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IV Klärwerk bemängelt Neujahrsansprache

Blick auf das Borkener Bürgerhaus. Foto: nhBorken. Selbstbewusst und wortreich sei Borkens Bürgermeister Bernd Heßler im Verlauf seiner diesjährigen Neujahrsansprache im Bürgerhaus vor sein Publikum getreten, schildert die Interessenvertretung Klärwerk in einer Presemitteilung. Auch in der Presse habe er das vergangene Jahr 2014 erwartungsgemäß überaus erfolgreich ausklingen lassen, über den Abschluss mehrerer Bau- und Erneuerungsmaßahmen, eine gelungene Einsparungspolitik, drastischen Abbau bisheriger Schulden, einen millionenfachen Haushaltsüberschuss und  dazu weitere, noch ausstehende geplante, „Generationen übergreifende“ Zukunftsprojekte berichtet.

Regulierventil privater Geldbeutel
„Offensichtlich verschwieg der Rathauschef in seinen Aufzählungen geschickt die Kehrseite der Medaille und ließ sich wieder einmal zu wahren Lobeshymnen hinreißen“, schreibt die IV Klärwerk nun. Unerwähnt sei der Preis geblieben, den die eigene Bevölkerung für derart „gute Nachrichten“ zu entrichten habe. Eingeschränkte Leistungen städtischer Einrichtungen, dafür zukünftig immer mehr Lasten für die ansonsten umworbene zahlungspflichtige Bürgerschaft. Von der Wiege bis zum Tode werde das Leben in der ehemaligen nordhessischen Bergbaumetropole teurer. Die Grundsteuern seien erheblich angehoben worden, ab 2016 seien wiederkehrende Straßenbeitragsgebühren fällig. Während einzelne Dorfgemeinschaftshäuser in den Wintermonaten geschlossen würden und ums weitere Überleben kämpfen, könnten sich umstrittene Prestigeobjekte, in Stadtmitte gelegen, weiterhin großzügiger finanzieller Unterstützung sicher sein. Als „groteskes Beispiel“ nennt die IV Klärwerk: Der jährliche Zuschuss fürs Hotel am Stadtpark entspreche bei einem offiziellen Preis von 75 Euro pro Nacht und Doppelzimmer 2.560 Übernachtungen (= 1.280 Zimmer). Ein Anachronismus besonderer Art. „Das Einsparungsprogramm trifft natürlich wieder einmal verstärkt Haus- und Grundstücksbesitzer (und deren Mieter) sowie zahlreiche Vereine, nicht die eigentlichen Verursacher“, urteilt  IVK-Vorstandsmitglied Friedrich Döring. „Besonders Sportvereine werden immer höhere Hürden nehmen müssen, um sich den Aufgaben zum Wohle der Allgemeinheit widmen zu können, besonders im äußerst wichtigen Bereich der Nachwuchsarbeit.“

Reine Rechentricks?
Die hohe Verschuldung Borkens sei ein Gerücht, behaupte das Stadtoberhaupt. Man könne mit derzeit 19,6 Millionen unter anderem selbst die angrenzende Domstadt Fritzlar (14,5 Mio.) zum Vergleich heranziehen. Deren Außenstände wären „fast“ gleich hoch. “Hier werden bewusst Äpfel mit Birnen vermischt und einiges unter den Tisch fallen gelassen“, kritisiert Döring. “Borken, nicht Fritzlar, befindet sich seiner desolaten finanziellen Verhältnisse wegen unter dem Kommunalen Rettungsschirm!“ „Das Land Hessen hat daher über 40 Prozent der Kredite (18,66 Millionen Euro) aus dem städtischen Regelhaushalt übernommen und Zinsvergünstigungen bei den Restkrediten gewährt. Darüber hinaus sind die Verbindlichkeiten von Stadtwerke und Immobiliengesellschaft im Bericht des Bürgermeisters gar nicht einbezogen“, ergänzt der Vereinsvorsitzende Bernd Zuschlag verärgert. „So einfach kann man nicht rechnen!“ „Hosen runter, Farbe bekennen und endlich bereits zugesagte Transparenz walten lassen, anstatt weiterhin Sand in die Augen zu streuen“, fordert ein weiteres Vorstandsmitglied. „Eine deutlich bessere und nachvollziehbare Informationspolitik muss her, das längst überfällige Eingeständnis, es nicht mehr ohne fremde Hilfe schaffen zu können, gepaart mit der Fähigkeit, jederzeit auch mit unbequemer Kritik von außerhalb souverän umgehen zu können!“

Lobenswerte Vorhaben
„Notwendige zukünftige Investitionen auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendarbeit, die nachhaltige Förderung des Tourismus sowie eine rechtzeitige und planmäßige Vorbereitung auf den kommenden demografischen Wandel und seine Folgen gerade auf dem Lande stehen auch bei uns auf der Agenda“, versichert Zuschlag. “Aber auch da wünschen wir mehr Bürgernähe und Mut von Seiten örtlicher Entscheidungsträger, vor allem eine frühzeitige Einbeziehung aller betroffenen gesellschaftlichen und sozialen Schichten. Weit mehr als das bisher erfolgt ist! Auch wir sind bereit, einen Beitrag im Rahmen unserer Möglichkeiten zu leisten!“

Flüchtlingsproblem reine Chefsache?
In unruhigen Zeiten wie diesen werde es wohl eines gemeinsamen Kraftaktes bedürfen, um auch jenen, welche durch Krieg und Vertreibung nach Borken fänden, in Anbetracht ihres nachvollziehbaren Leides hier eine neue lebenswerte Heimat anzubieten. Es sei und bleibe allerdings zu bezweifeln, dass es ausreicht, „sich in dieser heiklen Angelegenheit allein auf die aus reiner christlicher Nächstenliebe und menschlichem Pflichtgefühl handelnde Stadtverwaltung, verstärkt durch einen kirchlichen Arbeitskreis, zu verlassen“. (red)