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Ein Fall für den Coach vom Jobcenter

Auch optisch hat sich Einiges getan: Stefan Elsner vor seiner Einarbeitung (linkes Bild) und in DRK-Arbeitskleidung (rechts). Fotos: Jobcenter
Auch optisch hat sich Einiges getan: Stefan Elsner vor seiner Einarbeitung (linkes Bild) und in DRK-Arbeitskleidung (rechts). Fotos: Jobcenter

Ziegenhain. Menschen, die aus vielfältigsten Gründen noch nie oder schon lange nicht mehr gearbeitet haben, (wieder) in Arbeit zu vermitteln: ein oftmals langwieriger, komplexer Prozess.

Durchhalten lohnt sich

Hürden und Herausforderungen gilt es zu meistern, eine intensive Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer, Unternehmen und Jobcenter ist dabei unabdingbar. Dass sich das Durchhalten lohnt, beweist Stefan Elsner: Der Anfang Fünfzigjährige ist seit Mai 2019 in der Versorgungslogistik des Deutschen Roten Kreuz (DRK) beschäftigt und beliefert vom Lager Ziegenhain aus Rettungswachen mit Arbeitsmaterialien.

Der Auslöser: Teilhabechancengesetz

Im November 2018 informiert das Jobcenter Schwalm-Eder Arbeitgeber aus dem Schwalm-Eder-Kreis – unter anderem das DRK – über die Förderungsmöglichkeiten des neuen Teilhabechancengesetzes: Das Jobcenter übernimmt die Lohnkosten, wenn Unternehmen Langzeitarbeitslosen neue Perspektiven und Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen. Das DRK, das sich das Motto »Menschen helfen, Gesellschaft gestalten« als eines seiner strategischen Ziele für die verbandliche Weiterentwicklung gesetzt hat, schafft daraufhin zwei Projektstellen – unter anderem im Bereich Versorgungslogistik.

In Stefan Elsner hatte das Jobcenter einen passenden Kandidaten gefunden. Foto: Jobcenter
In Stefan Elsner hatte das Jobcenter einen passenden Kandidaten gefunden. Foto: Jobcenter

Der Startschuss

Arbeitsvermittler Alexander Janitzki vom Jobcenter-Standort Ziegenhain durchforstet seinen Kundenstamm nach Personen, die für die Stelle des DRK in Frage kommen. „Neben der bisherigen Arbeitserfahrung und vorhandenen Qualifikationen berücksichtige ich dabei insbesondere, ob die Voraussetzungen für die Förderung nach dem Teilhabechancengesetz vorliegen“, begründet er seine Wahl für Stefan Elsner. Dieser ist in den letzten sieben Jahren keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen und befindet sich in einer dreimonatigen, freiwilligen Maßnahme, die ihn auf einen Wiedereinstieg in das Berufsleben vorbereitet. Als diese im Dezember beendet ist, schlägt Janitzki ihm ein 14-tägiges Probearbeiten beim DRK vor. Diese „MAG“ (Maßnahme bei einem Arbeitgeber) läuft so gut, dass sich beide Seiten eine gemeinsame Zukunft vorstellen können – und schließen zum 1. Mai 2019 einen Arbeitsvertrag für die nächsten fünf Jahre.

Zusammenarbeit mit dem Coach

Mit dem Arbeitsvertrag endet zwar Elsners Zusammenarbeit mit Arbeitsvermittler Janitzki, er wird jedoch weiterhin vom Jobcenter unterstützt. Coach Sandra Stein besucht Elsner zweimal monatlich an seinem Arbeitsplatz und hilft beim Durchhalten. „Regelmäßig bespreche ich mich auch mit den Vorgesetzten und Kollegen. Dabei beleuchten wir Fortschritte, aber auch Probleme und überlegen gemeinsam, wie wir das Beschäftigungsverhältnis stabilisieren können. Außerdem können wir bei Bedarf auch bestimmte Kosten, etwa für Weiterbildungen, übernehmen“, erläutert die Jobcenter-Mitarbeiterin, die in ihrem Außendienst außer Elsner noch weitere neun Kunden betreut.

