- SEK-News – Online-Zeitung für den Schwalm-Eder-Kreis - https://www.seknews.de -

Behindertenrecht: SPD Netzwerk lehnt Aktionsplan ab

Schwalm-Eder. Ralf Wenzel, Sprecher des SPD Netzwerk Selbst Aktiv Schwalm-Eder/Bez. Hessen-Nord Behinderter Menschen und Georg Einhaus, Mitglied des Sprecherkreises Netzwerk Selbst Aktiv, Behinderte Menschen in der SPD – Bezirk Hessen Süd, lehnen gemeinsam den Aktionsplan der Hessischen Landesregierung ab. Am 1. Dezember 2011 wurde der Entwurf  „Hessischer Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ vorgelegt. Die Federführung hat eine am 3. Januar gegründete Stabsstelle im Hessischen Sozialministerium übernommen. Den hessischen Behindertenverbänden sowie der interessierten Öffentlichkeit wurde bis zum 29. Februar die Möglichkeit eingeräumt, zum Entwurf eine Stellungnahme abzugeben.

Die Arbeitsgemeinschaft Netzwerk Selbst Aktiv, Behinderte Menschen in der SPD, Bezirk Hessen-Süd sowie das Netzwerk Selbst Aktiv Schwalm-Eder/Hessen-Nord  nimmt dazu wie folgt Stellung:

„Festzuhalten ist, dass endlich das Thema Schwerbehinderung in der Hessischen Gesellschaft seitens des Landes einen formalen Rahmen bekommt, auf dessen Fundament weiter aufgebaut werden kann. Grundsätzlich war bisher nur sichtbar, dass viele Einzelprojekte für behinderte Menschen in Hessen unterstützt wurden, der ganzheitliche und nachhaltige Ansatz aber fehlte. Leider ist der gewählte Plan aber nur halbherzig und ohne dauerhafte Wirkung, ein typisches Strohfeuer der Marke ‚Bouffier‘. Dieses lässt sich exemplarisch an vielen Punkten belegen. Die Einbindung der verschiedenen Behindertenverbände hat im Wesentlichen nur einen Alibicharakter. Gehörlose waren im Beirat nicht vertreten, die ersten Dokumente des Entwurfs waren für Sehbehinderte nicht lesbar, Anregungen von Behindertenverbänden mit Investitionsinhalten wurden als Visionen abgetan, unterschiedliche Behinderungen wurden undifferenziert in einen Topf geworfen, usw. Weiterhin wird die Finanzierung und Zuständigkeit in vielen Fällen den Landkreisen und Kommunen zugewiesen. Wenn es ernsthaft geplant ist, eine inklusive Gesellschaft zu entwickeln, dann ist es Aufgabe der Landesregierung, hierfür geeignete Mittel einzuplanen. Wir fordern, gezielt ausreichende Haushaltsmittel für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zur Verfügung zu stellen, und die Landkreise und Kommunen als Hauptträger der Maßnahmen entsprechend finanziell auszustatten.“

„Darüber hinaus ist kritisch anzumerken, dass viele Maßnahmen ohne einen entsprechenden Endtermin verabschiedet werden sollen, so zum Beispiel die Barrierefreiheit im Baubereich. Symptomatisch für fehlende Barrierefreiheit ist insbesondere der Hessische Landtag selbst, der nicht barrierefrei ist. Im Sinne einer erfolgreichen Zielerreichung halten wir es für erforderlich, verpflichtend die Umsetzung bis zu einem Zeitpunkt anzustreben, um eine Verbindlichkeit sicher zu stellen. Zu kritisieren ist auch die Zeit, die die Hessische Landesregierung benötigt hat, sich ernsthaft mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auseinander zu setzen. Während andere Bundesländer schon längst seit mehreren Jahren einen verabschiedeten Aktionsplan besitzen, wird in Hessen im Jahr 2012 noch über den Entwurf diskutiert.Der gewählte Ansatz ist auch deshalb halbherzig, da die Rolle eines unabhängigen und mit weitreichenden Befugnissen ausgestatteten Landesbehindertenbeauftragten nur schwer erkennbar ist. In die Besetzung einer solch wichtigen Position ist zwingend der Landesbehindertenbeirat einzubinden. Behinderte Menschen brauchen einen starken, unabhängigen und mit Kompetenzen ausgestatten Vertreter in der Landesregierung.“

„Ein weiterer Kritikpunkt ist auch die fehlende Kopplung der Ausarbeitung des Aktionsplans mit der Ausarbeitung eines neuen Schulgesetzes. Dieses wäre hier sinnvoll und zwingend notwendig gewesen.“

„Aus den oben beschriebenen Gründen ist der Aktionsplan in der vorliegenden Form abzulehnen. Fehlende finanzielle Mittel, die mangelhafte Einbindung der Betroffenen, unklare Zielformulierung sowie die schwache Position des Landesbehindertenbeauftragten führen zwangsläufig zu dieser Einschätzung.“ (red)