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Zwischen ambulanter Pflege, Altenheim und Senioren-WG

podiumsdiskussion-treysa130626aSchwalmstadt-Treysa. Zu einer Podiumsdiskussion  mit anschließender Fragestunde zum Thema der Zukunft der Pflege  hatte Landtagsabgeordnete Regine Müller nach Treysa in das Haus für Gemeinschaftspflege eingeladen. Über den sich abzeichnenden Fachkräftemangel beim Pflegepersonal, über den Alltag in Pflege- und Senioreneinrichtungen, über Hemmnisse, die Dienstleitern und Pflegepersonal in den Weg gelegt werden diskutierten Bernhard Ebel, stellvertretender Leiter der Sozialverwaltung des Schwalm-Eder-Kreises, Ralf Geisel, Geschäftsführer des Pflegeteams Geisel, Angela King, Leiterin des DRK Seniorenzentrums in Ziegenhain, Anita März-Klein, Krankenschwester und Pflegedienstleiterin im KIKRA Seniorenheim in Schwarzenborn, Dorothea Pampuch, Leiterin der Altenpflegeschule Homberg der AWO Nordhessen und Werner Wieland, Geschäftsführer des Diakoniezentrums Frielendorf.

Allgemeine Einigkeit herrschte über die Einschätzung, dass dem Pflegeberuf weder sozial noch materiell die verdiente Anerkennung zuteil wird. Die Anforderungen im Beruf, die körperlichen und seelischen Belastungen  seien enorm.

In Zukunft werdeauf Grund der demografischen Entwicklung der Bedarf an Pflegeplätzen steigen. Es gäbe zwar junge Menschen, die sich für eine Pflegeausbildung interessierten, deren Verbleib im Beruf sei jedoch ungewiss. Viele suchen sich nach einigen Jahren eine andere Tätigkeit. „Misstrauen gegenüber den Pflegekräften demotiviert viele Arbeitnehmer“, so Ralf Geisel. „Entsprechende Formulierungen im Heim- und Pflegegesetz sowie Äußerungen von Seiten des Ministers Hahn in jüngster Vergangenheit empfindet man in meiner Branche als Schlag ins Gesicht“, so Geisel weiter.

Anita März-Klein, die als Pflegedienstleiterin arbeitet, betont, dass sie gern in ihrem Beruf arbeitet. „Es ist sicher anstrengend, aber man bekommt von den Patienten auch ganz viel zurück.“

„Anstatt Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben wäre es besser, Pflege besser zu honorieren und die Arbeit anzuerkennen. Vom Nettoverdienst kann man als Alleinverdiener kaum eine Familie ernähren. Auch deshalb sind männliche Pflegekräfte nach wie vor rar“, sagten die Fachleute.

podiumsdiskussion-treysa130626bAuch war man unisono der Ansicht, dass man zukünftig mehr zur Förderung alternative Lebensformen, etwa für Demenzkranke, tun müsse.“ Die Gesellschaft werde angesichts der Entwicklung mehr und andere Möglichkeiten entwickeln, sich um hilfebedürftige Menschen zu kümmern. Bei der zu erwartenden, stetig steigenden Anzahl alter und sehr alter Menschen, deren Rente und die Leistungen der Pflegeversicherung nicht für die vollstationäre Versorgung ausreichen, werden die Kreise finanziell vor große Probleme stellen“, sagte Bernhard Ebel.

Dem stimmte Werner Wieland zu. „Wir erleben immer wieder, dass Menschen viel zu spät zu uns kommen. Gerade demente Menschen werden oft erst in eine Einrichtung gebracht, wenn deren Angehörigen seelisch und körperlich selbst am Ende sind. Und gerade Demenzkranken fällt dann ein Einleben im Heim schwer.“ Daneben habe man zunehmend Patienten, die zu einem sehr frühen Zeitpunkt aus dem Krankenhaus entlassen werden und bei denen der Pflegeaufwand sehr groß ist. Auch vor unzureichend qualifizierten Hilfskräften, auf die sich manche Familien verlassen, warnte Wieland.

„Noch haben wir genügend Bewerber“, sagte Angela King. Ob das so bleibt, könne sie aber nicht sagen.“ Im ländlichen Raum ist zwar Veränderung zu spüren, noch aber sind wir personell gut versorgt. Ich erlebe unsere Bewohnerinnen und Bewohner zum großen Teil mit deren Lebenssituation zufrieden. Die Zeit von „satt und sauber“ sind längst vorbei.“

Dorothea Pampuch warb für die Ausbildung. „Unser Beruf fordert viel von uns. So gern und engagiert die Pflegekräfte ambulant und stationär auch arbeiten, solange die Verdienstmöglichkeiten so gering sind, wird sich die Zahl und die Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber  verschlechtern.“

Berhard Ebel legte den Zuhörern den Pflegestützpunkt ans Herz, den es im Schwalm-Eder-Kreis gibt. Dort wird umfassend über alle Möglichkeiten im Pflegebedarfsfall informiert. Außerdem können dort viel unterstützende Hilfen genannt werden.

Fazit der Teilnehmer und der zahlreichen Fragesteller aus dem Publikum: „Für unsere Gesellschaft wird es bitternötig, Ansehen und Bezahlung im Pflegebereich zu verbessern. Jeder solle sich jedoch auch früh Gedanken machen und Ideen entwickeln, wie man selbst den Lebensabend verbringen möchte und Vorsorge treffen. Das könne nicht nur finanziell geschehen. Sich in Gruppen zusammenzufinden um vielleicht eine Wohngemeinschaft gründen zu können, soziale Kontakte pflegen, sich selbst in bestehenden Vereinen engagieren und Hilfsstrukturen aufbauen, seien geeignete Maßnahmen, mit denen man individuell sein eigenes Leben regeln kann.“ (red)