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Der Meister kommt: Kann die MT die Löwen bändigen?

Felix Danner im Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen in der vergangenen Saison. Foto: Heinz Hartung

Felix Danner im Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen in der vergangenen Saison. Foto: Heinz Hartung

Kassel/Melsungen. Der 13. Spieltag der DKB Handball-Bundesliga hält für die Fans in Nordhessen das nächste Bonbon bereit. Nach dem Gastspiel von Traditions-Derbygegner HSG Wetzlar gibt nun der amtierende Deutsche Meister Rhein-Neckar Löwen seine Visitenkarte in Kassel ab: Anwurf in der zum sechsten Mal in Folge ausverkauften Rothenbach-Halle ist am heutigen Donnerstag um 19 Uhr. Das Spiel wird live auf SKY übertragen.

Das Feld zum Empfang des Meisters ist bereitet: Die Kasseler Rothenbach-Halle ist seit Wochen mit 4.300 Zuschauern restlos ausverkauft, die MT Melsungen und ihre Fans freuen sich auf das Kräftemessen mit den Rhein-Neckar Löwen. Um die Qualität des Top-Clubs aus Baden besser einzuordnen: Die Löwen haben in der laufenden Bundesligarunde bislang erst ein Spiel verloren und das beim zweiten heissen Titelkandidaten in dieser Saison, der SG Flensburg/Handewitt. Das liegt inzwischen über zwei Monate zurück und kann somit noch als “Ausrutscher in der Auftaktphase” verbucht werden. Seitdem wurden die Gelbhemden auch in den beiden anderen Wettbewerben, DHB-Pokal und Champions League, von keinem ihrer Gegner bezwungen. Und das soll nun ausgerechnet der MT Melsungen gelingen? Diese Vorzeichen betrachtend, ist es tatsächlich schwer vorstellbar, dass die MT die Löwen bändigen.

Aber bekanntlich muss auch ein Handballspiel erst einmal gespielt werden. “Was jedoch Fakt ist, wir sind in diesem Vergleich der klare Außenseiter. Und wenn es noch nicht mal der FC Barcelona in eigener Halle schafft, diese Mannschaft zu schlagen, …”, macht Michael Roth die Kräfteverhältnisse deutlich. Dennoch wollen der Coach und seine Schützlinge dem vermeintlichen Über-Gegner das Feld nicht kampflos überlassen. “Wir können am Donnerstag etwas Großes schaffen, und dazu müssen wir auch Großes leisten”, hat er den Seinen nach dem Abschlusstraining mit auf den Weg gegeben. Und auch nochmal daran erinnert, dass sich die MT mit der Leistung aus den letzten Monaten, und da schließt er einen Teil aus der Rückrunde der letzten Saison mit ein, nicht zu verstecken braucht. “Wir haben ab 22. März, mit dem Spiel gegen Gummersbach, bis heute 36:10 Punkte geholt. Das ist in der Liga ein Spitzenwert. Diese Bilanz ist angesichts der zwischenzeitlichen Verletztenmisere nicht hoch genug zu bewerten”.

Apropos Verletzungen: Tobias Reichmann musste das Abschlusstraining am Mittwoch abbrechen. Die muskuläre Probleme im Unterschenkel ,die den Rechtsaußen schon zuletzt gegen Wetzlar auf die Bank verbannten, sind noch nicht überwunden. Sein Einsatz wird sich erst kurz vor dem Spiel entscheiden. Definitiv nicht dabei sein wird Kreisläufer Marino Maric, der noch an den Auswirkungen eines Syndesmosebandanrisses laboriert. Insofern wird die MT die gleiche Besetzung aufbieten, wie vor fünf Tagen im siegreichen Hessenderby .

Gegen Wetzlar hat die MT vieles richtig gemacht und deshalb auch verdient gewonnen. Von der konsequenten Abwehr mit dem noch angeschlagenen Finn Lemke (umgeknickt) als ruhenden Pol, über das von Lasse Mikkelsen gut organisierte Offensivspiel bis zu den zwischendurch eingestreuten Tempogegenstößen haben die Rotweissen dem Spiel ihren Stempel aufgedrückt. Daraus ragte Nebojsa Simic sogar noch heraus. Der Keeper trieb die gegnerischen Angreifer mit 22 Paraden förmlich zur Verzweiflung.

“Diese Leistung, aber in jedem Bereich noch ein ganzes Stück mehr müssen wir gegen die Rhein-Neckar Löwen auf die Platte bringen, wenn wir eine Chance haben wollen”, so der MT-Coach. Und verrät, dass er gegen einen außergewöhnlichen Gegner auch einige außergewöhnliche Maßnahmen in der Hinterhand hält: “Wir können, wie die Rhein-Neckar Löwen auch, verschieden Abwehrvarianten spielen. Dabei ist ja immer die Frage, wer darauf die besseren Antworten hat”.

