Kulturerbe: Walz bei Handwerkern beliebt
Schwalm-Eder. Mit einem zünftigen Handwerksspruch sprach der Tischlergeselle Paul Maler aus Lipburg-Badenweiler nach alter Väter Sitte bei der Kreishandwerkerschaft Schwalm-Eder in Homberg vor. Dort erhielt er gegen Vorlage des Wanderbuches eine kleine finanzielle Unterstützung. Der aus dem Hochschwarzwaldkreis kommende Tischler ist seit dem 11.12.2017 fremdgeschrieben, heißt unterwegs.
Nicht näher als 50 km zur Heimat
Drei Jahre und einen Tag wird er, wie viele andere Wandergesellen, unterwegs sein. Wer auf die Walz geht, für den gelten klare Regeln, an die man sich halten muss. Etwa, dass der Wandergeselle sich seinem Heimatort nicht weiter als 50 Kilometer annähern, oder auch das man kein Smartphone oder Handy mitführen darf. Auf die Walz darf heute nur gehen, wer die Gesellenprüfung bestanden hat, ledig, kinderlos, schuldenfrei und unter 30 Jahre alt ist. Zudem gehört es zu den Regeln, dass für Kost und Logis kein Geld ausgegeben werden darf. Allein durch Arbeit finanzieren sich die Handwerker ihre Wanderschaft. Unterstützen kann man die Gesellen, indem man sie ein Stück mit dem Auto mitnimmt, da ihnen verboten ist mit einem eigenen Fahrzeug zu reisen.
Immaterielles UNESCO Weltkulturerbe
Wie Wolfgang Scholz, stv. Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Schwalm-Eder, erklärte, gilt die Wanderschaft der Gesellen seit 2015 als immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO. Jedes Jahr gehen etliche Handwerker auf die Walz, zahlenmäßig erfasst werden diese nicht. Zu den bekanntesten Wandergesellen gehörten der ehem. Reichspräsident Friedrich-Ebert (Sattler), Albrecht Dürer (Maler), Adam Opel (Mechaniker), August Bebel (Drechsler) oder der Gründer des Kolpingwerks Adolph Kolping (Schuhmacher).
Schlitzohr – Wenn der Meister den Ring ausreißt
Auch der Begriff „Schlitzohr“ habe dort seinen Ursprung, erklärt Scholz. Aus Tradition tragen Handwerker auf der Walz einen Ohrring. Benimmt der Geselle sich während der Walz nicht ehrenhaft, wird ihm vom Meister der Ohrring abgerissen, so entsteht der Schlitz im Ohr. Auf diese Weise konnten die Leute sofort erkennen, wer ein ehrbarer Handwerker ist und wer nicht. Heute wird der Begriff Schlitzohr dagegen fälschlicherweise als pfiffig interpretiert. Ehrbar wird das Schlitzohr aber dadurch auch heute nicht.
(red)