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Nordhessische SPD-Juristen gegen Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages

Nordhessen. Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen im SPD-Bezirk Hessen Nord hat sich gegen eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages ausgesprochen. Die SPD-Juristen unterstützen insoweit die Position von Bundestagspräsident Norbert Lammert. Dieser hatte in der Debatte um den EURO-Rettungsschirm Abgeordneten aus CDU und FDP das Wort erteilt, obschon diese von ihren Fraktionen nicht auf die Rednerliste gesetzt wurden. Als Reaktion darauf soll nun auf Initiative des Ältestenrates die Geschäftsordnung dahingehend geändert werden, dass der Bundestagspräsident nur im Benehmen mit den Fraktionen weiteren Rednern das Wort erteilen können soll und dies auch nur für drei Minuten.

„Eine Änderung der Geschäftsordnung ist weder erforderlich noch angemessen. Gerade Fragen von solcher Trageweite wie beim EURO-Rettungsschirm lassen es angezeigt erscheinen, dass auch die sogenannten „Abweichler“ zu Wort kommen. Dies muss umso mehr Geltung beanspruchen, wenn sich die Fraktionen im Bundestag weitestgehend einig sind. Es ist für eine Demokratie schlechthin konstituierend, dass auch die Gegenmeinung – selbst wenn sie (auch) in den Fraktionen nur eine Minderheit repräsentieren – zu Wort kommen kann. Die Position des Bundestagspräsidenten fußt insoweit auf besten demokratischen Traditionen. Soweit die Befürworter der Beschränkung des Rederechts mit der Handlungsfähigkeit des Parlaments argumentieren, vermag dies nach Auffassung der nordhessischen SPD-Juristen schon deshalb nicht durchzugreifen, weil der Bundestag in letzter Zeit nicht dadurch aufgefallen ist, dass die Rededebatten so ausufernd waren, dass Entscheidungen nicht möglich waren – das Gegenteil ist der Fall. Der Bundestag hat in jüngster Zeit mehrfach umfangreichste Gesetzgebungsvorhaben ohne größere Diskussion durch gewunken. Das Bundesverfassungsgericht hat gleichzeitig die Rolle des Parlaments (gegenüber der Regierung) hervorgehoben. Eine Beschneidung der Rederechte des einzelnen Abgeordneten wird das Bundesverfassungsgericht nicht akzeptieren. Die nordhessischen Bundestagsabgeordneten wurden daher aufgefordert, entsprechenden Änderungsbestrebungen ihre Zustimmung zu verweigern, um so einer Beeinträchtigung von Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG vorzubeugen. Gerade in Zeiten, in denen eine Partei, welche fast vollends auf Inhalte verzichtet, zweistellige Umfragewerte wohl allein deshalb erzielt, weil die Meinungsfindung transparent verläuft, sollten die etablierten Parteien darauf verzichten, kritische Stimmen in den eigenen Reihen zum Schweigen zu bringen. Die Demokratie lebt vom öffentlichen Diskurs“, so die nordhessischen SPD-Juristen. (red)