halle stand 92 Sekunden vor Schluss Kopf. Noch mehr, als ausgerechnet der Torschütze nur 26 Sekunden später ebenfalls raus musste. 66 Sekunden blieben den Gästen bei Ballbesitz, die sie zum Erstaunen aller nahezu endlos ausspielen durften. Exakt 17 Zeigerumdrehungen vor Ultimo, passives Spiel war schon lange angezeigt, überraschte Grafenhorst aus 10 Meter Entfernung Torwart Keelntric.

Auch jetzt war die Partie noch längst nicht aus. Michael Roth nahm die ihm verbliebene Auszeit sofort und sprach die geplanten Aktionen genau mit der Mannschaft ab. Die MT stürmte sofort wieder an. Bartosz Jurecki stellte sich dem in den Weg und erhielt eine Zeitstrafe, die im offiziellen Protokoll wohl wegen der aufgekommenen Hektik überhaupt nicht mehr vermerkt wurde. Da waren es noch sieben Sekunden. Wieder kurze Diskussionen, wieder genaue Anweisungen. Und die sahen einen der jüngsten Melsunger im Mittelpunkt: Jens Schöngarth. Er sollte den letzten, alles entscheidenden Ball auf das Magdeburger Gehäuse abfeuern, und das tat er dann auch. Mit Urgewalt aus dem starken linken Arm jagte der Ball wie ein Strich in den rechten oberen Winkel zum hoch verdienten Ausgleich.

Stimmen zum Spiel
Frank Carstens:
Glückwunsch an Melsungen zum Teil-Punktgewinn. Wer das letzte Tor im Spiel macht, zudem zu so einem späten Zeitpunkt, hat normalerweise das Glück auf seiner Seite gehabt. Insgesamt haben wir ein gutes, hart umkämpftes Spiel gesehen. Mit meiner Abwehr war ich nicht zufrieden, dafür war aber der Angriff überragend. Wenn ich richtig gezählt habe wurden in der zweiten Halbzeit dort nur sechs Bälle verloren, der Rest war drin. Hätten wir auch noch eine Torwartleistung gehabt, wäre hier mehr drin gewesen als nur ein Unentschieden. Aber die Moral hat gestimmt, wir haben uns auch bei Rückstand immer wieder Möglichkeiten erarbeitet.

Michael Roth: Den Glückwunsch zum Teil-Punktgewinn gebe ich zurück. Gemeinhin ist man ja nach so einem Spiel geneigt zu sagen, es war ein gerechtes Unentschieden. Aber eigentlich lagen wir 50 Minuten ständig vorn, haben Magdeburg dominiert. Dann haben wir uns nach hinten heraus einfach zu viele Fehler geleistet. Dass wir auch nach dem zwischenzeitlichen Zwei-Tore-Rückstand noch einmal zurückgekommen sind, hat mir an meiner Mannschaft t sehr gut gefallen. Daran sieht man, dass es im Team stimmt . Toll auch, dass sich Jens Schöngarth den letzten Wurf – wie vorher besprochen – genommen hat. Und noch toller, dass seine Aktion erfolgreich war. Die Achse Tönnesen/Jurecki war nie ganz auszuschalten. Aber daran sind in der Vergangenheit schon ganz andere Mannschaften gescheitert. Wir hatten das trotzdem über weite Strecken im Griff. Insgesamt können wir mit dem Punkt gut leben. Jetzt fahren wir nach Hannover und können dort die Serie ohne Niederlagen vielleicht noch einmal halten. (Bernd Kaiser)

Statistik
MT Melsungen:
Kelentric (13 P.), Lechte (1 P.); Brovka (n.e.), Schöngarth 1, Mansson, Klimovets 1, Schweikardt, Torbica (n.e.), Vasilakis 8, Danner, Sanikis 2, Karipidis 10/5, Allendorf, Vuckovic 7, Dacevic (n.e.), Sania (n.e.).

SC Magdeburg: Eijlers (3 P.), Quenstedt (4); Wiegert 3, Doborac, Rojewski 3, Landsberg, Kupfer, van Olphen 2, Hornke, Natek 3, Grafenhorst 7, Balogh, Tönnesen 5/3, Weber 2, Jurecki 4.

SR: Ralf Damian (Bingen) / Frank Wenz (Mainz)

Zeitstrafen:
10 – 12 (Karipidis 6:35, Allendorf 38:00, Schweikardt 51:15, Mansson 54:56, Vasilakis 58:54 – Jurecki 26:25 47:42, Rojewski 35:21, Weber 36:13, Landsberg 45:49, Wiegert 58:17)

Rote Karte: Karipidis (60:00 – Disqualifikation)

Strafwürfe: 6/5 – 5/3 (Weber wirft an die Latte, 5. Min.; Weber scheitert an Lechte, 7.; Karipidis scheitert an Eijlers, 57.).

Zuschauer: 2.404 in der Rothenbach-Halle, Kassel

Spielfilm: 1:1 (3.), 3:1 (6.), 6:5 (9.), 8:6 (12.), 10:7 (15.), 10:8 (18.), 11:10 (21.), 12:10 (24.), 14:11 (27.), 15:12 (HZ); 16:13 (33.), 17:15 (36.), 18:17 (39.), 20:19 (42.), 22:20 (45.), 23:22 (48.), 24:24 (51.), 25:26 (54.), 26:28 (57.), 28:28 (59.), 29:29 (EN).