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Hephata-Festtage: Die Seele stärken lernen

Treysa. „Eigenlob stinkt?“ – „Falsch! Eigenlob stärkt“, so lautete eine zentrale These, die Dr. Gabriele Fröhlich-Gildhoff in ihrem Festvortrag zum Auftakt der Hephata-Festtage vertrat. Die Chefärztin der Abteilung Psychosomatik in der Habichtswaldklinik Kassel-Bad Wilhelmshöhe referierte am Samstag vor 160 Zuhörern im Hephata-Kirchsaal zum Jahresmotto Hephatas.

Mit dem Jahresmotto „MitMenschen aktiv – miteinander leben lernen“ und dem 25-jährigen Bestehen ihrer Sozialpsychiatrie richtet Hephata Diakonie in diesem Jahr den Fokus auf psychische Erkrankungen, deren Bedingungen und Folgen für das gesellschaftliche Miteinander. „Das Zusammenleben unterschiedlicher Menschen zu fördern ist Ziel der Hephata Diakonie. Wir wollen Grenzen abbauen, die Menschen ausschließen in unserem Alltag. „Profis und Laien, Politik und Soziale Arbeit, Ich und Du als Nachbarn. Wir sind alle aufgefordert, so zu leben, dass sich niemand ausgeschlossen fühlen muss.“

Welche Barrieren es dabei mit welchen Hilfen zu überwinden gilt, das zeigte das Fotoprojekt „Was uns stärkt, was uns behindert“ im Anschluss. Beschäftigte der Reha-Werkstatt Hephata hatten sich dafür fotografieren lassen – mit ihren Kuscheltieren, Fotoalben, Hobbies und Freunden, aber auch als Einzelkämpfer ohne gesellschaftliche Rückendeckung. Diese Dimension psychischer Erkrankungen betonte auch Dr. Andreas Jürgens, Erster Beigeordneter der Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, in seinem Grußwort: „Das Jahresmotto Hephatas lässt sich als Aufforderung an alle verstehen, sich auf einen wichtigen und umfassenden Lernprozess einzulassen, nämlich den, wie das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung partnerschaftlich und gleichberechtigt ausgestaltet werden kann.“ Dr. Harald Clausen, Vorstand Diakonisches Werk in Kurhessen-Waldeck e.V., betonte dabei den Aspekt der Selbsthilfe: „[…] Daneben gibt es aber die ganz einfachen und alltäglichen Maßnahmen, die dazu beitragen können, die Seele im Gleichgewicht zu halten. Dies fängt an damit, dem Gegenüber mit Respekt zu begegnen, zuhören und ernst nehmen und auch Freude und Genuss miteinander zu teilen.“

Respekt, Freude und Genuss waren auch Stichworte, die Dr. Gabriele Fröhlich-Gildhoff in ihrem Festvortrag „Das Immunsystem der Seele stärken“ gab. Zirka jede vierte Frau und jeder achte Mann erkranke im Laufe des Lebens an einer Depression, so Fröhlich-Gildhoff. Warum? Weil die Resilienz – die Widerstandskraft oder das Immunsystem der Seele – zu schwach sei. Den Nährboden dafür bereiteten veränderte Werte und ökonomische Rahmenbedingungen, wie unsichere Arbeitsverhältnisse und Arbeitsverdichtung, veränderte Familienstrukturen, wie vermehrte Trennungen und weniger Großfamilien, erzieherische und emotionale Vernachlässigung, wie Bindungsunsicherheit, sowie kulturelle Vernachlässigung, wie zu wenig körperliche Bewegung.

Um dem etwas entgegenzusetzen, gelte es die drei Quellen des Seelenheils zu erschließen. Die erste Quelle sei die „Ich habe…-Quelle“. Hiezu zählten Dinge, die ich haben sollte – beispielsweise Menschen, denen ich traue, Menschen, die mir Leitlinien setzen und die mir helfen, wenn ich krank oder in Gefahr bin. Die zweite Quelle sei die „Ich bin…-Quelle“. Dazu gehörten die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen sowie die Bereitschaft, anderen Menschen zu zeigen, dass sie mir wichtig sind. Die letzte Quelle sei die „Ich kann…-Quelle“. Hierunter summierten sich Fähigkeiten, die ich besitzen sollte. Beispielsweise die Fähigkeit, Lösungen für Probleme zu finden oder mit anderen Menschen über Dinge reden zu können, die mich ängstigen oder bekümmern.

Aus diesen drei Quellen leitete  Fröhlich-Gildhoff im Folgenden Tipps für ein starkes Immunsystem der Seele ab. Unter anderem: das regelmäßige Pflegen freundschaftlicher Kontakte und Hobbies, die Wertschätzung eigener Erfolge, sich selbst erreichbare Ziele zu setzen und Dinge zu tun, die Spaß machen, einfach mal die Seele baumeln zu lassen und eine positive Grundhaltung aufzubauen. Um dies zu versuchen, ja, zu erlernen, sei es nie zu spät: „Die gute Nachricht ist, dass wir immer wieder neu lernen können. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr – vergessen Sie das.“ (me)