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Refugees – Flüchtlinge in der Bildenden Kunst

Eine Ausstellung und ein Ausstellungskatalog der THS

Cover des Ausstellungskatalogs: Evelin Oborowsli, Mutter mit Kind, 2015. Quelle: nhHomberg.
Seit Beginn des neuen Schuljahres 2015/2016 arbeiteten zwei Kunstoberstufenkurse der Homberger THS unter der Leitung von Thomas Schattner künstlerisch zur Thematik der Flüchtlinge, die mit ihrem täglichen tausendfachen Betretens des Bodens der Bundesrepublik wie kaum ein anderes Thema die Diskussion in der Öffentlichkeit der letzten Monate geprägt haben. Einige meinten schon bald, dass zukünftige Historiker die heutigen Zeitgenossen später danach beurteilen würden, wie wir mit der Flüchtlingskrise umgehen werden. Schließlich war das Verhalten der Deutschen in der zweiten Jahreshälfte 2015 sehr ambivalent.

Diese Ambivalenz war der Anlass für eine intensive malerische bzw. zeichnerische Auseinandersetzung mit dem Thema im Jahrgang 11 (E-Phase) und im Jahrgang 12 (Q-Phase), um Position für die Menschlichkeit zu zeigen, um sich zur offenen Gesellschaft zu bekennen, und zu dem, was man gemein als deutsche Willkommenskultur bezeichnet.

Anna Dülfer, Brennende Unterkunft für Asylsuchende, 2015. Quelle: nhZugleich war mit dieser künstlerischen Auseinandersetzung der Wunsch verbunden, dass sich noch mehr Kollegen und Schüler in den Schulen der Bundesrepublik anregen lassen mit dem Thema – egal in welchen Fächern, aber gerade auch im Fach Kunst – beschäftigen. Schließlich werden die Ereignisse des Jahres 2015 schon von einigen mit der großen Zäsur der Jahre 1989 bzw. 1990 verglichen und als Beginn einer neuen Epoche gesehen.

Der eine Kunstkurs der THS in Homberg tat dies weitgehend im Bereich des Stilllebens, der andere Kurs im weitesten Sinn im Bereich des Porträts. Gemeinsam ist die Vorgehensweise. Bekannte Fotografien aus der Welt der Presse und des Internets wurden als Ausdruck auf das DINA-3-Format vergrößert und malerisch bearbeitet. Dabei wurden durch die Technik des Übermalens mit Wasserfarben und Deckweiß bzw. mit schwarz/weißen Pastellkreiden sowie unter dem Einsatz ganz weniger Buntfarben vor allem z.B. Kontraste verstärkt, Details vernachlässigt, das Wesentliche herausgearbeitet, etc. Das Ergebnis sind „krasse, aber beeindrucke Werke“ (Luise Kohl-Hajek), die zeigen, wie intensiv sich die Schüler mit der Flüchtlingsproblematik auseinandergesetzt haben.

Betitelt sind die Schülerarbeiten mit den ironischen Titeln „Let´s make another war“ und mit „We want more refugees“, um auf die gesamtgesellschaftlichen Ambivalenzen der Thematik hinzuweisen. Schließlich sind es auch unter anderem die großen deutschen Rüstungskonzerne, die enorm finanziell von den Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten profitieren. Gleichzeitig üben die Schülerarbeiten eine deutliche Kritik an der deutschen „Willkommenskultur“ der brennenden Unterkünfte für Asylbewerber und des vergifteten politischen Klimas durch Rechtsradikale, Neonazis, Pegida- Kagida- und AfD-Mitläufern bzw. -Sympathisanten.

Anna Fröde, Zeltstadt, 2015. Quelle: nhDie Werke der Schüler wurden unter anderem mit Absperrband, farbigen Pressseilern und Stacheldraht inszeniert, letztere hatte die Dorfmühle aus Willingshausen dankenswerterweise kostenlos zur Verfügung gestellt. Dazu die Schülerin Annemarie Wittig (Jahrgangsstufe 12, Q1): „Absperrband und Stacheldraht – Hindernisse, die Flüchtlinge auf ihrer Reise quer durch viele Länder und Probleme überwinden. Naturales und künstliches Pressseil – ein provisorisches Material, ebenso wie das Leben, das sie zu führen gezwungen sind. Schwarzer und weißer Stoff, die Schriftzüge ‚Let’s have another war‘ und ‚We want more refugees‘ – eine dunkle Vergangenheit versus Hoffnung auf eine neue, helle Zukunft. Doch selbst in dieser Zukunft sind die nicht immer willkommen, nicht immer gewollt. Doch die geben nicht auf, halten an dieser Hoffnung fest und vertrauen auf jene, die sie unterstützen. Verschiedene Wände mit positiven oder weniger positiven Mottos, die im Gesamtbild das Dasein eines Flüchtlings darstellen und uns Außenstehenden verdeutlichen sollen“, dass wir uns engagieren müssen.

Amelie Ritter (ebenfalls Jahrgangsstufe 12, Q1) ergänzte inhaltlich: „So hatten wir zum Beispiel Bilder, bei denen mal sich vor allem auf den Ausdruck und die Emotionen der gezeigten Personen achten soll“. Passend dazu wurde auch die Schrift adäquat bearbeitetet, auch hier überarbeiteten die Schüler die Computerausdrucke, um ein einheitliches Erscheinungsbild der Ausstellung zu gewährleisten.

Am Donnerstag, dem 10. Dezember, waren die Werke für einen Tag in der Stadtkirche St. Marien in Homberg zu sehen. Vom 11. Januar an sind die Arbeiten bis zum 22. Januar 2016 im Foyer des Altbaus der THS zu den normalen Öffnungszeiten der Schule zu sehen sein. Die interessierte Öffentlichkeit und andere Schulen sind herzlich eingeladen, die Ausstellung zu besuchen. Danach kann die Ausstellung auch selbstverständlich zum Beispiel von Gemeinden oder anderen Intuitionen ausgeliehen werden.

Aufgrund der enorm hohen Qualität der Schülerarbeiten entschlossen sich die Schüler zusammen mit ihrem Lehrer, einen Ausstellungskatalog zu veröffentlichen. Aus Kostengründen wurde dabei auf einen Farbdruck des 104 Seiten starken Katalogs verzichtet. Dieser kann bei Amazon ab sofort für 4,28 Euro erworben werden. (Thomas Schattner)