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Karo-Ass sticht auch in Dortmund

MT-Mittelstrecken-Hoffnung verbessert 800 Meter-Kreisrekord auf 2:21,51 Minuten

Dortmund/Melsungen. Über 28 Jahre stand der 800 Meter-Kreisrekord bei den A-Schülerinnen bei 2:23,1 Minuten wie ein Fels in der Brandung. In all den Jahren hatten die Läuferinnen aus dem Schwalm-Eder-Kreis versucht, diese Kreisbestleistung, die Claudia Fröhlich 1983 aufgestellt hatte, zu unterbieten und sich in das Rekordbuch einzutragen. Aber alle Versuche scheiterten. Für das Jahr 2011 wurde eine Rekordverbesserung geplant. Karolin Siebert (MT Melsungen), die mehrfache hessische Schülermeisterin auf dieser Strecke, sollte diese harte Nuss in Dortmund bei ihrem letzten Rennen in der Schülerklasse knacken. Doch die Rekordverbesserung kam schon früher. Beim Hallenmeeting in Erfurt, das am 3. Dezember ausgetragen wurde, verbesserte sich der 15-jährige Teenager auf 2:22,29 Minuten und zog dabei ihre Trainingspartnerin Marie Wagner (TSV Jahn Gensungen) auf 2:24,07 Minuten mit.  

Eigentlich war damit das Jahresziel erreicht, aber Trainer Alwin J. Wagner, Karolin Siebert und Marie Wagner wollten beim internationalen Abschluss-Meeting in Dortmund noch eine weitere Steigerung erreichen. Alle drei waren sich sicher, dass Dortmund noch schnellere Zeiten erzielt werden, denn berechtigtes Selbstvertrauen und eine faszinierende Selbstsicherheit zeichnete diese Mittelstrecken-Hoffnungen bereits im Training aus.

In Dortmund mussten die A-Schülerinnen gegen die zwei Jahre älteren Mädchen der Wettkampfklasse U18 antreten. Es lag auf der Hand, dass die besten U-16-Läuferinnen gegen Pia Nickoleit aus Emden, die über 800 Meter mit 2:12,09 Minuten zu den Top-Ten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes in der U18 gehört, nur eine untergeordnete Rolle würden spielen können. Und so gab Alwin J. Wagner die Taktik aus, die Jugendliche aus Emden laufen zu lassen und auch auf die anderen Schülerinnen nicht zu schauen. Karolin Siebert und Marie Wagner sollten viel mehr auf die vorgegebenen Zwischenzeiten achten, die sie auch sekundengenau bis 100 Meter vor dem Ziel einhielten.

Mit dem Startschuss setzte sich erwartungsgemäß die 17-jährige Pia Nickoleit (LG Emden) sofort an die Spitze und lief ein einsames Rennen. Bei den Schülerinnen drückten in der ersten von vier Runden vor allem Franziska Fourne aus einem Stadtteil von Eschweiler an der Jülicher Börde und Ines Triphaus aus Ankum bei Osnabrück dem Rennen ihren Stempel auf. Während nach den ersten beiden Hallenrunden Nickoleit mit 64 Sekunden gestoppt wurde, passierten die beiden Schülerinnen die 400 Meter-Zwischenmarke unter 67 Sekunden. Karolin Siebert und Marie Wagner sollten die Hälfte der Strecke in 69 Sekunden zurücklegen. Für beide Schülerinnen, die nebeneinander liefen, wobei Marie Wagner in der Kurve ein paar Meter mehr laufen musste, wurden 68,4 Sekunden notiert. In der dritten Runde schlossen die beiden Schülerinnen aus dem Altkreis Melsungen zu  Franziska Fourne auf.  Das Mädchen von der SV Germania Dürwiss wollte mit dem Duo mithalten, aber schon bald merkte sie, dass sie überzogen hatte. Sie resignierte und gab das Rennen auf. Ines Triphaus lag immer noch vier Meter vor den beiden Schülerinnen aus Melsungen und Gensungen. Aber nun schickten sich beide Mädchen an, selbst einer Läuferin mit einer Bestzeit unter 2:20 Minuten zu zeigen, wer das Schülerinnenfeld beherrschen könnte.

Mit jedem Schritt kamen Karolin Siebert und Marie Wagner, die  inzwischen zwei Schritte hinter Karolin lief, der führenden Schülerin aus Ankum einige Zentimeter näher. 100 Meter vor dem Ziel hatten sich die beiden Mittelstrecken-Läuferinnen aus Melsungen und Gensungen zu Ines Triphaus gesellt und achteten darauf, dass die bisher Führende ihnen  nicht mehr davon stürmte. 50 Meter liefen sie dicht hinter ihr. Als Ines Triphaus noch einmal beschleunigte und das Rennen in die entscheidende Phase trat, zog Karolin Siebert sofort mit. Die letzten 50 Meter – eingangs der Zielgeraden – mussten deshalb die Entscheidung bringen.

An der Spitze merkte man Pia Nikoleit die Anstrengungen des viel zu schnellen Tempos zu Beginn des Rennens deutlich an. Sie wurde sichtlich langsamer und das Verfolger-Trio kam deutlich näher. Nach 2:17,72 Minuten, fast sechs Sekunden schwächer als ihre Bestleistung, überquerte die Top-Ten-Läuferin des DLV, als Erste die Ziellinie.