Einrichtung eines Verbrauchslagers

Elsners erste Aufgabe ist es, ein Verbrauchslager für die Außenwachen einzurichten um von dort aus Rettungsstellen auszustatten. Er lernt die Materialien kennen, erstellt dazu mit Rettungsdienstleiter Marco Hille Steckbriefe zu den einzelnen Produkten. Im Juni ist die Vorarbeit beendet, seitdem beliefert Elsner an zwei Tagen in der Woche sieben Rettungswachen. Dabei wird er allerdings noch gefahren…

Fahrpraxis: Fehlanzeige

Zwar hat Elsner den Führerschein, jedoch so gut wie keine Fahrpraxis. Mobilität ist für seinen Job jedoch unabdingbar: Ein Fall für den Coach. Stein und Elsners Vorgesetzter Hille besprechen, wie es weitergehen kann. „Wir haben uns dann entschieden, Elsner bei einer Fahrschule anzumelden“, sagt Hille. Das Jobcenter holt dafür drei Angebote ein, um sich nach einem Vergleich für das beste Angebot entscheiden zu können.

Zu wenig Sehkraft zum Autofahren

Bei einer betriebsärztlichen Untersuchung fällt Elsners fehlende Sehkraft auf, die zum Autofahren nicht ausreiche. Außerdem stellt sich heraus, dass Elsners seine Brille schon über 20 Jahre trägt. Auch hier greift wieder das Coaching: Stein und Hille begleiten Elsner zu einem neuen Sehtest bei einem Optiker. Dieser hält eine neue Brille für ausreichend, um den Fahrunterricht wieder aufnehmen zu können. Betriebsarzt und Augenarzt bestätigen dies – für Elsner kann es also weitergehen.

Neue Brille zu teuer

Doch damit nicht genug: Die neue Brille ist zu teuer für Elsner. Das Jobcenter unterstützt ihn erneut und übernimmt anteilig die Kosten. „Auch für die neue Brille mussten wir wieder drei Angebote einholen“, erklärt Coach Stein. „Nur so können wir die Förderung beantragen.“

Nach der Langzeitarbeitslosigkeit fand Stefan Elsner mithilfe des Jobcenters endlich in einen Beruf, der ihm Einkommen, Freude und Erfüllung bietet. Foto: Jobcenter
Nach der Langzeitarbeitslosigkeit fand Stefan Elsner mithilfe des Jobcenters endlich in einen Beruf, der ihm Einkommen, Freude und Erfüllung bietet. Foto: Jobcenter

„Sie fahren zu unsicher“

Nach der neunten Fahrstunde der nächste Rückschlag für Elsner: Laut seinem Fahrlehrer sei er zu unsicher, um alleine zu fahren. Hille und Stein beraten erneut: Elsner erhält weitere Fahrstunden, jedoch mit einem größeren PKW – ähnlich demjenigen, den er später fahren wird. Die noch benötigten Fahrstunden können nun als notwendige Weiterbildung für Elsners Arbeit gelten und vom Jobcenter übernommen werden.

Stolz auf seine Arbeit

Nachdem er so viele Hindernisse überwunden hat, ist Elsner umso glücklicher mit seiner neuen Arbeit und präsentiert stolz seine DRK-Arbeitskleidung. „Ich bin sehr froh, dass ich diese Chance bekommen habe. Das ist alles wie in einem Traum“, blickt er auf seine ersten Monate zurück. „Ohne die Unterstützung vom DRK und Frau Stein wäre ich vermutlich jedoch gescheitert“, gibt er sich nachdenklich. „Durch die intensive Betreuung mit Gesprächen, finanzieller Unterstützung und Hilfe im privaten Umfeld wurde ich jedoch behutsam wieder in die Spur gebracht“, fügt er hinzu. Sein Ziel nun für die nächsten Monate: „Bis Oktober möchte ich alleine Auto fahren können.“

(red)