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Frauen mit Appetit aufs Leben

Frauenmahl Orga (v.li.): Marita Natt, Prof. Dr. Evelyn Korn, Tamara Morgenroth, Angela Weigand, Inge Fleschenberg, Clarissa Graz, Anne Rudolph, Inge Wickert und Annette Hestermann. Foto: Hephata

Frauenmahl Orga (v.li.): Marita Natt, Prof. Dr. Evelyn Korn, Tamara Morgenroth, Angela Weigand, Inge Fleschenberg, Clarissa Graz, Anne Rudolph, Inge Wickert und Annette Hestermann. Foto: Hephata

Treysa. „Frauen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen, Haltungen, Alter – und mit Appetit“, so charakterisierte Hephata-Pfarrerin Annette Hestermann die 65 Teilnehmerinnen des ersten Frauenmahls, das am vergangenen Freitagabend in der Hephata-Kirche stattfand. Annette Hestermann, Diakonin Inge Fleschenberg und Diakonin Inge Wickert, alle Hephata-Mitarbeiterinnen, sowie die Pfarrerinnen Tamara Morgenroth und Anne Rudolph hatten das Frauenmahl organisiert.

Frei nach Luthers Tischreden

Dieses stand unter dem Thema: „Über Geld spricht man nicht! Oder doch? Frauen – lasst uns über Geld reden!“ Das Veranstaltungsformat „Frauenmahl“ existiert bundesweit und lehnt sich an Luthers Tischreden an: Kurzvorträge sollen Diskussionen und Gespräche unter den Teilnehmerinnen anregen, die nebenbei auch kulinarische und musikalische Erlebnisse präsentiert bekommen.

Gespräche beim ersten Frauenmahl in der Hephata-Kirche. Foto: Hephata

Gespräche beim ersten Frauenmahl in der Hephata-Kirche. Foto: Hephata

„Meine Vision ist, dass wir in zehn Jahren ein Frauenmahl machen, nicht um über Geld zu reden, sondern mit der Frage, was uns erfüllt“, sagte Prof. Dr. Evelyn Korn aus Marburg in ihrer Tischrede. Die Volkswirtschaftlerin war eine von fünf Rednerinnen des Abends. Sie nahm die gesellschaftlich immer noch verankerten traditionellen Rollenbilder aufs Korn: „Jungs sollen stark und klug sein, sich durchsetzen. Mädchen sollen gruppenfähig, sozial und fleißig sein.“ Dies führe unter anderem dazu, dass Frauen oft soziale Berufe wählten, die schlechter bezahlt seien, und auch schlechter über ihr Gehalt verhandelten. Korn trat dafür ein, diese Rollenbilder zu verändern, aber auch den Wert der eigenen Arbeit nicht nur finanziell zu messen: „Eine Grundversorgung ist nötig, damit Menschen zufrieden sein können. Aber wer etwas hat, kann es auch verlieren. Wer mehr hat, ist nicht unbedingt glücklicher.“

Bessere Ausbildung, schlechtere Bezahlung

Die Tischrede von Rechtsanwältin Annette Schnetzler aus Schwalmstadt beschäftigte sich mit Problemen von Frauen, die keine ausreichende Grundsicherung haben. Aus Erfahrungen ihrer beratenden Tätigkeit für Pro Familia zeichnete sie den Weg in die Schuldenfalle für viele Frauen nach Trennung, Scheidung, Krankheit oder auch als Alleinerziehende nach. „Frauen haben statistisch gesehen oft den besseren Schulabschluss. Beruflich sind sie aber oft das schlechter verdienende Geschlecht.“ Da Schnetzler ihre Teilnahme kurzfristig hatte absagen müssen, las Diakonin Inge Fleschenberg ihr Manuskript vor.

Beeinflusste Selbstwahrnehmung

Diplom-Physikerin Angela Weigand aus Schwalmstadt berichtete von ihren Erlebnissen in einem klassischen Männerberuf. „Nur jeder sechste Ingenieur in Deutschland ist weiblich. Zu meiner Studienzeit war ich weniger als ein Prozent.“ Sie selbst habe kein Problem damit, werde aber häufig von Frauen auf ihren Beruf angesprochen – wie es so sei, in einer Männerwelt zu arbeiten. Rollenbilder, die über viele Generationen weitergegeben worden sind, beeinflussten immer noch unterschwellig die Erwartungen von Eltern an ihre Kinder und auch die Selbstwahrnehmung von Kindern, so Angela Weigand.

Omas beiseite geschafftes „Beutegeld“

Pfarrerin Clarissa Graz, Vertreterin der Diakonie Hessen am Sitz der Landesregierung in Wiesbaden, vertrat die These: „Wenn’s um Geld geht, sind wir nicht besser als die Anderen. Wir sind nur oft schlechter gestellt.“ Sie berichtete von ihrer eigenen Familie: Von der Oma, die von ihrem Mann Haushaltsgeld bekam, und heimlich 50 Pfennigstücke verschwinden ließ, für die Enkel, „echtes Beutegeld“. Über die Mutter, die als junge Frau deutlich mehr Geld als der Vater verdiente, mit der Geburt der Kinder aber auf eine Teilzeitstelle gegangen war. Bis hin zu sich selbst, die zu hören bekam: „Das Geld, das Du verdienst, kannst du für die Kinderbetreuung verwenden, wenn du schon nicht zu Hause bleibst.“

Die Gestaltung des Frauenmahls ist in Anlehnung an Luthers Tischreden angelegt. Foto: Hephata

Die Gestaltung des Frauenmahls ist in Anlehnung an Luthers Tischreden angelegt. Foto: Hephata

Frauen mit Mut zu ethischem Investment

„Frauen und Geld in der Bibel“, darum ging es in der Tischrede von Prälatin im Ruhestand Marita Natt. Sie wollte mit der Beschreibung von Frauen von früher Frauen von heute Mut machen. Natt spannte von der Königin von Saba über das „Lob der tüchtigen Hausfrau“ bis zur namenslosen Frau, die Jesus Kopf mit Öl salbte, ihren Argumentationsbogen: „Frauen und Geld in der Bibel erzählen von Klugheit, Weichheit und Gottvertrauen. Die meisten Frauen in der Bibel handeln mit Geld wirtschaftlich und sozial.“ Beispielsweise, weil sie den Mut zu ethischem Investment zeigten.

Musikalische Zusammenfassungen der Tischreden

Passend dazu sang Sopranistin Judika Tschammer im Anschluss „Ich brauche keine Millionen“. Auch den Rest des Abends lieferte die Sopranistin aus Cölbe immer wieder musikalische Zusammenfassungen der jeweiligen Tischreden. Begleitet wurde sie dabei von Kirchenmusiker Martin Kaiser am Klavier. Kaiser war neben Andreas Reckziegel, Küchenleiter der Hephata Diakonie, der einzige Mann des Abends. Denn auch das Team der Zentralen Hauswirtschaft Hephatas um Reckziegel bestand ausschließlich aus Frauen. Sie reichten ein „Flying Buffet“ mit elf verschiedenen, kleinen Köstlichkeiten in Gläsern.

Hephata-Pfarrerin Annette Hestermann zog am Ende des Abends das Fazit: Heute Abend durften wir Schätze heben, die uns helfen, unsere Wege zu gehen.“

(red)



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