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André im Kugelstoßen dt. U18-Vizemeister

Was war da los? Eigentlich wuchtet Luis André die Eisenkugel bereits über 18 Meter weit. Seine Meldeleistung für Ulm betrug 18,76m. Foto: nh

Ulm. Nach den Vorbereitungen für die deutschen U18-Meisterschaften reiste Luis André (Melsungen) zwei Tage vor seinem Start im Kugelstoßen und Diskuswerfen optimistisch zu den Titelkämpfen nach Ulm.

Den Israel-Ausrutscher vergessen machen

Der 17-Jährige, der bei der U18-EM noch Lehrgeld zahlen musste und mit 16,80 Meter weit hinter den Erwartungen zurückblieb, wollte mit einer Kugelstoßweite in der Nähe seiner Bestmarke das unbefriedigende Abschneiden in Israel vergessen machen. So wie der DLV-Ranglisten-Erste Georg Harpf (LG München), der in Jerusalem mit 20,16 Meter Vize-Europameister werden konnte, quasi schon vor der Kugelstoßentscheidung als Sieger feststand, war der zweite Platz auf dem Papier an Luis André vergeben. Mit seiner Meldeleistung von 18,76 Meter hatte er vor Theodor Eltz (Halle, 17,21 m) und Maximilian Neukrichen (Dormagen, 17,19 m) einen Vorsprung von mehr als anderthalb Meter. Auch Christian Sperling (Chemnitz) sah seinen Schützling für diese Meisterschaften gut gerüstet.

Schwäche bei den wichtigen Kämpfen

Maximilian Neukirchen, der Vorjahres U16-Athlet, setzte sich im ersten Durchgang zunächst mit 17,23 Meter an die Spitze des neunköpfigen Feldes. Unmittelbar danach übernahm Luis André mit 17,33 Meter die Führung. Georg Harpf konterte diese Weite mit 18,32 Meter und verdrängte Luis auf Rang zwei. Dieser wollte im zweiten Durchgang den Zuschauern und sich selbst beweisen, dass auch er in der Lage ist, diese Weite zu stoßen. Doch mit „nur“ 16,97 Meter unterstrich Luis erneut seine Wettkampfschwäche bei den wichtigen Wettkämpfen. Es ist etwas anderes, bei kleinen Sportfesten 18m-Weiten zu erzielen oder unter Stress einer großen Meisterschaft eine solch gute Weite zu stoßen. Diese Psychologie kann von den meisten Zuschauern kaum oder nur schwer nachempfunden werden.

Ziel nicht erreicht

Nach zwei ungültigen Versuchen, die rechts außerhalb der Sektorenlinie landeten, fand Luis mit seinen beiden letzten Stößen wieder in den Wettkampf zurück. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sich Georg Harpf in der Zwischenzeit auf 19,68 Meter verbessert hatte und sich somit außerhalb seiner Reichweite befand. Beim letzten Stoß touchierte Luis die 18m-Marke, doch mit 17,96 Meter erreichte er nach Walldorf (DLV-Nominierungswettkampf), Jerusalem (U18 EM) und nun auch bei den deutschen Meisterschaften nicht sein Ziel.

„Meine Erwartungen waren höher, aber ich konnte meine Trainingsleistungen wieder nicht abrufen“, sagte Luis selbstkritisch. Als Vizemeister und Silbermedaillengewinner betrug der Vorsprung auf Maximilian Neukirchen 63 Zentimeter. Shaun-Paul Fritzsche (Zwickau), der sich mit 16,58 m den vierten Platz sicherte, hatte einen Rückstand von fast anderthalb Meter. Warum er so verkrampft in den Wettkampf ging, wird ein Geheimnis bleiben, dass er nur selbst auflösen kann. Kein Geheimnis war dagegen seine erste Medaille bei einer deutschen Meisterschaft, der in den nächsten Jahren bei mehr Unbekümmertheit und Coolness weitere folgen sollten.

Nervenschwäche auch beim Diskuswerfen

Beim Diskuswerfen hatte er sogar die Möglichkeit im Kampf um die Goldmedaille einzugreifen. Aber auch in diesem Wettbewerb spielten ihm seine Nerven einen Streich. Trainingsweiten von 55 Meter und mehr sind im Diskuswerfen keine Garantie für eine Medaille. Nachdem im ersten Versuch der Diskus im Netz landete, blieb er im zweiten Versuch mit 49,10 Meter unter der 50m-Markierung. Erst im dritten Durchgang flog seine Scheibe auf 50,94 Meter, so dass er nach dem Vorkampf hinter Louis Jäkel (Spremberg, 52,57 m), Ole Mehlberg (52,51 m) und dem ein Jahr jüngeren Kelson de Carvalho (LG Steinlach-Zollern, 51,41 m) auf Rang vier lag. Jäkel stand im Vorjahr fast drei Meter hinter Luis André in der DLV-Bestenliste, und beim letzten Meeting in Neubrandenburg besiegte das MT-Talent den bis dahin DLV-Jahresbesten Ole Mehlberg mit 55,34 zu 52,56 m.

Technisch unsauber, verkrampft, ohne Beinarbeit

Im vierten Versuch verbesserte sich Luis auf 52,07 Meter und rückte mit dieser Weite auf Rang drei vor. Der Vorjahresschüler Carvalho steigerte sich im vorletzten Durchgang auf 54,11 Meter und rückte hinter Ole Mehlberg, der sich im fünften Versuch auf 54,24 Meter verbessert hatte, auf Rang zwei vor.

Wer dachte, Luis, der wieder auf Rang vier zurückfiel, würde seinen Diskus bei dem Rückenwind höher abwerfen, um eine größere Weite zu erzielen, sah sich getäuscht. Technisch unsauber in der Drehung, zu verkrampft beim Abwurf und ohne schnelle Beinarbeit kam er mit seinen beiden letzten Würfen nur noch auf 46,80 und 46,20 Meter. Viel zu wenig, um eine anvisierte Medaille zu holen. Als Vierter blieb ihm nur die Genugtuung, William Wolzenburg (Georgsheil, 51,81 m), dem DLV-Ranglisten-Ersten und EM-Starter mit 26 Zentimeter Vorsprung auf Rang fünf verdrängt zu haben. Aber Luis André wollte mehr …

(ajw)