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Weniger Interesse am Unternehmertum

Carsten Heustock, stellvertretender Leiter IHK-Bereich Existenzgründung und Unternehmensförderung. Foto: nh

Carsten Heustock, stellvertretender Leiter IHK-Bereich Existenzgründung und Unternehmensförderung. Foto: nh

Schwalm-Eder. Das Interesse an einer unternehmerischen Selbstständigkeit in Nordhessen ist 2017 abgeebbt. Gaben die Gründungsberater der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg 2016 noch 1.681 telefonische oder persönliche Auskünfte, waren es im vergangenen Jahr 1.362.

Selbstständigkeit weniger attraktiv

Ebenfalls zurückgegangen sind die persönlichen Beratungstermine von 681 auf 550. Ein Trend, der sich auf Bundesebene widerspiegelt. „Durch die gute Arbeitsmarktsituation und eine sichere Beschäftigung erscheint vielen die Alternative Selbstständigkeit wenig attraktiv“, erläutert Carsten Heustock, stellvertretender Leiter des Bereichs Existenzgründung und Unternehmensförderung bei der IHK. „Im Gegenzug steigt die Qualität der gut vorbereiteten Gründungen.“

Ranking von Stadt und Land

Regional betrachtet, haben bei den telefonischen oder persönlichen Auskünften die beiden Oberzentren die Nase vorn: Stadt und Landkreis Kassel mit 833 (2016: 935) sowie Marburg mit 194 Kontakten (2016: 258). Es folgen die Landkreise Waldeck-Frankenberg (2017: 120 / 2016: 162), Hersfeld-Rotenburg (2017: 115 / 2016: 130), Schwalm-Eder (2017: 60 / 2016: 125) und Werra-Meißner (2017: 40 / 2016: 71).

Gründungsaffine Jahrgänge schrumpfen

Bei den persönlichen Beratungsgesprächen zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: 220 Termine sind in Stadt und Landkreis Kassel vereinbart worden (2016: 315), 98 in Marburg (2016: 111). Auf Hersfeld-Rotenburg entfielen 73 persönliche Treffen (2016: 78), dicht gefolgt von Waldeck-Frankenberg mit 72 (2016: 56). Im Schwalm-Eder-Kreis lag der Wert bei 52 (2016: 74), in Werra-Meißner bei 35 (2016: 47). Dabei wirkt sich laut Heustock ebenfalls der demografische Wandel aus: Die besonders gründungsaffinen Jahrgänge zwischen 25 und 45 Jahren schrumpfen. Alle Kommunen eint, dass die meisten Gründungsinteressierten sich mit weitem Abstand in den Dienstleistungsbranchen oder im Handel selbstständig machen wollen.

IHK bleibt Anlaufstelle Nr. 1

Auf dem Weg ins Unternehmertum greifen die Berater in den IHK-Servicezentren der Landkreise sowie in Kassel und Marburg den Gründungsinteressierten unter die Arme: Sie sind eine wichtige Anlaufstelle für einen Start in die Selbstständigkeit. In Einzelgesprächen informieren und beraten sie, was beim Erstellen eines Business-Plans zu berücksichtigen ist, welche Rechtsform passend ist und ob Fördermittel genutzt werden können. Parallel bieten sie ein breites Angebot an Sprechtagen und Informationsveranstaltungen an, beispielsweise zu den Themenfeldern „Steuern und Gewinnermittlung“, „Marketing und Vertrieb“ sowie Finanzierungssprechtage – diese kann jedermann kostenfrei nutzen. Eine Übersicht gibt es unter www.ihk-kassel.de im Bereich „Veranstaltungen“.

Qualität und Bandbreite des Angebots überzeugen die Jungunternehmer in spe. Die Zufriedenheit mit dem IHK-Gründerservice hat im vergangenen Jahr einen Rekordwert erreicht. 6.755 Gründer stellten dem IHK-Angebot bundesweit die Gesamtnote 1,21 aus – nach einer 1,23 im Jahr 2016. 98,3 Prozent würden den IHK-Gründerservice weiterempfehlen oder haben das bereits getan.

Hebel für gedeihliches Gründungsklima

Damit Gründer Erfolgsgeschichten schreiben können, kann auch die Politik helfen. „Start-ups würden vor allem von einer deutlichen Vereinfachung bei Anträgen zur öffentlichen Förderung profitieren ebenso wie von einer weit weniger komplexen Besteuerung und noch leichterem Zugang zu Wagniskapital“, hält Heustock fest.

Schnelles Internet in ländlichen Regionen sei ebenfalls vonnöten. Entscheidend sei zudem, das Thema Unternehmertum nachhaltig im Schulunterricht zu verankern. „Hier liegt der wichtigste Hebel für ein gedeihliches Gründungsklima, das wachstumsstarke und innovative Existenzgründungen hervorbringt“, sagt Heustock. „Damit würden wir heute die Grundlage dafür schaffen, unsere Region fit für Start-ups und den innovativen Mittelstand von morgen zu machen.“

(red)