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MT in Stuttgart überrascht: 27:29-Niederlage beim TVB

Julius Kühn. Foto: Alibek Käsler

Julius Kühn. Foto: Alibek Käsler

Stuttgart/Melsungen. Als hoher Favorit angereist, als Geschlagener nach Hause gefahren. Die MT Melsungen patzte gleich zum Auftakt in die neue Saison beim letztjährigen Tabellenvierzehnten TVB Stuttgart und verlor dort am Donnerstag nach 14:14-Halbzeitstand mit 27:29. Ein wurfstarker Julius Kühn und ein mit sieben Toren nicht minder erfolgreicher Michael Müller reichten nicht aus, um die hochmotiviert aufspielenden Schwaben in die Knie zu zwingen. Die verstanden es vor 5.821 Zuschauern in der nicht ganz ausverkauften Porsche Arena immer wieder, die mit viel Vorschusslorbeeren bedachte MT-Defensive in Verlegenheit zu bringen. Sei es in Person des unbekümmert aufspielenden Newcomers Stefan Salger oder durch die quirligen Regisseure Michael Schweikardt und Michael Kraus. Darüber hinaus wurde Johannes Bitter im Verlauf der Partie immer stärker und avancierte mit wichtigen Paraden zum Vater des verdienten Sieges.

Auf Seiten der Gäste bemerkte man schon früh im Spiel die noch fehlende Abstimmung in der Hintermannschaft. Zu oft ließ sich besonders der Mittelblock von den Kreisanspielen und anschließenden Aktionen der dortigen Nahwurfzonenspezialisten überlisten. Die Folge: Die Nordhessen liefen von Beginn an einem Rückstand mit ein bis zwei Toren hinterher. Der Ausgleich durch einen verwandelten Strafwurf von Michael Allendorf in der 29. Minute und das 14:14 durch Michael Müller aus dem Rückraum nährten zum Pausenpfiff immerhin die Hoffnung auf eine Steigerung im zweiten Durchgang.

Um es vorweg zu nehmen: Sie erfüllte sich aus MT-Sicht leider nicht. Obwohl mit frischen Kräften aufgelaufen – u.a. Nebojsa Simic für Johan Sjöstrand im Tor, Lasse Mikkelsen für Timm Schneider auf der Regieposition – wollte sich keine Wende zum Besseren einstellen. Angesichts fortschreitender Zeit und dem nach wie vor hartnäckig und erfolgreich kämpfenden Gastgeber ging auch die Linie im Angriffsspiel zusehends verloren. Immer häufiger zerfiel es in Einzelaktionen.

Positiv dabei: Die nie aufsteckenden Müller-Zwillinge hielten mit ihren erzwungenen Toren die MT auf Schlagdistanz. Als der MT-Kapitän in der 41. Minute gar auf 19:20 verkürzte, war plötzlich wieder die Gelegenheit gekommen, mit den Hausherren gleichzuziehen. Die aber erstickte postwendend der aus Leutershausen gekommene Stefan Salger mit dem Treffer zum 21:19. Kurz darauf kaufte “Jogi” Bitter Julius Kühn einen scharfen Ball ab und pushte damit sich und die knapp 6.000 Fans in der Arena. Es war eine Schlüsselszene, aus der der Außenseiter weiteres Selbstvertrauen schöpfte.

Umgekehrt zeigte die MT Nerven, wie etwa Tobias Reichmann, als er beim 20:23 Rückstand frei von Rechtsaussen an Bitter scheiterte. Michael Roth legte die Grüne Karte und versuchte seine Schützlinge beim Timeout mit drei gezielten Ansagen noch einmal auf Kurs zu bringen: “Ich möchte mehr Körpersprache sehen, gegen Bitter keine halbhohen Bälle werfen und hinten besser abstimmen!”. Das Bemühen, die Forderungen des Trainer zu erfüllen, konnte man den MT-Cracks keineswegs absprechen. Der Lohn ihrer Anstrengungen: 10 Minuten vor Schluss hatten sich die Nordhessen wieder auf ein Tor herangekämpft (25:24).

Doch kurz darauf wurde Johannes Golla mit einer Zweiminutenstrafe hinausgestellt. Um die Dezimierung zumindest im Angriff wett zu machen, räumte Simic den Kasten zugunsten eines Feldspielers. Fast wäre die Rechnung aufgegangen. Aber nur fast. Denn die Müllers scheiterten mit einem Kempa-Trick an Bitter, der passte blitzschnell zu Schweikardt und der Ex-MT’ler warf zum 26:24 ins leere Tor ein.

