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Vortragsabend: „Das Steinzeitdorf bei Arnsbach“

Borken-Arnsbach. Am 17. Februar fand im Gemeinschaftshaus des Borkener Stadtteils Arnsbach ein Vortragsabend statt. Referent war Dr. Andreas Thiedmann vom Landesamt für Denkmalpflege in Marburg. Dr. Thiedmann ist Mitarbeiter der archäologischen Abteilung und zuständiger Bezirksarchäologe für den Schwalm-Eder-Kreis. Für viele ältere Arnsbacher Bürger ist der Name des Lehrers Heinrich Möller der direkte Bezug zur Erforschung der Dorfgeschichte. Heinrich Möller hat sich große Verdienste erworben, was die Erforschung der Geschichte von Arnsbach und dessen Umgebung angeht.

Als er um 1935 mit seinen Schulkindern unterwegs war, entdeckte er die ersten Funde auf einem Ackerstück nördlich des heutigen Feuerwehrgerätehauses. Dr. Naß aus Marburg, Vertreter von Professor Merhart, dem staatlichen Vertrauensmann für Bodenaltertümer, stellte anhand der Funde fest, dass dort eine Siedlung aus der jüngeren Steinzeit, also 4000 bis 5000 v. Christus gewesen sein müsste. Eine Siedlung der bandkeramischen Kultur, die nach den bandartigen Verzierungen auf den Gefäßen so bezeichnet wird. Die vermutete Siedlung nordöstlich des Dorfes lag genau im Bereich, in dem ein neuer Braunkohletagebau entstehen sollte, weshalb man sich zur Ausgrabung entschloss. Der Student Edward Sangmeister war mit der Leitung beauftragt worden.
Die Ausgrabungen begannen am 1. Oktober 1936.

Grundrisse von Rechteckbauten
Zwischen den Grubenverbänden und einzelnen kleinen Gruben kamen gut erkennbare Grundrisse von langen Rechteckbauten zum Vorschein. Sie wurden alle nach einem Schema angelegt. Es handelt sich um Rechteckbauten von rund 25 Meter Länge und acht Meter Breite. Die Längsachse liegt in Nord-West-Süd-Ost Richtung. Das Innere des Hauses ist durch sechs Querwände, die die einzelnen Zimmer trennen, abgeteilt. Die Hauptfundmengen aber bilden Scherben, unter denen ein hoher Anteil verziert war.

Ein großer schwarzgrauer Topf, der „Kumpf von Arnsbach“ und ein eigenartiges Zwillingsgefäß waren die bedeutendsten Gefäßfunde. Auch Steingeräte wurden gefunden, so die unterschiedlichsten Arten von Schuhleistenkeilen, Feuerstein- und Quarzitklingen und zahlreiche Mahlsteine. Diese sind im Landesmuseum in Kassel aufbewahrt. Abgeschlossen wurden die Ausgrabungen im Jahre 1938.

Die linearbandkeramische Kultur, zu der die ausgegrabene Siedlung zählt, datiert in die Zeit um 5000 v. Chr. Die erste bäuerliche Kultur entsteht mit dem beginnenden Ackerbau, dem Anbau von Getreide und dem Beginn der Viehzucht sowie der Haustierhaltung. Die Herstellung von Keramik beginnt.  Mit dem Bau von ortsfesten Holzhäusern endet die Zeit der Jäger und Sammler. Der sesshafte Landwirt als Nahrungsmittelproduzent und Viehzüchter ist geboren.

Pfostenständerbau bestätigt
Für den wissenschaftlichen Bereich brachte das Grabungsergebnis von Arnsbach eine grundlegende Veränderung. Zwangsläufig musste man Abstand nehmen von der bis dahin geltenden Auffassung, dass die Bandkeramiker „kurvokomplexe“ Grubenwohnungen als Hausgrundform bevorzugten. Der „Pfostenständerbau“ als Hausgrundform der Bandkeramiker wurde mit dem Ergebnis von Arnsbach bestätigt. Die steinzeitliche Siedlung in Arnsbach ist das bedeutendste vorgeschichtliche Zeugnis von menschlicher Besiedlung im Borkener Raum“.

Nach diesem höchst interessanten Vortrag von Dr. Thiedmann, kam der Heimat- und Hobbyhistoriker Friedrich Döring aus Kleinenglis zu Wort. Er hatte schon vor einiger Zeit dem Ortsbeirat den Vorschlag unterbreitet, eine Rekonstruktion des „Arnsbacher Kumpfes“ anfertigen zu lassen. Dieses Replik wurde den Arnsbachern übergeben und soll in Zukunft seinen Standort im Gemeinschaftshaus erhalten.

Bürgermeister Bernd Heßler, der ebenfalls unter den vielen Zuhörern anwesend war, versprach, dafür Sorge zu tragen, dass eine Vitrine angeschafft wird, in der das bedeutende Fundstück aufbewahrt wird. (Ortsbeirat Arnsbach).