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Bürgerinitiativen kritisieren SuedLink-Antrag

Hessen. Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat gestern den Beginn des Planungsverfahrens „SuedLink“ eingeläutet und seinen Antrag zur Bundesfachplanung bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Zugleich wurden die Antragsunterlagen auf der Website von Tennet veröffentlicht. Der Landesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink Hessen verurteilt den Zeitpunkt der Antragseinreichung in der Vorweihnachtszeit scharf, denn mit der Einreichung des Antrags wird das rechtsförmliche Planungsverfahren, die sogenannte Bundesfachplanung, mit seinen gesetzlichen Fristen nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) in Gang gesetzt.

Nach den gesetzlichen Regelungen in § 7 NABEG hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) nunmehr unverzüglich Antragskonferenzen vorzubereiten, in denen Gegenstand und Umfang der für die Trassenkorridore vorzunehmenden Bundesfachplanung zu erörtern sind. Hierbei wird geprüft, inwieweit Übereinstimmung der beantragten Trassenkorridore mit den Erfordernissen der Raumordnung der betroffenen Länder besteht oder hergestellt werden kann und in welchem Umfang und Detaillierungsgrad Angaben in den Umweltbericht zur weiteren Umweltverträglichkeitsprüfung aufzunehmen sind. Zugleich stellt die Antragskonferenz die Besprechung im Sinne des § 14f Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung dar. Kurzum: Die BNetzA stellt in diesem Verfahrensabschnitt den weiteren Untersuchungsrahmen für einen möglichen Trassenverlauf durch Deutschland fest und soll dies nach gesetzlicher Vorgabe innerhalb von nur zwei Monaten abgeschlossen haben. Das Ergebnis unterliegt dann einer weiteren öffentlichen Beteiligung.

Auch wenn die BNetzA bereits im Vorfeld der Antragsstellung angekündigt hat, sich durch die gesetzlichen Vorgaben zeitlich nicht unter Druck setzen zu lassen, stellt die Antragsstellung durch Tennet in der Vorweihnachtszeit nach Ansicht der Bürgerinitiativen für die Betroffenen ein weiteres Kapitel der Verunsicherung dar. Insbesondere für die betroffenen Kommunen, die als Träger öffentlicher Belange in den Antragskonferenzen für ihre Bürger anzuhören und zu beteiligen sind, sei die Einreichung und Veröffentlichung des Antrags kurz vor Weihnachten eine organisatorische Zumutung. Viele Mitarbeiter in den Rathäusern und Behörden befänden sich bereits in den Weihnachtsferien, die Ferienpläne seien gewöhnlich bis Mitte Januar geschrieben. Den Trägern öffentlicher Belange bleibe damit kaum Zeit, sich in adäquater Weise mit den insgesamt fast 3000 Seiten starken Antragsunterlagen bis zu den Antragskonferenzen auseinanderzusetzen. „Ist dies gewollt? Ein Schelm, wer Böses denkt“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Unterdessen stelle die Antragseinreichung auch einen offenen Affront gegen die Bayerische Landesregierung dar, die sich bis zum Frühjahr 2015 einen Bürgerdialog zur Energiewende mit ihren Bürgern ausbedungen hatte. Nun müssten sich die Menschen in Bayern fragen, welchen Wert eigentlich das Veto ihrer Landesregierung hat, wenn Tennet als Übertragungsnetzbetreiber sich hierüber einfach hinwegsetzen könne und das länderübergreifende Bundesfachplanungsverfahren nach gesetzlicher Vorgabe in Gang setze. „Unterdessen üben sich die übrigen Landesregierungen in Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein weiter in Schweigen und hoffen offenbar, dass der Kelch der protestierenden Bevölkerung möglichst schnell mit einer Umsetzung der Baupläne an ihnen vorüber gehe“, so dieBürgerinitiativen weiter.

Die Sorgen und Befürchtungen in der Bevölkerung bleiben nach ihrer Einschätzung groß und zeichnen sich durch einen stetig wachsenden Widerstand gegen SuedLink aus, stellten sich Umfang und Komplexität der Materie für den Laien doch als nahezu undurchschaubar heraus.

Der Landesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink in Hessen kann daher nur gleichsam ernüchtert wie enttäuscht auf die Pressemitteilung der Bundesnetzagentur und den Äußerungen ihres Präsidenten Homann reagieren, der offenbar in Bezug auf den Zeitpunkt der Antragsstellung kein Augenmerk für die durch die Planung betroffenen Menschen in Deutschland habe. Ein vorweihnachtliches Präsent enthielt die Botschaft des Präsidenten für die Menschen in dem rund 100.000 Quadratkilometer großen SuedLink-Planungskorridor von Wilster bis nach Grafenrheinfeld dann jedoch doch noch: Sämtliche von Tennet geprüften Routen durch Deutschland werden nochmals einer offenen Überprüfung durch die BNetzA unterzogen. Auch weitere Alternativstrecken würden nicht ausgeschlossen, die Bevölkerung sei ausdrücklich aufgerufen, weitere Alternativvorschläge einzubringen.

Damit weitet sich die Betroffenheit durch das Planungsverfahrens SuedLink nun auf rund ein Drittel des Bundesgebietes und die dort lebende Bevölkerung aus. Statt der Weihnachtsgeschichte zum Heiligabend werden sich die Menschen in Deutschland daher nun mit den Antragsunterlagen von Tennet auseinander setzen müssen.

Zum Landesverband:
Der Landesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink in Hessen hat sich seiner Sitzung am 14. November 2014 in Homberg konstituiert. Ihm sind derzeit 18 hessische Bürgerinitiativen und Kommunen angeschlossen. Zu den Sprechern des Landesverbands wurden Rechtsanwalt Ingmar T. Theiß (BI Fritzlar) und Bernd Herbold (BI Homberg/Efze) gewählt. (red)