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MT erfolgreich bei süddeutschen Meisterschaften

Wetzlar/Melsungen. Knapp eine Woche nach dem Ende der Olympischen Spiele in London gaben sich mit Christina Obergföll (LG Offenburg), Gesa Felicitas Krause, Kathrin Klaas, Ariane Friedrich (alle Eintr. Frankfurt) und Christian Reif fünf deutsche Olympioniken bei den Süddeutschen Meisterschaften in Wetzlar die Ehre. Aber die jungen Nachwuchsathleten der MT 1861 Melsungen zeigten sich kaum beeindruckt von den Top-Athleten, denn sie wollten selbst bei hochsommerlichen Temperaturen mit ihren Leistungen auf sich aufmerksam machen. Am Ende des ersten Tages konnten alle sechs Starter aus Melsungen die hochgestellten Erwartungen erfüllen, zum Teil sogar übertreffen, so dass Trainer Alwin J. Wagner mit der Halbzeit-Bilanz mehr als zufrieden war. „Erfolge lassen sich nicht planen, aber Leistungen“, betonte Wagner und seine Schützlinge demonstrierten, dass sie auf die Minute top-fit waren. Vor allem war man vom kämpferischen Einsatz und den Leistungssteigerungen nach den Sommerferien beeindruckt. „Ich hatte am ersten Tag drei Endkampfplätze erwartet. Dass es drei vierte, einen fünften und einen siebten Rang sowie einen Kreisrekord und zwei persönliche Bestleistungen gab, war einfach sensationell“, sagte Wagner in einem ersten Statement.

Für die Melsunger Teilnehmer musste als erster Starter Henri Alter im Speerwerfen sein derzeitiges Leistungsniveau unter Beweis stellen. Mit seiner Jahresbestweite von 54,41 Meter, die er vor vier Wochen in Wetzlar erzielt hatte, belegte er den neunten Platz in der Meldeliste. Der vielseitige Melsunger war mehrere Monate an seinem Wurfarm verletzt und konnte wegen einer Ellbogenreizung kein Speerwurftraining absolvieren. Durch ein spezifisches Training brachte er sich wieder in Form und schaffte am 21. Juli die Quali für diese Titelkämpfe. Nachdem er im Training Weiten über 58 Meter erzielt hatte, gab es hier und da Skeptiker, die auf eine Wettkampfbestätigung warteten. Die Antwort gab der 16-Jährige sehr eindrucksvoll  bei den süddeutschen Meisterschaften in Wetzlar. Zweimal warf er sich vor dem Wettkampf mit Weiten um 48 Meter ein, um dann im ersten Durchgang gleich für den Paukenschlag zu sorgen. Mit einem relativ langsamen Anlauf und keinesfalls optimalen Abwurf katapultierte er den 700 Gramm-Speer auf 56,64 Meter.  Damit verbesserte er seinen Kreisrekord um fast zwei Meter. Der deutsche Jugendmeister Jonas Bonewit aus München wurde zwar seiner Favoritenrolle gerecht und siegte am Ende mit 66,81 Meter, doch  blieb er dreieinhalb Meter hinter seiner Jahresbestweite zurück. Auch der Zweitplatzierte Tobias Seel von der LG Neckar-Enz (63,59 Meter) blieb hinter seiner Bestleistung. Und Benjamin Kuhn aus Kornwestheim, mit 60,64 Meter gemeldet, hatte mit 56,99 Meter nur einen halbwegs guten Wurf in seiner Serie und sicherte sich damit Bronze. Sein zweitbester Wurf wurde mit 54,71 Meter vermessen, seine drittbeste Weite von 46,33 Meter war nicht der Rede wert.

Lag es an den wechselnden Winden oder an der heißen Sonne, die nahezu kalifornisch brannte, dass zehn von elf Werfern zwischen 0,51 und 5,58 Meter hinter ihrer persönlichen Bestweite zurückblieben?

Auch Karl Westphal aus Wanfried, der im Vorjahr immerhin schon 57,52 Meter geworfen hatte und in diesem Jahr mit 54,80 Meter vor Henri Alter (50,27 Meter) hessischer Jugendmeister der U18 werden konnte,  blieb weit hinter den Erwartungen zurück.  Mit 53,69 Meter belegte er nur den achten Platz.

