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Hessenderby: MT nimmt Favoritenrolle an

Kassel/Melsungen. Wenn Derbys die Schmankerl einer jeden Bundesligasaison sind, in denen es zuvorderst um Punkte, aber auch um’s Prestige geht, dann trifft dies erst recht für das neuerliche Kräftemessen zwischen der MT Melsungen und der HSG Wetzlar zu. Am Sonntag ist es wieder soweit: Das 13. Hessenderby seit gemeinsamer Zugehörigkeit zur Ersten Bundesliga steht an. Anwurf in der Kasseler Rothenbach-Halle ist um 18 Uhr. Karten gibt es noch im Vorverkauf und an der Abendkasse.

Die Nordhessen rangieren derzeit zwar fünf Punkte und sechs Plätze (bei einem Spiel mehr) vor den Mittelhessen, aber beide Kontrahenten haben auch etwas gemeinsam. Das ist der sehnliche Wunsch nach einem Erfolgserlebnis, am besten, nach einem mit zwei Pluspunkten. Sowohl die MT, als auch die HSG haben aus ihren letzten fünf Begegnungen gerademal einen mageren Zähler ergattern können: das Roth-Team beim 28:28 in Großwallstadt, das Chalepo-Team beim 23:23 zuhause gegen Balingen/Weilstetten. Diese Durststrecke wollen beide Clubs schnellstmöglich beenden.

Nach der Statistik dürfte dies am Sonntag eher der MT gelingen. Zum einen haben die Grünweissen in dieser Saison alle Auswärtsspiele verloren, zum anderen haben die Rotweissen im Derbyvergleich die Nase vorn: von den bislang 12 Begegnungen in der ersten Bundesliga hat die MT sieben zu ihren Gunsten entschieden, drei Mal trennte man sich Remis, zwei Mal gewann die HSG. Das letzte Aufeinandertreffen fand am 4. Juni diesen Jahres in Wetzlar statt. Es war der letzte Spieltag der Saison 2010/2011. Diese Partie wurde zur Halbzeit beim Stand von 11:10 abgebrochen, weil kurz zuvor ein Zuschauer auf der Tribüne einem Herzinfarkt erlegen war. Das Spiel wurde mit 1:1 Punkten und 0:0 Toren gewertet. Von einer Wiederholung sah der Spielleiter der HBL damals ab, da beide Mannschaften ihren Tabellenplatz ohnehin nicht mehr hätten verändern können.

Am Sonntag steht also das 13. Bundesliga-Duell seit 2005 auf dem Programm, von dem der MT-Trainer sagt: ”Das ist ein wichtiges Spiel zu einem wichtigen Zeitpunkt. Dabei müssen wir als Heimmannschaft auch die so genannte Favoritenrolle annehmen”. Von einem ”Schlüsselspiel” will Michael Roth aber nicht sprechen. ”Wir sind derzeit noch absolut im Soll. Bis auf die Niederlage gegen Hannover/Burgdorf durften wir nicht unbedingt davon ausgehen, alle anderen Spiele zu gewinnen.”

Der MT-Coach hoffte indes, in der Vorbereitung auf das Derby, wenigstens zwei Trainingseinheiten mit dem kompletten Kader absolvieren zu können. Bis Mitte der Woche konnten nämlich aufgrund von Erkrankungen oder Verletzungen gleich mehrere Spieler nicht am Übungsbetrieb teilnehmen. Jens Schöngarth leidet noch an den Folgen eines verschleppten Infekts, Per Sandström meldete sich wegen Grippe ab, Alexandros Vasilakis hat noch arge Probleme im Adduktorenbereich und Christian Hildebrand liegt wegen eines Bandscheibenvorfalls auf Eis.

”Aber es hilft kein Jammern”, so Roth, ”da müssen wir einfach durch”. Als vordringlichstes Ziel für das Derby sieht er die Stabilisierung der Abwehr. ”Denn hier haben wir in den letzten Spielen etwas nachgelassen”. Dabei will er die zuletzt nach der Niederlage in Lemgo am Mittelblock Danner/Mansson geübte Kritik nicht überbewertet wissen. Die beiden hätten eine sehr gute Entwicklung genommen. Und man müsse ihnen in dieser für sie neuen, verantwortungsvollen Rolle im Deckungszentrum auch hin und wieder schwächere Spiele zugestehen. Das volle Vertrauen des Trainers würden sie auch weiterhin genießen.

Wie wichtig eine solide Abwehr ist, haben schließlich die letzten Begegnungen gezeigt. Immer wenn die MT deutlich über 30 Gegentore kassiert, wie gegen Lemgo (34), Magdeburg (35) oder auch gegen Hannover/Burgdorf (36), hat sie keine Chance, das Spiel zu gewinnen. Denn das Manko in der Defensive lässt sich im Angriff nicht kompensieren. Selbst wenn einzelne Spieler wie Nenad Vuckovic, Savas Karipidis oder Alexandros Vasilakis als Torschützen über sich hinauswachsen. Bisweilen sind es aber auch die Fehler im Angriff, die zu einer hohen Quote an Gegentoren führen. Voreilige Würfe, Ballverluste aufgrund technischer Fehler, oder direkte Fehlpässe – damit werden dem Gegner Chancen zu Kontertoren geradezu auf dem Silbertablett serviert.

”Hingegen hat das Spiel in Großwallstadt bewiesen, dass wir sofort Siegchancen haben, sobald wir hinten gut stehen”. Der ergatterte Punkt war die logische Konsequenz. Gelingt es der MT am Sonntag also, die HSG unter der magischen Grenze von 30 Toren zu halten, steigt die Wahrscheinlichkeit auf einen Sieg rapide an. Dass dieses Ziel zu schaffen ist, zeigt übrigens wiederum ein Blick auf die Statistik: Wetzlar hat in seinen 11 Spielen im Schnitt ”nur” 26,5 Treffer erzielt.

Warum die Mannschaft von Trainer Gennadij Chalepo ihren positive Trend der letzten Saison, die mit einem respektablen 11. Platz abgeschlossen wurde, in der aktuellen Meisterschaftsrunde bislang nicht fortsetzen konnte, ist sicher auch den Verantwortlichen der HSG ein Rätsel. Die Rahmenbedingungen haben sich schließlich nicht nennenswert verändert, der Kader ist nahezu identisch mit dem der letzten Saison. Aufsichtsratssprecher Manfred Thielmann sah sich kürzlich denn auch veranlasst, die Spieler ins Gebet zu nehmen.

Im Unterschied dazu die MT, die sich seit dem Wirken von Michael Roth kontinuierlich weiter entwickelte. Was sich in der vergangenen Saison mit dem Klassenerhalt schon andeutete, fand seine Fortsetzung in der laufenden Runde mit einem geradezu sensationellen Auftakt. Und auch, wenn die Mannschaft derzeit ein kleines Tal durchschreitet, ist man in der Führungsetage davon überzeugt, dass die allgemeine Richtung stimmt. Was ein Derbysieg natürlich noch bestätigen würde. (Bernd Kaiser)

Schiedsrichter in Kassel:
Ralf Damian, Bingen / Frank Wenz, Mainz; DHB-Aufsicht: DHB Schiedsrichterwart Peter Rauchfuß.