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Mit jungen Leuten die Zukunft gestalten

Zusammenkunft regionaler Protagonisten (v.li.): Dr. Jürgen Spalckhaver, Vorstandsvorsitzender Pro Nordhessen e.V.; Moderator Claus-Peter Müller von der Grün; Markus Exner, Geschäftsführer Pro Nordhessen e.V.; Kai Georg Bachmann, Geschäftsführer Regionalmanagement Nordhessen GmbH; Juri Galkin, Gründer Initiative für Wirtschaftliche Jugendbildung gGmbH; Prof. Dr. Ute Clement, Präsidentin Universität Kassel; Marlon Rusch, Straßenbaugeselle Konrad Emmeluth GmbH & Co. KG; Olaf Kieser, Vorsitzender der Geschäftsführung EAM GmbH & Co. KG; Jürgen Sauerwald, Personalleiter B. Braun Service SE & Co. KG. Foto: Regionalmanagement Nordhessen

Kassel. Rund 140 Teilnehmer folgten zum Thema „Generation Z – wie halten wir die junge Generation in Nordhessen?“ einer Einladung von Pro Nordhessen e.V. zum Herbstevent ins Foyer der EAM am Ständeplatz.

Mit der jungen Generation sprechen, nicht über sie

Es war dort die erste größere Veranstaltung seit Beginn der Pandemie, und Olaf Kieser, Vorsitzender der Geschäftsführung der EAM GmbH & Co. KG, begrüßte als neuer Hausherr ebenso erfreut wie gespannt die Fördervereinsmitglieder und geladenen Gäste. Die junge Generation in Nordhessen zu halten, sahen alle Akteure als eine Herausforderung, die Unternehmen und Kommunen gleichermaßen betrifft und von großer gesellschaftlicher Relevanz ist.

Dr. Jürgen Spalckhaver, Vorstandsvorsitzender von Pro Nordhessen e.V., betonte in seinem Grußwort, dass man mit der jungen Generation sprechen wolle und nicht über sie. Man müsse junge Menschen verstehen, um in Wirtschaft und Gesellschaft richtig zu agieren und als Region zukunftsfähig zu bleiben. Man müsse die Wünsche und Bedürfnisse kennen, um die Jugend für einen Beruf, Arbeitsplatz oder das Ehrenamt zu begeistern.

Dem schloss sich Kai Georg Bachmann, Geschäftsführer der Regionalmanagement Nordhessen GmbH, an und rief dazu auf, die Zukunft gemeinsam zu gestalten, was mitunter auch Mut brauche in den Entscheidungen.

Verschärftes Verhältnis von Angebot und Nachfrage

Mit ihrem Vortrag „Zukunft für Nordhessen – wie halten wir junge Menschen in der Region?“ führte die neue Präsidentin der Universität Kassel, Prof. Dr. Ute Clement, recht vielschichtig und informativ in die Problematik ein. Als Fachgebietsleiterin für Berufs- und Wirtschaftspädagogik zog sie nicht nur Zahlen des statistischen Landesamts heran, sondern auch Erkenntnisse aus Befragungen und wissenschaftlichen Untersuchungen. Demnach werde sich das ungleiche Verhältnis von Angebot und Nachfrage bei Fachkräften in den nächsten zehn Jahren mit bis zu 27,5 % wesentlich verschärfen, in den Geisteswissenschaften sogar stärker als bei den Ingenieursberufen.

Universität als Verbündete der Unternehmen

Spannend ist laut Clement auch das Wirken sogenannter Verharrungskräfte, denn junge Menschen wollten in ihrer Heimat bleiben. Die Professorin hatte zwei Ansätze parat: In Nordhessen wir der demografische Wandel durch Migration ausgeglichen werden, was eine Integration in den Arbeitsmarkt erfordert. Und man muss das Heimatgefühl ermöglichen und stärken.

Als Stellschrauben dienten Ausbildung, Arbeitsorganisation, Strukturen und Aufstiegschancen. Junge Menschen stellten sich die Fragen, „Wer kann ich werden, wenn ich in dieser Region arbeite?“ und „Warum lohnt es sich, hier zu arbeiten?“. Nordhessen müsse Raum schaffen für mentale Bilder, Resonanz für ein biografisches Gefühl geben sowie sich als ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig agierende Region präsentieren. Die Universität Kassel biete sich hierbei den Unternehmen als Verbündete an, um Transformation zu ermöglichen.

Das Für und Wider auf dem Land

Gespannt verfolgten die Zuhörer auch die Gesprächsbeiträge der Podiumsgäste. Stra-ßenbaugeselle Marlon Rusch von der Konrad Emmeluth GmbH & Co. KG ist fest in sei-ner Heimat verwurzelt und möchte das soziale Umfeld nicht missen. Berufliche Anreize sah er im Handwerk durch Leistungswettbewerbe, wünschte sich jedoch bessere öffentliche Verkehrsanbindungen im ländlichen Raum.

Jürgen Sauerwald, Personalleiter bei B. Braun Service SE & Co. KG, konnte die Heimatverbundenheit junger Menschen nur bestätigen und sprach von den Eltern als wichtigstem Faktor bei der Berufswahl. Leya Bilgic, Gründerin von SHARDS, war speziell wegen der Kunsthochschule mit ihrem Fachbereich Produktdesign nach Kassel gezogen und will sich nun von der zentral gelegenen documenta-Stadt und dem reichhaltigen kulturellen Angebot nicht mehr trennen.

Fürs Gründen fand auch Jungunternehmer Juri Galkin Kassel toll. Doch für die Zukunft seiner Initiative für Wirtschaftliche Jugendbildung gGmbH sucht er stärker die Nähe zu den Banken und der Politik und wechselt Ende des Jahres nach Frankfurt. Insgesamt stellte sich das mobile und flexible Arbeiten mit seiner Standorterweiterung abseits urbaner Zentren als große Chance heraus.

Defizite wurden noch in der Vernetzung zwischen Unternehmen und jungen Menschen ausgemacht sowie beim Anteil von Frauen.

(red)