Acht Jugendliche kamen mit dem Speer über 53,68 Meter. Das könnte ein zufriedenstellendes Ergebnis sein, wenn man bedenkt, dass die hohen Temperaturen und der ständig wechselnde Wind nicht unbedingt leistungsfördernd waren. Aber man muss sich die Frage stellen, was hätte Henri Alter verletzungsfrei und bei optimalen Bedingungen geworfen. Der vierfache hessische Jugendmeister war gut vorbereitet. Er stellte beim Abschlusstraining zwei neue Bestleistungen im Reißen und in der Kniebeuge auf, und er war sich sicher, dass er seinen Kreisrekord trotz seiner Armverletzung verbessern würde. Da er nach diesem ersten vorsichtigen Wurf wieder Schmerzen im Ellbogengelenk verspürte, trat er zum zweiten Durchgang zwar noch an, machte ihn aber ungültig und verzichtete auf die weiteren vier Würfe.

Die zweite handfeste Überraschung gab es im 400 Meter-Hürdenlauf durch den Malsfelder Tobias Stang. Bereits bei den hessischen Jugendmeisterschaften in Friedberg überraschte er mit dem zweiten Platz. Damals lief er 60,71 Sekunden und nahm in der aktuellen Landesbestenliste Rang fünf ein. Im ersten von zwei Zeitläufen wurde er für die Bahn sechs ausgelost. Mit dabei Daniel Chatard aus Heidelberg, der mit 58,84 Sekunden gemeldet wurde und somit fast zwei Sekunden schneller war als Tobias Stang. Dieser aber ließ sich von der guten Zeit nicht irritieren und lief sein eigenes Rennen. Unmittelbar nach dem Start fiel er mit seinen langen Schritten auf. Da er sehr kraftvoll lief, hatte er auf den ersten Metern keinen Beschleunigungsverlust und kam als Schnellster an die ersten Hürden. Für die Hälfte der Strecke wurde er mit 28,73 Sekunden gestoppt. Damit unterstrich er seinen guten Eindruck vom Abschlusstraining. Als es auf die Zielgerade ging, hatte er immer einen Vorsprung von zirka acht Meter herausgelaufen. Die Verfolger kamen zwar näher, aber der Melsunger Gymnasiast der Klasse 12 konnte sein vorgelegtes Tempo fast bis zum Schluss halten und überlief nach ausgezeichneten 59,10 Sekunden als Erster die Ziellinie. Damit verbesserte er sich fast um zwei Sekunden und verfehlte den 42 Jahre alten Kreisrekord von Alfred Peschl (ESV Treysa), den dieser 1970 in Kassel mit 58,5 Sekunden aufgestellt hatte, nur um eine halbe Sekunde.  Den zweiten Platz in diesem schnellen Rennen belegte Daniel Chatard mit 59,81 Sekunden vor Eric Weyand (59,85  Sekunden).

Im stärker besetzten zweiten Zeitendlauf setzte sich überraschend Tim Leinenbach aus Piesbach mit 55,39 Sekunden vor Felix Repp aus Langgöns (57,01 Sekunden) und Karsten Müller aus Niefern (57,35 Sekunden) durch. Da der große Favorit Victor Schmieder aus Freiburg disqualifiziert wurde und Florian Slawik aus Friedrichshafen, der mit 58,32 Sekunden angekündigt war, nur 60,15 Sekunden lief, war die Sensation perfekt. Tobias Eltern, Sonja und Helmut Stang konnte diese tolle Platzierung und vor allem die Steigerung um fast zwei Sekunden kaum fassen. Aber bei der Siegerehrung erhielt er es auf der Urkunde schwarz auf weiß:  Tobias Stang belegte über 400 Meter Hürden mit 59,10 Sekunden den vierten Platz.

