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Gold und zweimal Silber für Hella Böker

Erfurt/Melsungen. Bereits am ersten Tag der deutschen Meisterschaften in Erfurt boten die Senioren einen sichtbaren Aufschwung.  Dies gilt nach den Maßstäben, die die Sportöffentlichkeit in Richtung auf die Senioren-Europameisterschaften im Dreiländereck Zittau, Bogatynia (Polen)  und Hradek Tschechische Republik) vom 16. bis 25. August anstellt. Auch dieses Mal mischte sich zum Auftakt Erwartung mit Enttäuschung.

Hella Böker (MT 1861 Melsungen)  war nach den guten Wettkämpfen der Mai-Juni-Wochen die Favoritin im Kugelstoßen der W70. Und sie ließ auch keinen Zweifel daran, wie sicher sie in diesem Bereich zwischen 9,00 und 9,30 Meter geworden ist.  Es war großartig, wie sie nach einer anfänglichen Unsicherheit noch zu einer glänzenden Form auflief.  Die MT-Sportlerin der letzten beiden Jahre begann mit 8,71 Meter und ließ sich auch von Monika Bernert nicht aus der Ruhe bringen.  Denn die Titelverteidigerin von der LG Altmark eröffnete ihren Wettkampf mit 8,95 Meter und lag damit  24 Zentimeter vor dem Melsunger Kugelstoß-Ass. Die vielseitige Wurfspezialistin aus Fuldabrück hatte sich vorgenommen, mit einem Sieg im Kugelstoßen den 35. deutschen Meistertitel zu gewinnen.

Im zweiten Durchgang, als Monika Bernert nur auf 8,76 Meter kam, nutzte  sie die Gunst der Stunde und steigerte sich auf  9,08 Meter.  M. Bernert gab sich zwar noch nicht geschlagen und erreichte mit ihrem dritten Versuch 9,03 Meter, aber das sollte nur ein Strohfeuer sein.  Hella Böker präsentierte sich wieder auf die Minute top-fit und steigerte sich über 9,12 Meter im fünften Durchgang mit ihrem letzten Stoß auf die Tagesbestweite von 9,25 Meter.  Damit verbesserte sie ihre Jahresbestleistung von 9,23 Meter, die sie am 28. April bei den nordhessischen Meisterschaften in Borken aufgestellt hatte, um zwei Zentimeter.  Von Monika Bernert, die im Endkampf nur noch auf 8,44, 8,70 und 8,63 Meter kam, hatte man ein klein wenig mehr erwartet.  Während sich Ingrid Holzknecht von der LG Elsmhorn mit 8,96 Meter die Bronzemedaille sicherte, landete Brunhilde Ponzelar vom CSV Krefeld mit 8,53 Meter auf den vierten Platz.

Im Hammerwerfen der W70 traf die Vorhersage ein, denn die Winterwurf-Weltmeisterin Gudrun Mellmann vom SV Lurup Hamburg behauptete sich.  Aber im Vorkampf war ihr Hella Böker bei leichtem Nieselregen dicht auf den Fersen und hätte für eine Überraschung sorgen können.  Während die MT-Athletin mit 29,90 Meter ihren Wettkampf eröffnete, begann die große Favoritin aus Hamburg mit einem ungültigen Wurf.  Auch im zweiten Durchgang konnte Gudrun Mellmann mit 27,24 Meter nicht überzeugen.  Als sich die vielseitige Werferin aus Fuldabrück mit ihrem dritten Versuch auf 30,65 Meter verbessert hatte, kam Gudrun Mellmann allmählich in Schwung und übernahm mit 31,29 Meter die Führung.  Erst mit ihrem vorletzten Wurf sorgte die Favoritin für die Entscheidung, denn sie ließ den Hammer auf 35,33 Meter fliegen und damit zwei Meter weiter als bei ihrem WM-Sieg in Finnland.  Auch im letzten Durchgang warf sie mit 34,20 Meter deutlich weiter als Hella Böker, die sich aber mit 31,25 Meter die zweite Medaille an diesem Tag sicherte.

Als dritter Meisterschaftswettbewerb wurde am ersten Tag das Speerwerfen der W70 ausgetragen.  Hella Böker begann mit einem weiten Wurf, den sie leider knapp übertrat, so dass er vom Kampfgericht für ungültig erklärt werden musste.  Mit diesem Wurf deutete Hella Böker an, was die Konkurrenz von ihr erwarten konnte.  Und so waren alle Konkurrentinnen erst einmal geschockt, denn niemand kam im Vorkampf über die 25m-Marke. Ingrid Holzknecht von der LG Elmshorn übernahm mit 23,47 Meter vor der Speerwurfspezialistin Prof. Dr. Christa Helmke aus Potsdam (22,86 m) für zwei Durchgänge die Führung.  Im dritten Versuch setzte sich Hella Böker mit 25,74 Meter an die Spitze des Feldes.  Und auch nach dem vierten und fünften  Durchgang blieb alles im Rahmen.  Nachdem sich  Ingrid Holzknecht mit ihrem vierten Versuch auf 24,27 Meter verbessern konnte,  ließ  die Titelverteidigerin aus Melsungen im vorletzten Versuch ihren Speer auf 25,20 Meter segeln.  Die Drittplatzierte Christa Helmke,  warf eine gleichmäßige Serie, denn während ihr schwächster Wurf mit 21,20 Meter gemessen wurde, lag ihr weitester Wurf bis zum Abschluss des fünften Durchgangs bei  22,93 Meter.

Ingrid Holzknecht untermauerte ihre gute Form mit einem Wurf von 24,27 Meter und dachte bereits an die Silbermedaille.  Nachdem Hella Böker ihren letzten Wurf verriss und damit nur auf 22,69 Meter kam, stand als letzte Werferin nur noch Christa Helmke auf der Anlaufbahn.  Sie hatte vor fast einem halben Jahrhundert Jahren den Speer in der Frauenklasse schon an die 50m-Marke geworfen und somit Erfahrung mit diesem Wurfgerät.  Sie konzentrierte sich länger als sonst, legte beim Abwurf den Speer richtig in den Wind und brachte ihn so zum Fliegen.  Damit bewies sie bereits beim Anlauf und vor allem beim Abwurf ihre Klasse und „zauberte“ eine nicht mehr für möglich gehaltene Leistung.  Es war spannend wie in einem Krimi, denn Hella Bökers Bestweite von 25,74 Meter war nun in Gefahr überboten worden zu sein. Als der Kampfrichter die Weite von 25,85 Meter vom Maßband ablas, war den Athletinnen und den Zuschauern klar: Die Titelverteidigerin wurde mit dem letzten Wurf von Christa Helmke um 11 Zentimeter besiegt. „Schade, dass ich meinen ersten Wurf nicht halten konnte, dann wäre alles anders gelaufen“, sagte die dreifache Medaillengewinnerin vom ersten Tag in Erfurt leicht enttäuscht. Aber am zweiten Meisterschaftstag kann Hella Böker im Diskuswerfen erneut angreifen, ihre gute Form unter Beweis stellen und ihre anvisierte zweite Goldmedaille holen.  Drücken wir der sympathischen Sportlerin die Daumen. (ajw)