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„Stau im Stall“ nach Tönnies-Schließung

Zu den jüngsten Aussagen bezüglich der Schweinehaltung im Schwalm-Eder-Kreis haben die hiesigen Bündnisgrünen noch ein Wort zu sagen: Die Tierhaltung wie am Fließband ist das Problem. Foto: Andreas Hoffmann
Zu den jüngsten Aussagen bezüglich der Schweinehaltung im Schwalm-Eder-Kreis haben die hiesigen Bündnisgrünen noch ein Wort zu sagen: Die Tierhaltung wie am Fließband ist das Problem. Foto: Andreas Hoffmann

Schwalm-Eder. Die Schweinehaltung im Landkreis kommt nach Einschätzung von Bündnis 90/Die Grünen an ihre Grenzen. Aufgrund der Schließung des größten Deutschen Schlachtbetriebes, Tönnies, können schlachtreife Schweine nicht verkauft werden und es kommt zum „Stau“ in den ohnehin engen Ställen.

Höhere Standards, mehr Transparenz, faire Preise

Daran wird allzu deutlich, dass die industriell organisierte Schweinezucht mit der engen Taktung von Besamung, Aufzucht der Ferkel und Jungtiere bis zur Schlachtung, die strikt nach Tagen organisiert ist und nach ca. 200 Tagen zur Schlachtung führt, mit Tierwohl und Respekt vor Leben wenig zu tun hat, schreibt Bündnis 90/Die Grünen Schwalm-Eder in einer Pressemitteilung.

Dr. Bettina Hoffmann, MdB, Kreisvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Foto: nh
Dr. Bettina Hoffmann, MdB, Kreisvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Foto: nh

„Die industrielle Tierproduktion ist am Ende. Wir brauchen eine Neuausrichtung in der Tierhaltung. Höhere Standards, mehr Transparenz und faire Preise können zu einer artgerechten Haltung führen und Bäuerinnen und Bauern ein auskömmliches Einkommen ermöglichen. Um Natur und Umwelt zu schonen und das Trinkwasser vor Nitrateinträge zu schützen, ist auch eine Reduktion der Tierbestände nötig“, so Dr. Bettina Hoffmann, Sprecherin der Grünen Schwalm-Eder und Bundestagsabgeordnete. „Die Forderung von Norbert Klapp, Regionalbauernverband Kurhessen, in der HNA vom 7.7.2020 nach Ausnahmeregelungen zur Schlachtmöglichkeit von überschweren Schweinen greift viel zu kurz. Die Aussage von Herrn Schneeweiß, geschäftsführender Vorstand von Edeka Hessenring, dass für Edeka nur der Preis entscheidend ist, weist auf das wahre Übel hin.“

Hohes Risiko für Schmerzen, Leid und Schäden

Bereits 2015 habe der Wissenschaftliche Beirat (WBA) des Landwirtschaftsministeriums ein umfassendes Gutachten vorgelegt, wie die Tierhaltung in Deutschland verbessert werden kann. In seinem Bericht beschreibe der Beirat die gängigen Haltungsbedingungen als „hohes Risiko für das Auftreten von Schmerzen, Leiden und Schäden“ bei den Tieren und attestiere der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Deutschland, sie sei in dieser Art „nicht zukunftsfähig“.

Der Deutsche Ethikrat sei der Auffassung, dass es die Aufgabe der Politik ist, eine ethisch vertretbare Nutztierhaltung zu ermöglichen. Doch auch in dieser Wahlperiode werde der dringend notwendige Veränderungsprozess durch die Bundeslandwirtschatsministerin verschleppt.

Wachstum für den Weltmarkt – ein Irrweg

„Eine weitere Amtszeit des Nichtstuns darf es nicht geben!“ kritisiert Dr. Hoffmann. „Alle Tiere müssen schnell ein angemessenes Platzangebot, frische Luft, Tageslicht und Stimulation durch Außenreize erhalten. Schweine brauchen Stroh, Auslauf und Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Schutz der Tiere ist nun seit 18 Jahren im Grundgesetz verankert. Bis auf das Verbot der Legebatterien sind seitdem aber kaum Fortschritte gemacht worden.“

Haferdrinks und Bohnenburger

Hermann Häusling, Sprecher der Grünen Schwalm-Eder, ergänzt: „Das Trimmen auf Wachstum für den Weltmarkt hat sich als ökonomischer Irrweg herausgestellt. Viele Bäuerinnen und Bauern wissen mit Blick auf Artensterben und Klimakrise nicht, wie ihre Zukunft aussehen wird. Zudem sind auf dem heimischen Markt pflanzliche Alternativen wie Haferdrinks und Bohnen-Burger längst keine Nischenprodukte mehr.“

Qualität statt Ramsch

Bettina Hoffmann weiter: „Jetzt ist es an der Zeit umzusteuern. Fleisch und andere tierische Produkte müssen von einer Ramschware im Sonderangebot wieder zu einem wertvollen Qualitätsprodukt werden. Wir wollen das Vertrauen der Gesellschaft in die heimische Tierhaltung wiederherstellen.“

(red)