Gut zwei Minuten später musste auch Timm Schneider auf die Strafbank, was Kraus zum 27:24 nutzte. Rund fünf Minuten vor dem Ende kam dies einer Art Vorentscheidung gleich. Denn fortan verteidigten die “Wild Boys verbissen aber nicht ungeschickt den knappen Vorsprung und machten so am Ende völlig verdient mit 29:27 die Sensation perfekt.

Nicht verwunderlich, dass im MT-Lager sogleich wieder Erinnerungen an die letzte Saison aufkamen, als man zum Auftakt nacheinander gegen zwei Aufsteiger das Nachsehen hatte. Um die Scharte aus Stuttgart auszuwetzen, müssen die Nordhessen nun in einer Woche vor eigenem Publikum idealerweise den VfL Gummersbach in die Schranken weisen.

Stimmen zum Spiel:

Markus Baur, TVB-Trainer: Ich bin natürlich super happy über den Auftritt, den wir hier 60. Minuten abgeliefert haben. Wir haben lange disziplinierte Angriffe gespielt und unsere Torabschlüsse mit Überzeugung genutzt. Ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen. Wir haben gut gefightet und in kritischen Situationen oftmals die richtigen Lösungen gefunden. Unser Matchplan ist voll aufgegangen – darüber sind wir sehr froh.

Michael Roth, MT-Trainer: Es ist heute eindeutig ganz anders gelaufen, als erhofft. Wir haben zu keiner Zeit die Leistung auf die Platte gebracht, zu der wir eigentlich fähig sind und die wir auch in der Vorbereitung gegen anspruchsvolle Gegner gezeigt haben. Aber wie ich letzte Woche schon sagte: Vorbereitung ist nie gleichzusetzen mit echtem Wettkampf. Es hat heute die Körpersprache gefehlt, alles wirkte irgendwie gehemmt. Die ganzen Vorschusslorbeeren, die wir in den letzten Tagen bekommen haben, waren offenbar nicht förderlich. Konkret war unser Hauptmanko heute die inkonsequente Abwehr. Wir waren meist einen Schritt zu spät oder haben die falschen Entscheidungen getroffen. Die Tatsache, dass wir keine Ballgewinne erzielen und folglich auch keine Gegenstöße laufen konnten, zeigt das Problem ja auf. Dabei muss man auch anerkennen, dass Stuttgart eine starke Leistung gebracht hat. Für uns gilt: Es brauucht eben doch etwas Zeit, bis sich eine Mannschaft in neuer Besetzung gefunden hat. Wir müssen schauen, dass wir uns von Spiel zu Spiel steigern und es jedesmal etwas besser machen als davor. Das erwarte ich schon am Donnerstag gegen Gummersbach.

Axel Geerken, MT-Vorstand: Ich bin sehr enttäuscht. Mir ist es ein Rätsel, wie wir es schaffen konnten nach dem Auftakt im letzten Jahr, nochmal mit so einen verschlafenen Start die Runde zu beginnen. Wir werden das Spiel intern analysieren und anschließend auf die kommenden Spiele konzentrieren. Glückwunsch an Stuttgart!

TVB Stuttgart – MT Melsungen 29:27 (14:14)

TVB Stuttgart: Bitter 10 Paraden/26 Gegentore), Maier (bei einem Siebenmeter; 0 P. /1 GT) – Schimmelbauer (3), Häfner (1), Salger (5), Weiss, Schagen (8/5), Schweikardt (3), Späth, Kraus (4), Baumgarten (3), Röthlisberger (1), Burmeister, Kretschmer, Orlowski (1), Pfattheicher – Trainer: Markus Baur

MT Melsungen: Sjöstrand (4 P./12 GT), Simic (6 P./17 GT) – Maric (1), Kühn (7), Lemke, Golla, Reichmann (1), Mikkelsen, Danner (2), P. Müller (4), Boomhouwer, Schneider (1), Allendorf (4/3), Jaanimaa, M. Müller (7), Haenen – Trainer Michael Roth.

Strafwürfe: 5/5 – 3/3

Zeitstrafen: 8 Min. – 12 Min. (Schimmelbauer, Schagen, Späth, Baumgarten – Golla, P. Müller, 2x Schneider, 2x M. Müller)

Schiedsrichter: Christoph Immel / Ronald Klein (Erkelenz / Ratingen).

Zuschauer: 5.500, Porsche-Arena Stuttgart

Das nächste Spiel:
do., 31.08.17, 20:30 Uhr, MT Melsungen – VfL Gummersbach, Rothenbach-Halle Kassel

(Bernd Kaiser)