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Silber für Karolin Siebert – Bestleistung für Jan Ullrich

Gelnhausen/Melsungen. Nach den Männern und Frauen sowie der B-Jugend ermittelten die A-Jugendlichen sowie die A-Schüler/innen ihre hessischen Meister in Gelnhausen. Fast 600 Teilnehmer aus 135 hessischen Vereinen hatten sich für diese Titelkämpfe gemeldet. Am ersten Tag dieser Meisterschaften starteten auch Karolin Siebert über 800 Meter sowie Jan Ullrich (beide MT 1861 Melsungen) im Weitsprung. Beide Nachwuchsathleten gingen topfit an den Start und sorgten für eine Überraschung. Die Leistungssteigerungen wären noch deutlicher ausgefallen, wenn ihnen das Wetter am ersten Tag keinen Strich durch die trotzdem noch gute Rechnung gemacht hätte. Pünktlich zu Beginn der Wettkämpfe ballten sich dunkle Wolken über Gelnhausen zusammen. Nach ein paar kurzen Regengüssen hatte der Wettergott ein Einsehen, aber die Sonne ließ sich nicht blicken, so dass die Temperaturen nicht sommergemäß waren.

Bei aller Achtung, die Karolin Sieberts Können, ihrer Ausdauer und Spurtkraft gezollt werden, vor allem ihrem kämpferischen Elan, wurden ihr gegen  Nadja Strege (LG Reinhardswald), Lorena Keil  (Eintracht Frankfurt) und Anna Kunz (LG Dornburg) keine Aussichten auf eine Medaille eingeräumt, zumal bekannt wurde, dass sie in diesem Jahr erst einen 800 Meter-Lauf bestritten hatte und mit 2:30,89 Minuten über der immer noch markanten 2:30 Minutengrenze blieb. Gewiss, Karolin Siebert wollte in Gelnhausen nicht nach dem Gold greifen, denn Nadja Strege lief eine Woche vorher bei den Landesmeisterschaften der weiblichen Jugend B 2:19 Minuten. Aber nach der Absage von Lorena Keil rechnete sich die 15-Jährige eine Chance auf Rang zwei oder drei aus.

Nach dem Startschuss übernahm Nadja Strege, die Tochter des ehemaligen 3000 Meter-Hindernisläufers Martin Strege, der erfolgreich an Welt- und Europameisterschaften, aber auch an den Olympischen Spielen teilnahm, die Initiative. Nur 32 Sekunden benötigte sie für  die ersten 200 Meter. Ein flottes Rennen im ersten Viertel der Strecke. Während das Feld sich weit auseinanderzog, klebte Karolin Siebert an der Führenden wie eine Klette. Sie ging dieses hohe Tempo mit und machte das großartig, beeindruckend, ja geradezu faszinierend. Nach dem Rennen sagte sie: „nach einer einwöchigen Klassenfahrt war ich überhaupt nicht mehr richtig im Bilde, was ich laufen konnte“, aber sie behielt in diesem Rennen die Übersicht. Sie begnügte sich nicht damit auf Rang zwei zu laufen, sondern sie schloss nach der ersten Runde zu Nadja Strege auf, so dass beide Schülerinnen die erste Runde unter 70 Sekunden liefen. Anja Kurz aus Dornburg und Kim Medelnik von der LG Odenwald folgten knapp drei Sekunden dahinter.

Nach dreiviertel der Strecke, also nach 600 Meter, trennte die beiden führenden Läuferinnen nur ein knapper Meter. Diese Zwischenmarke passierten sie nach 1:48,9 Sekunden. Dann, 100 Meter vor dem Ziel, ging das Rennen in die entscheidende Phase. Nadja Strege, wachsam, stark und auf den rechten Augenblick bedacht, forcierte das Tempo, das zwischen 600 und 700 Meter herausgenommen wurde. Sie setzte sich dank ihrer besseren Reserven Schritt für Schritt von ihrer Verfolgerin ab. Damit war das Rennen entschieden. Aber auch der Lauf von Karolin Siebert war glänzend, denn bei ihrem kraftvollen und dennoch eleganten Laufstil merkte man ihr die Anstrengung nicht an, ja sie zeigte bis zum Schluss weder eine Verkrampftheit noch eine Schwäche. Karolin Siebert, eine Läuferin mit ungewöhnlichem Tempogefühl, eine Athletin, die genau weiß, was sie kann und was sie sich zutrauen darf, demonstrierte mit diesem Lauf  erneut ihre Klasse und erreichte als hessische Vizemeisterin nach 2:26,41 Minuten die Ziellinie. Nach zwei Goldmedaillen in der Halle holte sie sich auf dieser Strecke nun bereits die dritte Silbermedaille und steigerte ihre Jahresbestzeit um fast vier Sekunden.

