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Hephata-Festtage wegen Unwetter frühzeitig beendet

Schwalmstadt-Treysa. Tolles Programm, schönes Wetter, gute Stimmung, viele Besucher – die 19. Hephata-Festtage waren rundum gelungen. Bis Sonntagnachmittag 15 Uhr. Kurz vor dem Auftritt der diesjährigen Schirmherrin Nicki zog ein schweres Unwetter mit Sturmböen und Starkregen über Schwalmstadt. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte wurden sowohl die Hephata-Festtage frühzeitig beendet als auch das Abschlusskonzert abgesagt. „Wir sind selbst sehr traurig darüber, dass wir das Fest frühzeitig beenden und das Konzert absagen mussten. Aber die Entscheidung war richtig. Am wichtigsten ist, dass niemand zu Schaden gekommen ist“, so Hephata-Direktorin Pfarrerin Barbara Eschen.

Um 15 Uhr hatte Reinhard Roth, Organisationsbüro Hephata-Festtage, am Sonntagnachmittag die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen für offiziell als beendet erklärt. Starker Wind und Regen fegten über das Festgelände, für den Schwalm-Eder-Kreis galt eine Unwetterwarnung.

Insgesamt kamen am Samstag und Sonntag 9.000 Besucher auf das Stammgelände der diakonischen Einrichtung in Schwalmstadt-Treysa. Für das Live-Benefiz-Konzert von Nicki, das den offiziellen Abschluss der Festtage bilden sollte, hatte Roth mit 1.500 Besucher gerechnet. Gegen 15 Uhr waren bereits 500 Fans im Zelt, Nicki befand sich bereits in der Garderobe. „80 Prozent der Festtage waren sehr schön, der Rest hat leider nicht mehr geklappt“, so Roth. „Das geplante Konzert wird jedoch zu einem späteren Zeitpunkt, gekoppelt an die Hephata-Festtage, nachgeholt werden.“

Neben dem geplanten Auftritt von Nicki hatten die Festtage mit noch drei weiteren Höhepunkten geworben: Die Auftaktveranstaltung mit Prof. Dr. Wolfgang Hinte, das Konzert der Kirchentagsband „Habakuk“ am Samstagabend und der Kreativ-Gottesdienst am Sonntagmorgen. Prof. Dr. Wolfgang Hinte sprach zum Jahresmotto Hephatas „MitMenschen aktiv – Vielfalt leben“ am Samstagmorgen. Rund 150 Zuhörer waren zu der Auftaktveranstaltung in den Hephata-Kirchsaal gekommen. Hinte forscht und arbeitet an der Universität Duisburg-Essen. Er unterrichtet Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Hinte ist außerdem Vorstand des Instituts für Stadtteilentwicklung, Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung (ISSAB). In dieser Funktion berät Wolfgang Hinte Institutionen, Städte und Landkreise beim Thema Inklusion, dem gleichberechtigten Miteinanders aller Menschen in einer Gesellschaft.

Inklusion spielt auch in der Arbeit Hephatas, beispielsweise in der Behindertenhilfe, eine zentrale Rolle. Hinte wollte mit seinem Vortrag Anregungen für eine gelingende Inklusion geben. Dazu gehörte auch, zu erläutern, was seiner Meinung nach nicht funktioniert: „Das systematisch, professionelle Zusammenpferchen von Milieus bricht sich immer am Alltag, den man nicht vorhersehen kann. Vielfalt leben, koste es, was es wolle, klappt nicht.“ Menschen mit Beeinträchtigungen in die Gemeinden vor Ort zu inkludieren brauche vor allem eines: Respekt vor dem Willen aller Beteiligter. Oftmals gehe die Tendenz aber immer noch dahin, für Menschen mit Beeinträchtigungen Wege vorzugeben. Zwar mit gutem Willen, letztlich aber doch in der Annahme selbst zu wissen, was für einen anderen Menschen das Beste sei. „Erstes Ziel muss sein, darauf zu verzichten, Menschen ändern zu wollen. Ich muss die Anderen nicht lieben. Aber ich muss sie auch nicht versuchen zu erziehen. Sondern sie so sehen, wie sie sind“, so Hinte. Er nannte in seinem Vortrag drei Prinzipien, die für Inklusion grundlegend seien. Das erste Prinzip: Die Akzeptanz des eigenen Willens und des Willens des Anderen.  „Der Wille ist eine Kernkraft, die es gilt zu erhalten und nicht kleinzumachen.“ Zusammenleben klappe dann, wenn der Wille jedes Menschen akzeptiert und gehört werde. Das zweite Prinzip: „Würde erhalten Menschen nur durch das, was sie tun. Nicht durch das, was sie getan bekommen.“ Menschen mit Beeinträchtigungen müssten zwar ein befähigendes Netzwerk mit verschiedenen Hilfen im Hintergrund haben. Jedoch dürfe die Hilfe nur aktivierend sein, möglichst viele Dinge selbst zu tun. Das dritte Prinzip: „Alles, was Menschen tun, ist eine Chance.“ Wenn jemand stehle, wisse er auch, wie man Diebstahl verhindern könne und sei geeignet für einen Job beispielsweise als Kaufhausdetektiv. „Schauen Sie danach, was Menschen können, welche Ressourcen in ihnen stecken. Und nicht nur darauf, was Menschen nicht können.“ Diese Prinzipien seien ein Beitrag dazu, dass Inklusion und Vielfalt gelebt werden könnten: „Bewahren Sie sich die Fähigkeit, die innere Melodie zu hören, die entsteht, wenn neue Töne hinzukommen.“

 Jede Menge Töne kamen dann auch beim Konzert der Kirchentagsband Habakuk am Samstagabend dazu. Vor rund 100 Zuhörern spielte die Frankfurter Formation um Studenten- und Stadionpfarrer Eugen Eckert ein Open-Air-Konzert auf dem Festplatz an der Hephata-Gärtnerei. Zu hören waren lateinamerikanisch angehauchten Rhythmen, Funk-, Jazz-, Pop- und Rocksound mit christlichen Texten. Doch das Publikum beschränkte sich nicht nur aufs Zuhören, sondern tanzte im zweiten Teil des dreistündigen Konzertes auch vor der Bühne.

Getanzt, gesungen und geklatscht wurde auch beim Kreativ-Gottesdienst am Sonntagmorgen im großen Festzelt an der Hephata-Gärtnerei. Unterstützt von dem eigens für den Gottesdienst von Hephata-Kantorin Tabea Fuhr ins Leben gerufenen Projektchor, dem Posaunenchor Hephatas und Band führten Hephata-Pfarrer Dr. Johannes Altmann und Hephata-Vorstand Pfarrerin Barbara Eschen durch den Gottesdienst. Gebärdendolmetscher Pfarrer Lutz Käsemann übersetze den Gottesdienst in die Gebärdensprache. Rund 200 Menschen nahmen an dem Gottesdienst teil.

Insgesamt wirkten an beiden Tagen rund 300 Künstler an den Programmen auf insgesamt vier Bühnen mit. 110 Marktleute, von Hephata und aus ganz Hessen und Südniedersachsen, sorgten auch für Vielfalt auf der Festtagsmeile. „Von dem Unwetter wurden leider fünf  kleinere Stände verwüstet. Außerdem kam es zu kleinen technischen Ausfällen. Insgesamt sind wir glimpflich davon gekommen“, so Roth. „In 18 Jahren Festtags-Geschichte hatten wir meistens Glück mit dem Wetter. Diesmal hat es uns leider erwischt. Wir blicken jetzt mit Zuversicht auf die kommenden Jubiläums-Festtage 2012.“ (me)