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DGB warnt vor Liberalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge

Kassel. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Nordhessen macht auf EU-Pläne aufmerksam, die das Leben in kleineren Städten sehr viel schwieriger machen würden. Der nordhessische DGB-Geschäftsführer, Michael Rudolph: „Die EU will Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Strom- und Wasserversorgung, aber auch öffentlichen Nahverkehr liberalisieren. Das heißt, sie will regeln, dass solche Aufgaben nach einem bestimmten Verfahren an private Unternehmen vergeben werden müssen. Das lehnen wir ab.“

Der DGB ist gegen eine europäische Richtlinie für die Vergabe von Konzessionen der öffentlichen Hand. Rudolph weiter: „Wir befürchten, dass diese existenziell wichtigen Aufgaben dann mehr und mehr an private Unternehmen vergeben werden. Das schafft einen Wettbewerb, den wir grade bei diesen Themen für kontraproduktiv halten. Die öffentliche Daseinsvorsorge hat mit Grundbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger zu tun und darf nicht privatisiert werden, so Rudolph weiter. “Darum fordern wir die hessischen EU-Abgeordneten auf, dieses Vorhaben im EU-Parlament abzulehnen.“

Kommunen verlieren Kontrolle
Würde die Richtlinie nach den Plänen der Kommission verabschiedet, verlören die Kommunen weitgehend die Kontrolle über die Erbringung von Dienstleistungen. Konzessionen müssten künftig europaweit ausgeschrieben werden. Städte könnten nicht einfach wie bisher eigene kommunale Betriebe beauftragen. Sie müssten ihre Entscheidung nach Wirtschaftlichkeitskritierien treffen. So sei die Vergabe an kommunale Gesellschaften wie Städtische Werke oder andere erheblich erschwert, da sie mit privaten Wirtschaftsunternehmen gleichgestellt wären. So müsste im Zweifel der Auftrag an ein Privatunternehmen vergeben werden, das günstiger arbeitet, da es zum Beispiel keine Tariflöhne zahlt. Kooperationen mit der Nachbargemeinde oder gar dem eigenen Unternehmen könnten so den Kürzeren ziehen.

Richtlinie gefährdet Arbeitsbedingungen
Der DGB kritisiert, dass die Vergabe öffentlicher Konzessionen nach dem Richtlinienentwurf nicht an soziale Standards wie Tariftreuegesetze oder ökologische Auflagen geknüpft werden soll. Die Kommission beruft sich hierbei auf den Europäischen Gerichtshof. Der hatte das niedersächsische Vergabegesetz für nichtig erklärt, das eine verpflichtende Zahlung von Tariflöhnen enthalten hatte. Die Richter beriefen sich dabei auf mangelnde Schutzbestimmungen in europäischen Gesetzeswerken. Nach Einschätzung des DGB wird der zunehmende Preisdruck zu einer weiteren Abwärtsspirale bei den Löhnen führen. „Wir erwarten von der Europapolitik, dass sie im Rahmen eindeutiger Richtlinien die Rechte von Arbeitnehmern und den sozialen Zusammenhalt schützt. Dann müssen auch Gerichte anders urteilen“, fordert der Gewerkschafter. (red)