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Landarzt – ein Job, der glücklich macht

Rita Schemenau, Yanki Pürsun, Wiebke Knell, Renate Schütz, Rosaria Brighina-Linker (v.li.). Foto: FDP
Rita Schemenau, Yanki Pürsun, Wiebke Knell, Renate Schütz, Rosaria Brighina-Linker (v.li.). Foto: FDP

Wabern. Die ärztliche Versorgung in den ländlichen Regionen ist einer der Knackpunkte, die die Politik in den nächsten Jahren lösen muss.

Politische Runde vor Ort

Um sich vor Ort darüber zu informieren, wie man junge Ärzte auch in strukturschwächere Regionen holen kann, hat deshalb die heimische FDP-Landtagsabgeordnete Wiebke Knell, zuständig für den ländlichen Raum, gemeinsam mit Yanki Pürsün, als gesundheitspolitischem Sprecher der FDP-Landtagsfraktion sowie örtlichen Parteifreunden die in Wabern ansässige Hausärztin Rosaria Brighina-Linker besucht.

Brighina-Linker ist 38 Jahre alt, 2013 hat sie ihre Facharztausbildung in der alteingesessenen Hausarztpraxis von Dr. Helmut Hennighausen in Wabern fortgesetzt, danach hat sie die Praxis in Gemeinschaft mit diesem geführt und sie 2018 dann ganz übernommen. Die Praxis hält zwei Kassenarztsitze inne, dafür hat Brighina-Linker zwei Kollegen in Teilzeit eingestellt. Die junge Ärztin sprach mit den FDP-Politikern über ihre Erfahrungen, über falsche Vorstellungen über ihren Beruf und über Möglichkeiten, jungen Ärzten den Gang aufs Land schmackhaft zu machen.

Sorge vor „Leben zweiter Klasse“

Ein grundsätzliches Problem sieht Brighina-Linker im Image des ländlichen Raumes. „Viele junge Menschen haben unabhängig vom Beruf die Vorstellung, dass es auf dem Land nur ein Leben ‚zweiter Klasse‘ gibt. Die Vorteile des Landlebens werden meiner Meinung nach leider viel zu wenig in die Öffentlichkeit getragen. Dabei habe ich hier einen kostenlosen Kindergartenplatz, das Wohnen ist viel billiger als in der Stadt und es sind kurze Wege in die Natur“, listete Brighina-Linker kurz auf.

Diese Vorteile des Lebens auf dem Land kennt auch Politikerin Knell. „Allerdings ist es dringend nötig, dass die Versorgung mit schnellem Internet und einem flächendeckenden Mobilfunknetz zügig sichergestellt wird, sonst werden wir keine jungen Menschen aufs Land locken oder hier halten können. Es müssen deutlich mehr Investitionen in die Infrastruktur der ländlichen Räume fließen und dann müssen wir außerdem noch selbstbewusst für unsere schöne Region werben“, so Knell.

Positive Erfahrungen mit Patienten

Gesundheitspolitiker Pürsun fragte gezielt nach den Erfahrungen der Ärztin und wollte wissen, ob das in der Öffentlichkeit bestehende Bild eines Hausarztes im ländlichen Raum denn zuträfe. „Ist es schlecht bezahlt, mit endlosen Tagen versehen und ein einziger Reisestress von Hausbesuch zu Hausbesuch?“ Brighina-Linker verneinte vehement. Sie liebe ihren Beruf. Die von ihr gemachten Arbeitserfahrungen und positiven Begegnungen mit ihren Patienten unterstreichen für sie die Richtigkeit ihrer Entscheidung, den Klinikbetrieb zu verlassen in eine Landarztpraxis zu wechseln.

Die Probleme liegen ihrer Meinung nach woanders. „Nach dem Studium haben Mediziner fachlich einen hervorragenden Wissensstand. Man weiß aber überhaupt nichts über den Umgang mit der Kassenärztlichen Vereinigung, mit dem Finanzamt und den arbeitsrechtlichen Vorschriften als Arbeitgeber. Da bekommt man regelrecht Angst“, beschreibt sie ihre damalige Gefühlslage. Die Einarbeitung durch Dr. Hennighausen sei für sie eine große Hilfe gewesen, um mit den bürokratischen Herausforderungen fertig zu werden.

Junge Ärzte besser absichern

Aus dem Bericht der Ärztin zog Pürsun folgendes Fazit: „Wir brauchen eine weitere Entflechtung der Vorschriften, eine bessere Willkommenspolitik seitens der vor Ort Verantwortlichen und eine bessere Absicherung für junge Ärzte, die eine Praxis übernehmen wollen und dort mit ihrem Privatvermögen in die Haftung gehen.“

Eine Idee, die sich im Gespräch entwickelte war außerdem die Einrichtung eines Einführungscoachs. Knell erklärte dazu: „Wenn die jungen Ärzte in den ersten zwei Jahren von der öffentlichen Hand begleitet werden und Hilfestellung gegenüber Behörden, der Kassenärztlichen Vereinigung und Aufklärung über bestehende Förderprogramme bekommen, dürfte die flächendeckende Versorgung mit Hausärzten künftig vielleicht weniger Probleme bereiten.“ Die FDP auf kommunaler, aber auch auf Landesebene werde prüfen, wie man dies umsetzen könnte.

(red)