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Hallenmeisterschaften: Zweimal Gold und einmal Silber

christian-schulz150119Frankfurt/Melsungen. Dass sie für die hessischen Hallenmeisterschaften gut vorbereitet waren, bewiesen die vier Jugendlichen der Melsunger Turngemeinde, die nicht nur mit persönlichen Hausrekorden in die Bartenwetzerstadt zurückkehrten, sondern die vor allem am zweiten Tag mit zwei Gold- und einer Silbermedaille mächtig auftrumpften. Ins Auge fielen bei diesen Hallenmeisterschaften in Frankfurt aber auch die deutlichen Leistungsunterschiede auf, denn es waren Titelkämpfer der zwei Gesichter, der Hoch und Tiefs. Auf der einen Seite gute Siegerleistungen, auf der anderen Seite eher bescheidene Leistungen bei mancher Endkampfplatzierung.

Für die erste faustdicke Überraschung aus Melsunger Sicht sorgte drei Tage vor ihrem 18. Geburtstag Janina Rohde im Kugelstoßen der U20. Die frühere HLV-Kader-Athletin, die wegen ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin in Hessisch Lichtenau wenig Zeit zum Trainieren hat, qualifizierte sich für diese Meisterschaften erst kurz vor Weihnachten mit der Weite von 10,88 Meter. In Frankfurt begann sie mit 10,04 und ließ im zweiten Durchgang ganz starke 11,50 Meter folgen. Dieser Stoß brachte ihr Sicherheit, denn damit belegte sie hinter Alicia Schilling Rang zwei. Die Jugendliche aus Korbach, die im ersten Durchgang ihre beste Leistung mit 13,26 Meter erzielt hatte, demonstrierte mit jedem ihrer gültigen Stöße, dass sie im Kugelstoßen der U20 auch in diesem Jahr die Nummer eins in Hessen ist.

Janina Rohde steigerte sich im dritten Versuch auf 11,65 Meter und kam im fünften Durchgang mit 11,39 Meter noch einmal über die 11m-Marke. „Es war ein toller Wettkampf. Ich bin mit der Weite und vor allem mit der Platzierung mehr als zufrieden“, sagte sie freudestrahlend. Jessica Penzlin aus Bad Homburg verdrängte mit 11,04 m die höher eingeschätzte Sara Lisa Zorn (SSC Hanau-Rodenbach) auf den undankbaren vierten Platz. Im Sommer aber werden die Karten wieder neu gemischt.

Eine überglückliche Siegerin sahen die Zuschauer im 300m-Lauf der weiblichen Jugend der U16, wo im letzten der drei 300m-Finalläufen Hessens schnellste Langsprinterin in der Halle ermittelt werden sollte. Obwohl Franziska Ebert in den Weihnachtsferien mit ihren Eltern einen Skiurlaub in den Bergen verbrachte und dadurch kein Training absolvieren konnte, reiste sie als Medaillenhoffnung nach Frankfurt. Die 14-Jährige empfahl sich im Dezember mit guten Ergebnissen von 60 bis 800 Meter für diese Titelkämpfe und war nach ihren 43,27 Sekunden von Paderborn logischer Weise auch als Medaillenkandidatin anzusehen.

Im ersten Lauf hatte sich Pauline Grabinger von der LG Eintracht Frankfurt mit 44,90 Sekunden durchgesetzt und schon ein Signal gesetzt. Svenja Sommer vom TV Groß-Zimmern siegte im zweiten Zeitendlauf mit 44,19 Sekunden. Die Entscheidung musste im letzten Lauf fallen, waren doch mit Nora Marie Braun (LG Wetzlar, 43,62 Sek.) und der sehr schnellen Lara Tornow (LG Odenwald), die im Vorjahr als Dritte des hesssichen Schülermeisterschaften die 100 Meter in vorzüglichen 12,56 Sekunden zurücklegte, alle drei Medaillenanwärterinnen in einem Lauf vertreten.