Die Löwen, angeführt vom brillanten Regisseur Andy Schmid, können sich auf einen Kader der Extraklasse verlassen. Einzig hinter Abwehrchef Gedeon Guardiola, der im letzten Spiel umknickte, steht ein Fragezeichen. Mit dem Ex-Melsunger Appelgren und Andreas Palicka steht eines der stärksten Torhüterduos der Liga zur Verfügung. Im Rückraum dirigiert Andy Schmid wahlweise Könner wie Mensah Larsen (RL) Filip Taleski (RL), Harald Reinkind (RR) oder Alexander Pettersson (RR). Momir Rnic, der zu Saisonbeginn von der MT dorthin wechselte kam über Kurzeinsätze noch nicht hinaus, hat sich aber mit acht Toren gegen Barcelona wieder ins Gespräch gebracht. Am Kreis bilden Hendrik Pekeler (2,03 m) bzw. Rafael Baena (120 kg) auch körperlich eine Macht. Die Außen sind u.a. mit Patrick Groetzki und Valur Sigurdsson ebenfalls top-besetzt. So ist es kein Wunder, dass sich die Löwen mit derlei Qualität auch in zwei dicht hintereinander folgenden Spielen wie am letzten Wochenende – am Samstagabend Bundesliga in Leipzig und 24 Stunden später Champions League in Barcelona – (fast) nicht aus dem Konzept bringen ließen. In Sachsen gab es einen klaren 29:23-Erfolg, in Spanien immerhin ein beachtliches 26:26-Remis.

Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen warnt dennoch vor dem Gang nach Kassel und sagte in der Rhein-Neckar-Zeitung: “Die MT ist die vielleicht körperlich stärkste Mannschaft in der gesamten Liga. Wir müssen uns dort auf einen heißen Tanz einstellen”. Um dann in der clubeigenen Vorschau nochmal nachzulegen: “Wir kennen das aus den vergangenen Jahren und wissen, was auf uns zukommt: ein richtig schwieriger Gegner in einer richtig schwierigen Halle.“

MT Abwehrchef Finn Lemke lässt sich von derlei Einschätzungen von Gegnerseite nicht beeinflussen und übt sich lieber in Understatement: “Das Spiel gegen die Löwen ist das einfachste der Saison. Wir sind in diesem Vergleich gegen die derzeit beste Mannschaft in Europa der klare Aussenseiter, Heimspiel hin oder her. Aus dieser Situation wollen wir ohne jeglichen Druck frei aufspielen. Was daraus möglich ist, wird man dann sehen”.

Seine Kollege im Tor, Nebojsa Simic, der gegen Wetzlar mit sagenhaften 22 Paraden zum Wegbereiter des Sieges avancierte, und sich schon mit Kristianstad in der Champions League heisse Duelle mit den Löwen lieferte, geht da schon forscher nach draussen: “Wir haben ein fantastisches Publikum, die Halle ist wieder richtig voll und wir müssen zeigen, dass wir ein Heimspiel haben. Eine starke Abwehr, gute Torwartleistungen und viel Disziplin im Angriff – dann können wir es auch gegen diesen Gegner schaffen”.

Schiedsrichter in Kassel:
Robert Schulze / Tobias Tönnies (beide Magdeburg); Spielaufsicht: DHB-Schiedsrichterwart Wolfgang Jamelle.

Bisherige Ligabegegnungen zwischen MT und RNL:
So oft, wie mit den Löwen hat sich die MT in den 12 Erstligajahren mit keinem anderen Club um Punkte duelliert. Zu den 24 Ligabegegnungen kommen 6 Spiele im DHB-Pokal, darunter auch das legendäre Wiederholungsspiel im Februar letzten Jahres. Die Bilanz indes spricht eindeutig für die Gelbhemden: Sie gingen 26 mal als Sieger vom Platz – einschliesslich aller Pokalspiele. Nur 3 mal war die MT erfolgreich, einmal kam es zur Punkteteilung.

Letzte Saison:
10.06.2017, Rhein-Neckar Löwen – MT Melsungen 33:28
14.09.2016, MT Melsungen – Rhein-Neckar Löwen 26:30

Berichterstattung:
Live auf SKY, Vorberichterstattung ab 18:30 Uhr, Kommentator ist Markus Götz, Experte ist Stefan Kretzschmar. Zwischenstände gibt es auf Hitradio FFH, Kommentator ist Patrick Schuhmacher. (Bernd Kaiser)