Die Sonne stach mit südländischer Vehemenz, als die weibliche Jugend der U18 über 400 Meter Hürden auf die Reise geschickt wurde.  Im ersten der beiden Zeitendläufe hatte Antonia Ellenrieder aus Augsburg 64,44 Sekunden vorgelegt. Diese Zeit war der Maßstab für den zweiten Lauf, an der sich die vermeintlich schnelleren sechs Jugendlichen zu orientieren hatten. Während Marie Wagner auf Bahn eins ganz innen lief, wurde Karolin Siebert auf Bahn sechs ausgelost und musste so auf der undankbaren Außenbahn starten. Sie hatte die gesamte Konkurrenz im Rücken und konnte sich somit an niemanden orientieren. Katrin Schmidt aus Rehlingen, die Fünfte der deutschen Jugendmeisterschaften (62,79 Sekunden), lief unmittelbar hinter Karolin Siebert, und auf Bahn drei startete die deutsche Vizemeisterin Anni Nehl aus Friedrichsthal, die in Mönchengladbach 61,93 Sekunden lief. Karolin Siebert ging das schnelle Anfangstempo der starken Hürdenläuferinnen mit und lag nach 200 Metern mit 31,82 Sekunden noch an zweiter Stelle. Marie Wagner fand nicht so gut in das Rennen und lag zunächst nach drei Hürden auf Rang fünf. Nach 200 Meter holte sie ihren Rückstand etwas auf und als das Feld auf die Zielgerade kam, hatte sich nur Anni Nehl etwas abgesetzt. Die anderen fünf Mädchen liefen alle um Platz zwei. An der neunten Hürde  stimmte plötzlich nicht mehr der Rhythmus von Karolin Siebert und sie brach sichtlich ein. Später sagte sie „Vor der vorletzten Hürde bin ich aus dem Tritt gekommen, denn mir wurde schwarz vor Augen. Das machte meine gute Zeit zunichte“. In diesem Augenblick zog Nicole Schneider an ihr vorbei und sicherte sich hinter Anni Nehl (63,63 Sekunden) mit 64,26 Sekunden den zweiten Platz. Karolin Siebert  schaffte es nicht, die Zeit von Antonia Ellenrieder aus dem ersten Lauf zu unterbieten und belegte in ihrem Lauf mit 66,05 Sekunden den 3. Platz. Auf Rang vier erreichte Lina Idler aus Wangen in 66,10 Sekunden das Ziel. Kurz dahinter stürmte eine enttäuschende Katrin Schmidt aus Rehlingen nach 66,23 Sekunden über die Ziellinie, und Marie Wagner wurde in diesem denkwürdigen Rennen mit 66,57 Sekunden Sechste.

Nur 30 Minuten nach dem 400 Meter-Hürdenfinale mussten Karolin Siebert und Marie Wagner erneut auf die Laufbahn, denn die abschließende 4 x 100 Meter Staffel stand auf dem Plan. Die Sonne brannte unbarmherzig weiter, als Katharina Wagner als Startläuferin die Kurvenvorgabe auf Bahn drei schon aufgeholt und den Staffelstab an Stefanie Klein nach einem sehr guten Wechsel weiter gegeben hatte. Auch Stefanie Klein lief ein beherztes Rennen und reichte das Holz an Marie Wagner weiter, die in der Kurve sich auf Platz zwei vorarbeitete. In Führung lag das Team der LG Wetzlar, das von dem fachkundigen Publikum frenetisch angefeuert wurde. Da auch der letzte Wechsel der Melsunger Teenager klappte, sicherte Karolin Siebert dem MT-Team in 51,48 Sekunden den zweiten Platz. Das MT-Quartett, war die beste Vereinsmannschaft bei dieser Staffelentscheidung, denn auf Platz eins landete die Auswahl des Kreises Limburg-Weilburg vor der Startgemeinschaft Ludwigshafen und der Leichtathletik-Gemeinschaft Wetzlar. Den vierten Platz sicherte sich die Leichtathletik-Gemeinschaft  Langgöns-Oberkleen in 51,32 Sekunden. Den unerwarteten fünften Platz holten sich Katharina Wagner, Stefanie Klein, Marie Wagner und Karolin Siebert mit 51,48 Sekunden. Auf Rang sechs die Leichtathletik-Gemeinschaft von Friedberg-Fauerbach (51,52 Sekunden), vor der Startgemeinschaft Kaiserstuhl (51,54 Sekunden). Als zweitbester Verein kam der TV Bad Schwalbach als Achter auf 51,56 Sekunden, gefolgt vom Alsfelder Sport-Club (51,59 Sekunden) und dem TSV Crailsheim, der mit 51,91 Sekunden den 10. Platz belegte. (ajw)