IG BAU warnt vor Lohn-Kamikaze-Kurs!
Schwalm-Eder. Arbeitgeber von Handwerk und Industrie müssen Bau-Mindestlöhnen rasch zustimmen, fordert die IG BAU. Die Gewerkschaft warnt: „Den 1.300 Bauarbeitern droht eine 10-Euro-Lohn-Lücke.“
Bangen um den Branchen-Mindestlohn
Die glasklare Forderung der Arbeitnehmervertreter lautet: Handwerk und Bauindustrie in Hessen sollen Druck auf die Bundes-Spitze machen. Denn Folgendes darf es nicht mehr geben: Zwei Bauarbeiter, die gleiche Arbeit – und trotzdem zwei unterschiedliche Löhne!
Gut 10 Euro könnten die Löhne pro Stunde auf den Baustellen im Schwalm-Eder-Kreis bald auseinandergehen. Denn Bauarbeiter, die keinen Tariflohn bekommen, müssen jetzt sogar um ihren Branchen-Mindestlohn bangen. Das teilt die IG BAU Nordhessen mit. Betroffen davon könnte ein Großteil der rund 1.300 Bauarbeiter im Schwalm-Eder-Kreis sein.
Statt 12,55 Euro droht unterste Verdienstgrenze
„Bauhandwerk und Bauindustrie müssen jetzt das tun, was die IG BAU schon gemacht hat: Die Arbeitgeber müssen nämlich einem Schlichterspruch und damit neuen Bau-Mindestlöhnen zustimmen. Passiert das nicht, droht dem Bau im Schwalm-Eder-Kreis schlimmstenfalls der gesetzliche Mindestlohn von 9,35 Euro pro Stunde als unterste Verdienstgrenze. Jetzt hängt alles am seidenen Faden der Arbeitgeber“, sagt IG BAU-Bezirksvorsitzender Klaus Michalak.
Der Schlichterspruch sehe vor, dass die Branchen-Mindestlöhne auf dem Bau ab April steigen – und zwar auf 12,55 Euro für Hilfsarbeiten (Mindestlohn 1) und auf 15,40 Euro für Facharbeiten (Mindestlohn 2).
Dumping-Konkurrenz für heimische Firmen
„Diese Bau-Mindestlöhne sind die Lohn-Stoppschilder nach unten. Und genau die braucht der Bau ganz dringend. Wenn die Arbeitgeber die neuen Branchen-Mindestlöhne allerdings nicht akzeptieren, dann wäre das ein Lockruf an alle Billig-Firmen aus dem In- und Ausland, als Dumping-Konkurrenz auf den Markt zu drängen. Diese Billigheimer würden dann ordentlich arbeitenden und anständig – nämlich den Tariflohn – bezahlenden Unternehmen im Schwalm-Eder-Kreis wirtschaftlich das Handwerk legen“, sagt Michalak. Der Vorsitzende der IG BAU Nordhessen warnt die heimischen Bauunternehmen davor, sich hier auf einen „Kamikaze-Kurs“ einzulassen.
Stichtag: 17. Januar
Der Countdown dazu laufe bereits: Die Arbeitgeber müssen bis zum kommenden Freitag – also bis zum 17. Januar – grünes Licht für höhere Mindestlöhne auf dem Bau geben. Die IG BAU ruft deshalb „alle anständigen Bauunternehmen im Landkreis auf, im Schulterschluss mit anderen als ‚starke Hessen-Kraft‘ klare Signale an den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und an den Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) zu senden – und zwar für das Akzeptieren der neuen Bau-Mindestlöhne“.
Michalak macht klar: „Hier steht viel auf dem Spiel. Nämlich der faire Wettbewerb bei fairer Bezahlung. Der Bau darf nicht zur Niedriglohn-Branche werden. Denn die Folgen für die Beschäftigungsentwicklung wären verheerend – und das mitten im Bau-Boom: Selbst Facharbeiter würden dann abwandern. Vom Niedriglohn-Image der Baubranche und ihrem fehlenden Nachwuchs ganz zu schweigen.“ Gerade jungen Menschen müsste das Signal gegeben werden, dass der Bau eine boomende Branche mit Zukunft sei, in der man was Tolles schaffen, den Erfolg seiner Arbeit sehen und gutes Geld verdienen könne.
Bau würde Dumpinglöhne nicht verkraften
Mit dem Tariflohn sei die „Lohnlatte“ fair gelegt. Der Basis-Tariflohn für einen erfahrenen Maurer, Zimmerer oder Straßenbauer im Schwalm-Eder-Kreis liege derzeit bei 20,63 Euro. „Würden Unternehmen, die nicht an den Tariflohn gebunden sind, künftig lediglich den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit nur 9,35 Euro bezahlen, dann würde das eine krasse Kluft von über 10 Euro beim Stundenlohn bedeuten. Das würde der Bau nicht verkraften. Denn das würde zu Lasten der Unternehmen gehen, die für fairen Wettbewerb und Qualität stehen“, so Michalak. Dem Bau drohe dann ein knallharter Preiskampf.
Gewerkschaft hat Schlichterspruch schon zugestimmt
Genau dieser Punkt habe den Präsidenten des Bundessozialgerichts, Prof. Dr. Rainer Schlegel, als Schlichter für das Bauhauptgewerbe offensichtlich bewogen, sich für neue Bau-Mindestlöhne auszusprechen.
„Dieser Schlichterspruch ist für alle Seiten – für die IG BAU, die ihm bereits zugestimmt hat, vor allem aber für Bauhandwerk und Bauindustrie – akzeptabel. Zum Wohle der Branche wird’s jetzt Zeit, dass auch die Arbeitgeber ihn akzeptieren“, fordert der nordhessische IG BAU-Vorsitzende weiter.
Wie es tarifpolitisch dann auf dem Bau weitergeht, darüber werden IG BAU und Bau-Arbeitgeber bereits im Frühjahr verhandeln. „Dann steht nämlich die neue Lohn-Tarifrunde an“, so Michalak abschließend.
(red)