franziska-ebert150119Tornow und Braun legten wie die Feuerwehr los, Franziska Ebert lief taktisch geschickt auf Position drei und hatte die beiden vor ihr laufenden stets im Auge. Bereits vor der letzten Kurve zeichnete sich ab, dass Lara Tornow Probleme bekommen würde. Und als auch Marie Braun langsamer wurde, überholte Franziska Ebert die beiden ausgangs der Kurve auf eine Art und Weise, wie man sie von Außenseiterinnen häufig erlebt. Sie hielt sich zunächst brav zurück und als es ernst wurde, war sie da und ließ bei ihrem ersten Gold-Triumph ihre Gegnerinnen auf der Zielgeraden einfach stehen. Nach 43,39 Sekunden erreichte sie als Erste das Ziel. Marie Braun (44,23) und Lara Tornow (45,71) konnten die Zeit von Svenja Sommer aus dem ersten Lauf nicht unterbieten und landeten in der Endabrechung auf den Rängen drei und sechs. Die anschließende Siegerehrung genoss Franziska Ebert, denn bei der Überreichung des HLV-Wimpels und der Urkunde wurde ihr klar, dass sie zum ersten Mal als hessische Meisterin geehrt wurde. Wenn sie ihre sportlichen Ziele auf dem Gebiet der Leichtathletik mit dem gleichen Ehrgeiz verfolgt wie vor Weihnachten, wird man in der Freiluftsaison noch einige positive Schlagzeilen von ihr lesen.

Der nächste Höhepunkt folgte über 800 Meter der weiblichen Jugend, wo in zwei Läufen elf Athletinnen ihre Meisterin ermittelten. Nachdem Lotte Meyberg vom TV Groß-Gerau den ersten Lauf mit 2:24,47 Minuten vor Franziska Bock (Wiesbaden, 2:25,54) gewonnen hatte, war Spannung im Frankfurter Hallenrund angesagt, weil alle fünf Mittelstreckenläuferin des zweiten Laufs um 2:20 Minuten laufen konnten. Eine der Favoritinnen war zweifelsfrei die Vorjahresschülerin Lisa Oed vom SSC Hanau-Rodenbach, die von Landestrainer Michael Siegel und Heimtrainer Sascha Arndt trainiert wird. Das Mittelstreckentalent hatte einen Tag vorher bereits die 1500 Meter in glänzenden 4:50,07 Minuten vor Gina Schürg (Friedberg-Fauerbach, 4:51,73) gewonnen und hatte hinter Pia Briger aus Wiesbaden, die eine Woche vorher in Hanau mit 2:18,02 Minuten als Zweite bei den Frauen überraschte, mit 2:20 Minuten auch eine bessere Zeit als Karolin Siebert, die in diesem Winter erst einmal die vier Hallenrunden lief.

Nach dem Startschuss ergriff Lisa Oed auch resolut die Initative und lief von Anfang an ein beherztes Rennen. Es war deutlich zu erkennen, dass sie sich nicht auf irgendwelche Spielereien einlassen wollte. Karolin Siebert und Pia Briger folgten ihr und machten die Tempofahrt mit. Die erste Runde wurde in 32 Sekunden zurückgelegt und nach der Hälfte der Strecke wurde Karolin – auf Rang zwei liegend – mit 67 Sekunden herausgestoppt.

karolin-siebert150119Als die Glocke für die letzte Runde erklang, lag Lisa Oed immer noch an der Spitze und wurde die Konkurrenz nicht los – nicht auf der Gegengeraden und auch nicht in der letzten Kurve. Karolin lief unmittelbar hinter der HLV-Kader-Athletin und lag auf der Lauer. „Wenn Lisa in der letzten Runde eine Tempoverschärfung durchgeführt hätte, wäre ich in der Lage gewesen, diese mitzulaufen“, sagte sie nach dem Rennen. Aber da nichts dergleichen kam, überholte Karolin Siebert ausgangs der letzten Kurve die Führende und sicherte sich eine weitere Hallenmeisterschaft auf der 800m-Strecke. Ihr Kampfgeist und ihre Entschlossenheit führten sie zum Sieg, weil sie sich in einer prächtigen physischen und psychischen Verfassung präsentierte. Mit diesem unerwarteten Sieg lieferte sie ein weiteres Meisterstück ab. Als sie das elektronische Zielband durchbrach, blieb die Uhr bei 2:18,58 Minuten stehen.