Für den zweiten Tag der Landesmeisterschaften ist sie für die 300 Meter Hürden gemeldet. Wenn sie dieses 800 Meter-Rennen gut wegsteckt, ist sie in der Lage, unter 48 Sekunden zu laufen und damit den bisherigen Kreisrekord zu verbessern.

„Nur wer sich selbst aufgibt, ist vorzeitig geschlagen“, sagte sich Jan Ullrich, der mit 5,40 Meter als elfter Springer zum Vorkampf der besten hessischen Schüler zugelassen wurde. Wer eine positive Einstellung mitbringt und bis zum Schluss kämpft, hat immer noch eine Chance. Das zeigte er vorbildlich, obwohl er beim Kampf um die Medaillen chancenlos war, bescherte ihm sein starker Einsatz einen persönlichen Rekord, der auch sehr viel wert ist.

Der Melsunger Gesamtschüler stellte bereits bei den Landeshallen-Mehrkampfmeisterschaften seine Nervenstärke unter Beweis, denn er sicherte sich damals mit seinem letzten Sprung mit 5,40 Meter den Titel im Dreikampf. In Gelnhausen präsentierte sich der 15-Jährige erneut in einer großartigen Form. Nachdem er bei den nordhessischen Schülermeisterschaften wegen einer Verletzung nicht starten und auch mehrere Wochen kein Sprungtraining absolvieren konnte, bewährte er sich bei diesen Landesmeisterschaften, indem er gegen stärkste Konkurrenz  seine bisher größte Leistung bot. So war auch ohne eine Medaille die Freude bei Jan Ullrich riesengroß.

Als seine Konkurrenten Felix Repp (Gießen-Langgöns) 6,32 Meter, Jan Jadwiczek (Bischofsheim) 5,64 Meter und Moritz Krause (Eintr. Frankfurt) 5,62 Meter vorgelegt hatten, versetzte ihn dies keinen Schock. Im Gegenteil: diese Leistungen, von denen er bisher weit entfernt war, beflügelten ihn.

Bereits beim ersten Sprung stand Jan Ullrich voll konzentriert an seiner Anlaufmarke. Obwohl der Wind ihn mit einer Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunden ins Gesicht blies, lief er kraftvoll an. Bedingt durch den Gegenwind traf er aber den Absprungbalken nur halb. Dennoch flog er weit hinaus, bis sich zur Landephase die Füße in die Weitsprunggrube senkten. Er warf die Beine weit nach vorn und fing die Landung vorbildlich ab. Ein kleines Vorwärtsrutschen, ein Satz zur Seite, kein Zentimeter wurde verschenkt – die Beherrschung seines Körpers war sehenswert. Als der Kampfrichter das Ergebnis bekanntgab, sah man einen freudestrahlenden Jan Ullrich, denn er hatte es geschafft, im entscheidenden Augenblick ganz groß in Form zu sein.  Mit 5,58 Meter verbesserte er seinen persönlichen Rekord trotz des Gegenwindes um 14 Zentimeter. Mit dieser guten Auftaktleistung lag er nach dem ersten Durchgang auf Rang fünf, ganze sechs Zentimeter von der Silbermedaille entfernt.

Auch im dritten Durchgang das gleiche Bild. Wieder lief er kraftvoll an, wieder traf er den Absprungbalken nicht ganz genau und wieder trug ihn sein kraftvoller Absprung weit in die Grube. Dieses Mal wurden für ihn  5,35 Meter notiert.  Und weil sich Marius Kreide vom TV Lohra, der eine Bestweite von 5,95 Meter anreiste, auf 5,64 Meter verbessern konnte, fiel der Melsunger auf Rang sechs zurück.

Am Ende belegte er mit seiner Weite aus dem ersten Sprung einen viel beachteten achten Platz. Damit darf er zufrieden sein. Er reiste mit der elftbesten Leistung an, qualifizierte sich für den Endkampf und sprang mit 5,58 Meter persönliche Bestweite. In dieser Leistung liegt genügend Wert, es muss nicht immer eine Medaille sein. (ajw)