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Kein Schlussstrich – Aufklärung jetzt!

Die DGB Region Nordhessen gedenkt am Tag der Urteilsverkündung des ermordeten Dr. Walter Lübcke und fordert die politische Aufarbeitung der rechtsextremen Strukturen in der Region. Foto: DGB
Die DGB Region Nordhessen gedenkt am Tag der Urteilsverkündung des ermordeten Dr. Walter Lübcke und fordert die politische Aufarbeitung der rechtsextremen Strukturen in der Region. Foto: DGB

Frankfurt/Kassel. Die Urteile im Mordfall Walter Lübcke und im versuchten Mord an Achmed I. sind gesprochen. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt verhängte über den rechtsextremen Stephan Ernst eine lebenslängliche Haftstrafe und behielt sich die anschließende Sicherungsverwahrung vor. Der mitangeklagte Markus H. wurde vom Vorwurf der Beihilfe freigesprochen, jedoch für unerlaubten Waffenbesitzes zu 18 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Solidarität gegen rechte Gewalt

In einer ersten Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Nordhessen in Kassel zeigte sich Regionsgeschäftsführerin Jenny Huschke mit dem Prozessausgang nur teilweise zufrieden: „Das Urteil gegen Stephan Ernst ist ein gutes Signal, jedoch kein Grund nachzulassen. Die rechtsextremistischen Netzwerke und Strukturen in Nordhessen gilt es komplett offenzulegen und ihnen endlich Einhalt zu gebieten. Jetzt!“

Regionsgeschäftsführerin Jenny Huschke, DGB Nordhessen. Foto: DGB | nh
Regionsgeschäftsführerin Jenny Huschke, DGB Nordhessen. Foto: DGB | nh

Huschke sicherte den Hinterbliebenen der Familie Lübcke sowie allen Opfern und Betroffenen rechter Gewalt die volle Solidarität des DGB zu. Sie unterstrich, dass mit dem Ende der heute 44 Prozesstage die vollständige Aufarbeitung des Mordfalles Lübcke noch lange nicht abgeschlossen ist. Denn die politische Aufarbeitung bleibt. Insbesondere die Rolle der Sicherheitsbehörden sei noch dezidiert zu hinterfragen.

Kein Schlussstrich bei der Aufklärung

„Das Gericht hat das mögliche Strafmaß voll ausgeschöpft. Das ist ein gutes Signal. Auch wenn die juristische Aufarbeitung nun beendet ist, darf es keinen Schlussstrich geben. Viele Fragen sind auch im Prozess offen geblieben. Wir fordern eine weitere konsequente politische Aufarbeitung. Denn der Fall zeigt: Rechtsextremistische Netzwerke und Strukturen in Nordhessen bestehen und wirken nach wie vor. Dies zeigt aktuell die Kandidatur des Neonazis Christian Wenzel auf der AfD-Liste im Landkreis Kassel zur Kommunalwahl im März. Diese rechtsextremistischen Verflechtungen, die auch in die AfD hineinragen, sind offenzulegen und endlich zerschlagen.“

Es gelte, so die Gewerkschafterin weiter, auch künftig mit Entschlossenheit rechter Gewalt und Terror entgegen zu treten. Deswegen müsse auch das Verbrechen an dem irakischen Flüchtling Ahmed I. (27) vom Januar 2016 in allen Hintergründen aufgehellt werden. Stephan Ernst wurde in diesem Anklagepunkt freigesprochen.

Kundgebung am Rathaus

Für den Nachmittag ab 15.00 Uhr unterstützt der DGB zusammen mit Kasseler Initiativen über das Bündnis gegen Rechts Kassel eine Kundgebung „Solidarität mit den Betroffenen rechten Terrors – kein Schlussstrich bei der Aufklärung“ vor dem Rathaus Kassel und ruft dazu auf. Zahlreiche Menschen waren dem Appell gefolgt und hatten sich unter Einhaltung der geltenden Abstandsregeln und mit Gesichtsmaske an der Aktion beteiligt.

Die Taten

Der damalige Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke (*22.08.1953) wurde am 02. Juni 2019 von Stephan Ernst (47) auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha mit einem Kopfschuss getötet. Mittäter war der Kasseler Markus H., der Ernst laut Bundesanwaltschaft die Pistole besorgt hat.

Die schwere Messerattacke auf den Iraker Achmed I. ereignete sich drei Jahre zuvor nahe einer Flüchtlingsunterkunft in Kassel. An jenem 06. Januar 2016 wurde das Opfer schwer im Rückenmark verletzt und sitzt seither im Rollstuhl.

(red)

Rechtsextremistische Aktivitäten müssen jetzt gestoppt, radikale Sümpfe trocken gelegt werden. Foto: nh
Rechtsextremistische Aktivitäten müssen jetzt gestoppt, radikale Sümpfe trocken gelegt werden. Foto: nh