„Ich freue mich wahnsinnig darüber“, strahlte Karolin unmittelbar nach dem Rennen. Während sie sich nach diesem Überraschungssieg auf verbaler Ebene sehr bescheiden gab, kannte sie im Rennen keine Scheu. Ein großes Rennen war zu Ende; die ehrgeizige MT-Athletin, die über gute Taktik- und Spurtqualität verfügt, siegte souverän vor Lisa Ott (2:20,23) und Pia Briger (2:21,10) und Maike Nehrig (Groß-Gerau, 2:21,66). Die großartige Zeit von Gina-Marielle Schürg (2:21,76 Min.) reichten in diesem hochklassigen Finale nur zu Rang fünf. Nachdem sie am Vormittag noch über 60m Hürden am Start war und mit 9,73 Sekunden ebenfalls eine persönliche Bestzeit lief, war das Hick-Hack vom Vortag wegen der Disqualifikation über 400 Meter fast vergessen.

Es gibt nicht viele Läuferinnen im hessischen Verband, die ihre Spitzenstellung in der Schülerklasse bis in die U20-Klasse behalten oder sogar noch ausbauen. Viele, die vom Verband als Kadermitglied gefördert wurden, beendeten als Jugendliche ihre „Leichtathletik-Karriere“ und verschwanden somit von der Bildfläche. Karolin Siebert, die bereits als 12-Jährige in der W14 ihre erste HLV-Meisterschaft über 800 Meter gewinnen konnte und fünf Jahre später noch immer auf dieser Distanz als hesssische Jugendmeisterin erfolgreich ist, gehört zu den wenigen Ausnahmen. Nebenbei verbesserte die angehende Abiturientin mit dieser Zeit auch einen Methusalem-Rekord im Schwalm-Eder-Kreis. Am 19. Januar 1986, also zehn Jahre bevor sie das Licht der Welt erblickte, lief Claudia Fröhlich vom TSV Remsfeld in Stadtallendorf die 800 Meter in 2:19.1 Minuten. Dieser Rekord ist nun Geschichte, nachdem er fast 28 Jahre wie ein Fels in der Brandung stand und nie gebrochen werden konnte.

janina-rohde150119Zum Abschluss dieser zweitägigen Meisterschaften konnte der 17-jährige Christian Schulz im 800m-Lauf der U20 einen weiteren Achtungserfolg in seiner bisher kurzen Laufbahn feiern. Der Jugendliche aus Röhrenfurth hatte sich für diese Meisterschaften in dem 13-köpfigen Feld eine TOP-Acht-Platzierung mit einer Zeit unter 2:05 Minuten vorgenommen.

Im ersten von zwei Zeitläufen lag er nach zwei Runden mit 62 Sekunden auf Position vier und lief, weil das Tempo plötzlich langsamer wurde, ausgangs der dritten Runde an die Spitze des Feldes. Die 600 Meter passierte er nach 1:36 Minuten und verfehlte, obwohl der den vierten Teilabschnitt in 29,4 Sekunden zurücklegte, erneut sein Vorhaben, unter 2:05 Minuten zu laufen. Als Sieger verbesserte er sich auf 2:05,44 Minuten und konnte die Schlussoffensiven von Fabian Salvatore Sposato (LG Eintracht Frankfurt, 2:05,61 Min) und Philipp Arnold (Bensheim, 2:07,14 Min.) abwehren. In der Endabrechung landete Christian hinter Mohamed Bassou (Wiesbaden, 2:04,61) auf den achten Platz.

Leichtathletik-Chef Hans-Jörg Engler zog am Ende dieser beiden Meisterschaftstage ein positives Fazit: „Alle fünf MT-Starter kamen mit Bestleistungen zurück und hatten noch zwei Gold- und eine Silbermedaille im Gepäck dabei. Was will man mehr?“ (ajw)