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Demokratisierung als Antwort auf rechten Terrorismus

Publizistin ermutigt IG Metall zu hoher Lohnforderung

Baunatal. Als Reaktion auf die rechtsterroristische Mordserie hat der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Nordhessen, Ullrich Meßmer, eine Demokratisierung der Gesellschaft gefordert. Langjährig und rechtmäßig in Deutschland lebenden Ausländern müsse das kommunale Wahlrecht zugestanden werden, sagte Meßmer am Samstag bei der Delegiertenversammlung der IG Metall Nordhessen in der Stadthalle in Baunatal. Die von Rechtsextremisten ausgehende Gefahr müsse von den Sicherheitsbehörden künftig gründlicher analysiert werden. Wichtig sei zudem eine rasche und umfassende Aufklärung der Rolle der Sicherheitsbehörden bei der Mordserie. „Bisher ist besonders die Rolle des Verfassungsschutzes und seiner Informanten nicht wirklich geklärt“, sagte Meßmer.

Einsatz gegen Neonazis ist Alltagsaufgabe
In der Diskussion rief die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von Volkswagen in Baunatal, Renate Müller, dazu auf, alles dafür zu tun, „dass die demokratischen Kräfte gestärkt und die Neonazis gestoppt werden“. Das sei eine Alltagsaufgabe für jeden einzelnen. Lob für den Einsatz der Gewerkschaften für die Integration von Ausländern in Betriebe und Gesellschaft äußerte Bilal Sahin vom Ortsmigrantenausschuss der IG Metall. „Es gab schon sehr früh Flugblätter in unterschiedlichen Sprachen und wir haben die Tarifkämpfe immer gemeinsam geführt“. Auch nach 50 Jahren Einwanderung gebe es allerdings weiterhin strukturelle Diskriminierung in Betrieben. „Damit dürfen wir uns nicht abfinden“, sagte Sahin. Die betriebliche Integration müsse weiter verbessert werden.

Wirtschaftspublizistin ermutigt IG Metall zu hoher Lohnforderung
Die Wirtschaftspublizistin Friederike Spiecker rief die IG Metall in ihrem Vortrag über die Schuldenkrise in Europa dazu auf, im Jahr 2012 eine kräftige Lohnerhöhung zu erstreiten. Das sei nicht nur verkraftbar, sondern sogar notwendig, um die gegenwärtige Euro-Krise zu entschärfen, sagte die Diplom-Volkswirtin. Ihre Begründung: Anders als gemeinhin angenommen seien nicht die hohen Staatsschulden einzelner Länder für die Krise verantwortlich. Auslöser seien vielmehr die voneinander stark abweichenden Inflationsraten der europäischen Länder, die ihrerseits zu Außenhandelsungleichgewichten führten. „Der Abbau von Staatsschulden kann die Euro-Krise nicht lösen“, sagte Spieker. Rigide Sparprogramme würden die Misere sogar weiter verschlimmern.

Als Beitrag der Gewerkschaften empfahl Spiecker, im Jahr 2012 eine Lohnsteigerung von rund 4,5 Prozent zu erkämpfen. Damit sollen die deutschen Lohnstückkosten, deren Anstieg über lange Zeit zu stark unter dem europäischen Schnitt gelegen habe, wieder auf ein sinnvolles Niveau angehoben werden. Die Publizistin verspricht sich davon auch eine Ankurbelung des innerdeutschen Handels, der in den vergangenen zehn Jahren stark unter geringen Lohnzuwächsen gelitten habe.

Die Thesen der Volkswirtin wurden von den Delegierten der IG Metall interessiert verfolgt und rege diskutiert. Abstimmen werden die Gewerkschafter über ihre Lohnforderung allerdings erst im Frühjahr 2012. (red)