Karolin Siebert machte nun ernst und überholte Ines Triphaus, ohne dass diese sich wehrte. So behauptete sie ihren Vorsprung sicher bis ins Ziel. Aber das Melsunger „Karo-Ass“ wollte nicht nur ihren Lauf gewinnen. Sie wollte auch die Norm für die Süddeutschen Hallenmeisterschaften in Sindelfingen laufen, das war offensichtlich. So geizte Karolin Siebert  mit den Zehnteln bis zum Zielstrich. Nach 2:21,51 Minuten überquerte sie als schnellste Schülerin die Ziellinie und setzte damit ihre Siegesserie  fort. Diese begann beim Hallensportfest am 12. November in Erfurt mit 2:24 Minuten und wurde drei Wochen später mit 2:22,29  Minuten ebenfalls in Erfurt fortgesetzt.

Kurz vor dem Ziel entwickelte sich ein starker Zweikampf zwischen Triphaus und Marie Wagner. Die Schülerin aus Gensungen kam immer dichter auf, aber Triphaus sicherte sich in 2:22,46  Minuten knapp den zweiten Platz in der Klasse der Schülerinnen und Rang drei in der Gesamtwertung. Marie Wagner verbesserte sich seit ihrem letzten Auftritt in Erfurt um weitere 1,28 Sekunden und unterbot mit 2:22,69 Minuten den alten Kreisrekord, den Karolin Siebert nach 28 Jahre in Erfurt auf 2:22,29 Minuten verbessern konnte.

Karolin Siebert und Marie Wagner sind ohne Zweifel große Talente, die ihre bisher höchste Leistungsfähigkeit erreicht haben, aber noch viel Potenzial besitzen. Immer günstig liegend und mit einem beeindruckenden Endspurt davonziehend, imponierten sie auch in Dortmund. Bei den Landes-Hallenmeisterschaften in Hanau ist für beide eine Zeit unter 2:20 Minuten geplant. Schon in Dortmund wäre die Möglichkeit gewesen, das Tor zu einer solchen Zeit aufzustoßen. Die Klinke hatten sie schon in der Hand, doch konnten sie sie nicht mehr herunterdrücken, um die Tür einen Spalt zu öffnen. Aber beide Schülerinnen wurden für ihren mutigen und taktischen Lauf mit einer neuen Hallenbestzeit belohnt, die weiter motiviert.

Im dritten Zeitlauf über 800 Meter musste die 15-jährige Julia Klute (MT Melsungen), die in Erfurt die 800 Meter in 2:50,56 Minuten gelegt hatte, gegen eine zum Teil zwei Jahre ältere Konkurrenz mit Bestzeiten unter 2:30 Minuten antreten. Auch die Schülerin aus Schwarzenberg hatte den Auftrag, diszipliniert und nach den vorgegebenen Rundenzeiten zu laufen. Sie tat es mit Bravour und legte einen famosen Lauf hin.  An die taktischen Vorgaben haltend, sollte sie die ersten beiden Runden in 82,0 Sekunden zurücklegen. Julia Klute passierte diese Zwischenmarke nach 81,8 Sekunden und lief zu diesem Zeitpunkt weit hinter dem Feld her. Aber die Geschwister-Scholl-Schülerin resignierte zu keinem Zeitpunkt und wurde nach drei Runden mit 2:04,6 Minuten notiert. Als sie auf der letzten Runde merkte, dass ihre Gegnerinnen langsamer wurden, legte sie zu und machte noch wertvollen Boden gut.

Sie kämpfte mit einem Einsatz, der vorbildlich genannt werden darf und lief die letzten 200 Meter in erstaunlichen 40 Sekunden.  Fast hätte sie auf der Ziellinie noch Paulina Schwick aus Aachen (2:43,50 Minuten) abgefangen. Mit 2:44,56 Minuten lief Julia Klute eine vielversprechende Zeit. Diese Leistung verdient Respekt. Wer hätte ihr zuvor diese Steigerung zugetraut? Vor allem die Schülerinnen aus den Niederlanden hatten alle wesentlich bessere Spitzenzeiten als die Schülerin aus Schwarzenberg. Doch während Julia Klute sich um über sechs Sekunden steigern konnte, blieben die Mädchen aus Holland fast zehn Sekunden hinter ihren Bestzeiten zurück.

Dass nicht nur der Teamgeist bei diesem Trio stark ist, Karolin Siebert und Marie Wagner feuerten Julia Klute während ihres Laufes ständig an und waren auch die ersten Gratulanten, sondern auch ihre Mannschaftsleistung, zeigt die Addition der drei erzielten Zeiten.  Karolin Siebert (2:21,51 Minuten), Marie Wagner (2:22,68 Minuten) und Julia Klute (2:44,56 Minuten) erreichten eine Gesamtzeit von  7:28,75 Minuten. Vor zwei Wochen in Erfurt kamen diese drei Schülerinnen noch auf eine Endzeit von 7:36,62 Minuten. Betrachtet man das Ergebnis von den Landes-Schülermeisterschaften über 3×800 Meter, dann erkennt man, dass der TV Rendel mit 7:33,81 Minuten vor der LG Eintracht Frankfurt (7:35,18 Minuten) siegte.  Den Landestitel der weiblichen Jugend B sicherten sich die Jugendlichen des TV Gelnhausen mit 7:32,40 Minuten. Das lässt für nächstes Jahr hoffen. (ajw)